Besser ernähren, ohne es zu merken?

Warum soll man sich bei der Ernährung nicht auf sein Bauchgefühl verlassen oder einfach essen was einem die momentanen Gelüste so eingeben? Weil es fatal wäre! Viele Menschen kennen die Folgen nur zu gut, weil Sie die Ernährung größtenteils auf Autopilot laufen lassen und der Steinzeitanteil des Gehirns der allerletzte ist, der laut "STOPP" ruft. Nahrung ist gleichbedeutend mit Energie und davon kann das Gehirn im Überlebenskampf nie genug haben.

In Deutschland (und fast auf der ganzen Welt) ist es aber so, dass die Zeiten in denen man manchmal tagelang darauf warten musste, bis ein Hase erlegt werden konnte und sich in der Zwischenzeit von Beerenbüschen und Apfelbäumen mühsam aufgepäppelt hat, längst vorbei sind. Die Statistiken für Übergewicht und Fehlernährung sprechen eine deutliche Sprache.Der heutige Überfluss an Nahrungsquellen überfordert das sogenannte Reptiliengehirn und macht uns krank wenn wir nicht gegensteuern.

Was also tun, wenn guter Rat und Fettabsaugen teuer sind? Der Verbraucherpsychologe Brian Wansink rät in seinem aufschlussreichen Werk "Essen ohne Sinn und Verstand: Wie die Lebensmittelindustrie uns manipuliert" (Englisch: Mindless Eating) dazu, die richtige Umgebung für unseren egoistischen Autopiloten (der uns immer schlafwandlerisch zur größten Kalorienquelle führt) zu schaffen, damit nicht dauernd Entscheidungen getroffen werden müssen, die Energie kosten und darum früher oder später boykottiert werden. Einige der nachfolgenden Tricks stammen aus seinem lesenswerten Buch.

Wie kann ich die Psyche austricksen um weniger und gesünder zu essen?

1. Kleinere Teller benutzen

Größere Teller bedeuten größere Portionen, weil das sonst irgendwie komisch aussieht (siehe Bild unten). Dadurch wird natürlich mehr gegessen, weil ja nichts weggeworfen werden soll. Laut einer Studie von Herrn Wansink und seinem Team würde eine Verkleinerung des Tellerdurchmessers von 30,5 cm auf 25,5 cm eine Reduzierung der Nahrungsaufnahme eines Menschen von 22% über den Zeitraum von einem Jahr bedeuten.

Vielleicht denken sie jetzt: "Ich möchte mein Geschirr aber nicht austauschen und neu einkaufen, ich nehme einfach kleinere Portionen auf dem großen Teller." Das funktioniert leider nicht, denn der kleine Klecks essen auf einem viel zu großen Teller lässt ihren Autopiloten unbefriedigt zurück und er verlangt dann einen Nachschlag, der den positiven Effekt wieder zunichtemacht.

Andererseits: Wenn ein kleiner Teller bis zum Rand gefüllt ist, signalisiert das dem Gehirn (und dem Bauch) ein Gefühl des Überflusses. Wer noch zweifelt, schaue sich das Bild unten an, die Portionen auf beiden Tellern sind gleich groß. Was fühlt sich sättigender und "richtig" an?

Welche Portion ist größer?
Bei der Studie wurde auch ...

Bei der Studie wurde auch rausgefunden, dass die Portionen bei Darstellungen des Abendmahls über die Jahre und Jahrhunderte stetig gewachsen sind!

2. Trinkwasser in ständiger Griffbereitschaft halten

Im Büroalltag wird oft aus Gewohnheit den ganzen Tag über Kaffee getrunken, weil es ständig verfügbar ist und dann unbewusst "mitgenommen" wird – ohne nachzudenken. Oder das dauernde Nippen an zuckerhaltigen Getränken (auch Fruchtsäfte!) hat sich eingebürgert, weil es eben ständig verfügbar ist und "kurze Pause" signalisiert. Beides ist der Gesundheit nicht gerade zuträglich.

