Morten Grunwald – Viel Theater und „Die Olsenbande“
Morten Grunwald ist bekannt als Benny in den Filmen über "Die Olsenbande". Weniger bekannt in Deutschland ist seine umfangreiche Arbeit am Theater.Schüchterne Kindheit
Morten Walter Grunwald wurde am 9.Dezember in Odense (Dänemark) geboren. Er war das dritte Kind der Eltern Karl Friedrich und Hildeborg. Während seine beiden Geschwister in der Schule und später im (Berufs-)Leben gut klarkamen, brauchte der kleine Walter, wie er ursprünglich gerufen wurde, etwas länger, um etwas Festes in seinem Leben zu finden.
Schon die Schule war nichts für ihn gewesen. Im Klassenbuch konnte da schon mal stehen: "Walter sitzt und guckt aus dem Fenster". Also verließ er, sehr zum Kummer seiner Mutter, die Schule ohne Abschluss. Auch der Versuch, eine grundlegende und klassische Lehre zu machen, scheiterte. Sowohl bei einem Großhandel für Fahrradteile als auch bei einer Meierei blieb er nicht lange. Der Chef der Meierei, Onkel Niels, sagte zu ihm, es sei wichtig, dass das, womit man sich beschäftige, Spaß machen müsse. Das war ein Rat, den er vorher so vermutlich noch nicht gehört hatte, weder zu Hause von den Eltern noch in der Schule von den Lehrern.
Morten Grunwald beschreibt, wie schüchtern und komplexbeladen er im Großen und Ganzen war, obwohl er sich durch erfolgreiche Aktivitäten wie Tennis etwas mehr Selbstvertrauen erspielte. Zu diesem Fremdheitsgefühl hat auch die Tatsache beigetragen, während der Besatzung Dänemarks durch das Deutsche Reich einen deutschen Vater gehabt zu haben, der selbst noch im Ersten Weltkrieg gekämpft hatte. Auch wenn der Vater sich nichts zuschulden kommen ließ, kamen am Tag der Befreiung bewaffnete Männer und verhafteten ihn. Da war es erst einmal vorbei mit der Freude und einer Feier, bei der die dänische Fahne am Mast wehen sollte. Hinterher stellte sich heraus, dass ein bösartiger Nachbar den Vater grundlos verleumdet hatte, so dass dieser freigelassen wurde. Dennoch blieb es ein traumatisches Erlebnis. Später als junger Schauspieler sollte Walter seinen Namen ändern und machte seinen zweiten Namen zum Rufnamen. Erst da, als Morten Grunwald, fühlte er sich richtig Dänisch.
Odense, Funen Island, Denmark,Scandinavia (Bild: Adam Woolfitt)
Overgade and Nedergate, Area Where Hans Christian Andersen Was Born, Odense, Funen, Denmark (Bild: Marco Cristofori)
Roedhus, Hans Christian Andersen Statue, Odense, Funen, Denmark, Scandinavia, Europe (Bild: Marco Cristofori)
Theatertraum
Er hatte schon lange den Traum vom Theater gehegt, war auch liebend gerne ins Kino gegangen, wurde aber in der Familie nicht richtig ernst genommen. Wenn, so bekam er zu hören, dann wäre das eher etwas für den Bruder Ernst, der dafür die richtige Ausstrahlung zu haben schien.
Aber erst einmal hatte er das Gefühl, alles Alte hinter sich lassen zu müssen, um neu anzufangen, und so nahm er ein Arbeitsangebot an und ging für einen Sommer nach Schweden, um Bäume zu fällen. Obwohl er nicht der Kräftigste war, hielt er bis zum Ende durch, und mit diesem neuen Durchhaltevermögen machte er dann einen Schritt nach dem andren, um sich seinen Theatertraum zu erfüllen.
Zunächst hatte er einen prägenden Aufenthalt auf der Hochschule in Askov, den er als "Offenbarung" bezeichnet. Dort wurden seine Kenntnisse in Literatur und Dramatik und der für einen Schauspieler so wichtigen Textarbeit vertieft. Dort gab es auch praktische Theaterarbeit, und der dafür zuständige Lehrer bestärkte Grunwald in seinem Vorhaben, sich auf der Schauspielschule des Theaters von Odense zu bewerben. Nachdem er es dort tatsächlich geschafft hatte, packte ihn der Ehrgeiz und er bewarb sich später auch noch erfolgreich auf der Schauspielschule des "Königlichen Theaters".
Damit war er in Kopenhagen angekommen und genoss das Privileg, bei Lehrern wie der Schauspielerlegende Poul Reumert Unterricht zu haben.
Statue of Famous Playwright Ludvig Holberg Outside De Kongelige Teater, Copenhagen, Denmark (Bild: Martin Moos)
Durchbruch und eigenes Theater
Nach bestandener Abschlussprüfung sammelte er erste Erfahrungen, wozu auch gehörte, dass er einmal zu Hause einschlief und zu spät für seinen Auftritt im Theater ankam. Einmal dürfe das passieren, bekam er nachsichtig zu hören. Und es passierte ihm tatsächlich nie wieder.
Zunächst aber kehrte er vorübergehend zurück nach Odense, da er keine angemessenen Rollen bekam am Königlichen Theater. Es folgte mit "Billy, der Lügner" der Durchbruch mit der ersten Hauptrolle auf der Bühne. Es kamen Arbeit fürs Fernsehen und 1964 die erste Kinofilmrolle: "Fünf Männer und Rosa" ("Fem mand og Rosa"), für den es gleich den wichtigsten dänischen Filmpreis, den "Bodil" (so benannt nach der dänischen Schauspielerin Bodil Ipsen) gab.
