Neu auf blu-ray: "Soylent Green"
Im neu auf blu-ray erschienenen "Soylent Green" stößt Charlton Heston auf ein schreckliches Geheimnis ... Dystopie, basierend auf den "Club of Rome"-Berichten.Charlton Heston entdeckt ein schreckliches Geheimnis
Moloch New York
Im Jahr 2022 ist New York ein gigantischer Moloch mit über 40 Millionen Menschen, die ums tägliche Überleben in der verdreckten Stadt kämpfen. Die letzten natürlichen Ressourcen wie saubres Trinkwasser, üppigen Wohnraum oder echtes Fleisch können sich nur wenige Auserwählte leisten.
Die meisten Einwohner vegetieren in winzigen Mietwohnungen oder gar auf der Straße dahin. Zu denen, die wenigstens noch ein Dach über dem Kopf haben, gehört Detective Robert Thorn (Charlton Heston). Aus Kostengründen muss er das dreckige Apartment mit dem weitaus älteren Sol Roth (Edward G. Robinson) teilen.
Eines Tages wird Thorn auf einen außergewöhnlichen Mordfall angesetzt. Das Opfer ist diesmal kein Normalbürger, sondern der mächtige und reiche William Simonson. Der Detective findet heraus, dass Simonson nicht, wie zunächst angenommen, Opfer eines Einbrechers wurde, sondern regelrecht hingerichtet worden war.
Die heißeste Spur führt Thorn zum Lebensmittelunternehmen Soylent, dessen aus Plankton hergestelltes "Soylent Green" die letzten verfügbaren Nahrungsreserven darstellt. Eine Affäre mit Simonsons Liebesgespielin Shirl (Leigh Taylor-Young) bringt Thorn auf die Fährte eines Priesters, der die letzte Beichte des Verstorbenen abgenommen hat. Dieser weigert sich aber dem Polizisten zu verraten, was ihm gebeichtet worden war. Zu schrecklich sei die Wahrheit dessen. Dennoch gelingt es Thorn, das offenbar entsetzliche Geheimnis herauszufinden – der Preis, den er dafür zahlt, ist hoch …
Das Geheimnis von Soylent Green!
Dystopie "Soylent Green" als Spiegel der Zeit
Reflektiert man einen Film wie "Soylent Green" (den dümmlichen deutschen Untertitel "Jahr 2022… die überleben wollen" wollen wir geflissentlich unter den Tisch fallen lassen), so muss man natürlich das dahinter stehende gesellschaftliche Bild betrachten. In den späten 1960er- sowie 1970er-Jahren standen Endzeitdramen hoch im Kurs der Kinobesucher. Damals entwickelte sich die aus den USA stammende Umweltbewegung rapide zu einer Massenbewegung, die den Sinn für die Schattenseiten wirtschaftlichen und bevölkerungsmäßigen Wachstums schärfte.
Plötzlich waren naive Utopien weitaus weniger gefragt, als Dystopien, der Gegenentwurf zu optimistischen Weltbildern, wie sie etwa "Star Trek" propagierte. Kaum ein anderer Schauspieler seiner Zeit drückte dem "pessimistischen" Kino seinen Stempel nachhaltiger auf, als Charlton Heston, der kurioserweise dank der düsteren Stoffe seiner zuvor im Sinkflug begriffenen Karriere neuen Aufschwung verlieh.
Prognosen des "Club of Rome"
Auch wenn "Soylent Green" formal auf Harry Harrisons Roman "New York 1999" (Originaltitel: "Make Room! Make Room!") basierte, so stand eindeutig der Bericht des berühmt-berüchtigten "Club of Rome" Pate für den Film. Die apokalyptischen Prognosen des 1968 gegründeten Klubs sollten sich zwar als unzutreffend erweisen. Doch in das damalige Gesellschaftsbild einer hoffnungslosen Zukunft passten die Berichte vortrefflich.
Natürlich ist "Soylent Green" auf den ersten Blick betrachtet lediglich ein düsterer und makabrer Science-Fiction-Film. Trotzdem lohnt es sich, den neu auf blu-ray erschienenen Klassiker genauer unter die Lupe zu nehmen. Schließlich erstaunt es, wie rasch sich der oft naive Glaube an die Lösung aller Probleme dank der Technologisierung ins Gegenteil verkehrte. Ob "Planet der Affen" oder eben "Soylent Green": Der Mensch, so die Diktion dieser Dystopien, ist sich selbst der schlimmste Feind.
Vorläufer der Verschwörungstheorien?
Regie-Titan Richard Fleischer ("20.000 Meilen unter dem Meer") inszenierte 1973 diesen bedrückenden und in seiner Botschaft erstaunlich pessimistischen Science-Fiction-Film mit viel Liebe zum (schrecklichen) Detail. Etwa, wenn der Geschmack von Marmelade einen alten Mann (Edward G. Robinson in seiner letzten Rolle), der noch die "guten, alten Zeiten" erlebt hat, vor Wehmut und Trauer um das Verlorene zum Weinen bringt.
Natürlich bietet der Streifen trotzdem einige oft makabre Actionsequenzen. Da werden Menschenmassen schon einmal mit Bulldozern (!) weggeschoben und die Straßen sind übersät mit Obdachlosen und Hungernden, die ihrer Wut freien Lauf lassen.
Das Geheimnis rund um "Soylent Green" führt den großartigen Charlton Heston auf die Spur einer gigantischen Verschwörung, die ohne weiteres auch in einer "Akte X"-Episode auftauchen hätte können. Dabei bedient Fleischer geschickt dunkle Vorahnungen seines Publikums und lockt es dennoch immer wieder auf die falsche Fährte. So entpuppt sich der Mord an einem einflussreichen Mitglied New Yorks nur als Puzzlestück eines Ganzen, das die weisen Worte der Schriftstellerin Ingeborg Bachmann ins Gegenteil verkehrt.
Von wegen: "Die Wahrheit ist dem Menschen zumutbar"!
Könnten wir mit dieser Wahrheit, auf die Charlton Heston schlussendlich stößt, leben?
Mit dieser Frage trifft Fleischer den Kern so mancher Verschwörungstheorie. Mögen diese meist konfus und absurd sein, so verbleibt doch das Wissen um die Realität konspirativen Wirkens in kleinen, aber auch großen Kreisen. Manche Geheimnisse dürfen einfach niemals gelüftet werden. So gesehen liefert "Soylent Green" eine etwas zynische, aber konsequente Antwort auf die Frage, ob es Verschwörung gibt bzw. geben könnte, die nicht publik werden dürfen, um das Seelenheil der Menschheit nicht nachhaltig zu erschüttern.
Originaltitel: "Soylent Green"
Regie: Richard Fleischer
Produktionsland und -jahr: USA, 1973
Filmlänge: ca. 97 Minuten
Verleih: Warner Home Video
Deutscher Filmstart: 23.05.1974
Blu-ray-Veröffentlichung: 8.4.2011
Bildquelle:
http://www.amazon.de
(Horrorfilme: Nach wahrer Begebenheit oder frei erfunden?)