1965 drehte er den Film "Kaliber 7,65 - Diebesgrüße aus Kopenhagen" ("Slå først, Frede"), eine Parodie auf James-Bond-Filme, bei der die Beteiligten der Olsenbande zum ersten Mal versammelt waren: Regisseur Erik Balling und die beiden Partner Ove Sprogøe und Poul Bundgaard. Hier wurde auch schon der chrakterliche Grundstein gelegt für seine spätere Figur des etwas naiven Benny mit den Hochwasserhosen, den gelben Strümpfen und der charakteristischen, hüpfenden Gangart.
Dann war er irgendwann so weit, dass er auch selbst Theaterregie führen wollte, und übernahm zunächst eine Regieassistenz bei John Price, den er schon an der Schauspielschule als Lehrer gehabt hatte.
Der Plan war, Ibsens "Hedda Gabler", mit seiner Lebensgefährtin und späteren Ehefrau Lily Weiding in der Hauptrolle, auf die Bühne zu bringen. Da zu dem Zeitpunkt sowohl er als auch seine Frau ohne Engagement dastanden, fanden sie Räumlichkeiten und finanzierten die Aufführung selbst. Das Ganze wurde ein großer Erfolg. Dieser äußerst kleine Raum, das Bristol Theater für 200 Zuschauer, wurde nach einigen bürokratischen Kämpfen mit der Kommune Kopenhagen eines der regulären, subventionsberechtigten Theater des Großraums Kopenhagens.
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Die Olsenbande wartet auf Godot
Eines Tages hatte Morten Grunwald die Idee, die drei Mitglieder der Olsenbande sollten "Warten auf Godot" von Samuel Beckett spielen. Überhaupt erzählt Grunwald gerne über seine Liebe zu Becketts Stücken, die er gar nicht so absurd, sondern einleuchtend klar findet.
Die Aufführung wurde ein voller Erfolg, es kamen Zuschauer, die sich sonst niemals ein Stück von Beckett angeguckt hätten, so dass die Laufzeit verlängert werden musste.
Einen ersten Beweis dafür, wie beliebt die Olsenbande auch in der DDR war, erhielten die drei Hauptdarsteller auf einer Reise nach Berlin, wo sie sich, als Vorbereitung auf die eigene Inszenierung, "Warten auf Godot" im Schillertheater ansehen wollten: Zunächst tauchte mit der gewohnt aufgesetzten Autorität ein Grenzbeamter im Zugabteil auf, aber dann wurde dieser plötzlich ganz zahm und wollte Autogramme haben, als er erkannte, wen er da vor sich hatte.
Der Abschied von der Olsenbande war dann weniger schön mit dem Film "Der (wirklich) allerletzte Streich der Olsenbande‘ ("Olsenbandens sidste stik"), der nach Meinung mancher nie hätte gedreht werden sollen, denn sowohl Poul Bundgaard als auch der Regisseur starben während der Drehzeit. Aber auch Ove Sprogøe und Morten Grunwald waren nicht mehr in ihrer alten Form. Grunwald meint dazu, der Film sei halt ein "gnadenloses Beispiel dafür, dass die Mühlen des Lebens malen."
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Das Betty-Nansen-Theater und ein Gaswerk
1980 beendete Grunwald seine Tätigkeit beim Bristol Theater und bekam die Leitung des größeren Betty-Nansen-Theaters übertragen.
Schon 1976 hatte die Entdeckung einer Spielstätte stattgefunden, die ihn faszinierte und die ihn nicht mehr losließ, das "Östliche Gaswerk" ("Østre Gasværk"), das vom Königlichen Theater als Kulissenmagazin genutzt wurde. Morten Grunwald dachte sofort an Peter Brook und seine Theorie vom "leeren Raum", um ein ganz anderes Verhältnis zum Zuschauer aufzubauen.
Es begann ein langer bürokratischer Kampf, bis er endlich 1989 Chef des Ganzen wurde. Zunächst war das Gaswerk alternative Spielstätte des Betty-Nansen-Theaters, wo Musicals wie "Sweeney Todd" und "Les Misérables" aufgeführt wurden.
Ab 1992 war er dann nur noch für das Gaswerk zuständig und führte nach großen Umbauten wie dem Einbau einer Drehbühne große Musicals in Kopenhagen ein. Mit "Les Misérables" und "Miss Saigon" fand großes Theater nach internationalem Vorbild statt. Diesen Posten hatte er bis 1998 inne.
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Grundsätze
Morten Grunwald spricht in der Autobiographie von 2005 "Kurze Zeit. Blaue Flecken und goldene Augenblicke" über die Grundsätze seiner Arbeit:
Erstens solle man seiner Intuition vertrauen.
Zweitens solle man nur auf seinen eigenen Geschmack spekulieren.
Drittens solle man nur das machen, was man selbst auf der Bühne erleben möchte.
Aber das hieße nicht, man könne alles schleifen lassen, denn die Grundlage für alles sei harte Arbeit.
Als Ausgleich für diese harte, stressige Theaterarbeit hat er bis zu seiner Hüftoperation viel gesegelt. Später hat er sich ein Ruderboot gekauft.
Mit dem Alter folgte auch eine gesündere Ernährung, und wenn man jetzt Bilder von ihm sieht und diese zum Beispiel mit seinem Aussehen bei dem letzten Olsenbanden-Film vergleicht, dann erkennt man, dass dies erfolgreich und offensichtlich auch nötig war. Seine Frau Lily Weiding hat wohl gesagt, sie habe jetzt einen neuen Mann.