Versuchen sie sich zur Gewohnheit zu machen, ständig eine Wasserflasche dabei zu haben. Im Büro, beim Mittagessen und im Auto, einfach überall. Dann werden Sie das Wasser auch öfters den anderen Getränken vorziehen. Es geht oft einfach nur um ein kurzes Benetzen des Mundes mit Flüssigkeit.

Dieser eine Tipp ist sehr hilfreich, wenn sie sich fürs Abnehmen interessieren. Denn nicht nur zuckerhaltige Getränke, sondern auch zu viel Kaffee blockiert die Gewichtsreduktion durch Stresssignale an den Körper und dem damit verbundenen Anheben des Cortisolspiegels. Ständig hohe Dosen dieses Hormons im Körper verhindern letztendlich den erfolgreichen Fettabbau.

Es gibt faltbare Wasserflaschen (siehe unten), die in die kleinsten Taschen passen und optimal für die Einhaltung dieses Tipps sind.

3. Weniger Limonade oder Alkohol trinken? Lange Gläser benutzen!

Schauen Sie auf das untere Bild. Ist die horizontale Linie länger oder die senkrechte?

Kleiner Effekt mit großer Wirkung

Kleiner Effekt mit großer Wirkung

Nicht zu glauben, aber beide Linien sind gleich lang! Unser Gehirn hat die Neigung senkrechte Linien zu überschätzen. Das können wir zu unserem Vorteil nutzen. Längliche Trinkgläser sehen für unsere Augen gefüllter aus als kleine Breite. Das bringt uns dazu rund 20% weniger aus hohen, schmalen Gläsern zu trinken, als wir es bei kurzen Voluminösen getan hätten. Das kann manchmal über Kater oder Leben entscheiden!

4. Teller benutzen, die sich in der Farbe stark vom Essen unterscheiden

Wenn das Essen mit der Tellerfarbe identisch ist, z.B. weißer Reis auf einem weißen Teller, dann neigen wir dazu uns mehr aufzuladen, weil das Gehirn Schwierigkeiten hat, Teller und Inhalt voneinander zu trennen. Dunkles Grün oder Blau eignen sich zum Beispiel hervorragend als Tellerfarbe, weil der Kontrast zu Lebensmitteln wie Nudeln oder Kartoffeln groß ist. Bei grünem Gemüse und Salat macht es dagegen nichts, wenn davon einmal etwas mehr auf dem Teller landet. Wer möchte, kann das natürlich mit Tipp 1 kombinieren, um einen noch größeren Effekt zu erzielen.

5.Gesunde Lebensmittel an einem "Stresspunkt" aufbewahren

Sie können in ihrer Wohnung oder dem Büro eine Schale mit Obst oder Nüssen an der Haus- oder Eingangstür aufstellen. Oder an jedem anderen Ort, den Sie passieren müssen, bevor Sie raus gehen. Wenn Sie hungrig und in Eile sind, sind sie versucht das Erstbeste zu greifen, das sich in Reichweite befindet. Es ist hoffentlich selbstredend, dass sich daneben keine ungesunden Alternativen befinden sollten, die eine Entscheidung herausfordern. Wer in dem Fall verliert, wäre keine schwierige Wette.

6. Ungesundes Essen in Alufolie wickeln, gesundes Essen in Klarsichtfolie

Der altbekannte Spruch "Aus den Augen, aus dem Sinn" bekommt hier eine positive Bedeutung. Essen ist nicht nur eine physikalische Angelegenheit, sondern auch eine emotionale. Unser Gehirn bestimmt, was es essen möchte aufgrund unseres Geruchs- und Sehsinnes und in Verbindung mit für unser Gedächtnis positiven Assoziationen. Süßlicher Duft und knallige Farben bei Essen und Verpackung sind die erprobten Lockvögel der Nahrungsmittelindustrie um uns zu verführen. Das vermeidet man, in dem die problematischen Lebensmittel aus dem Sichtfeld verschwinden. Das geschieht am Besten durch Wickeln in undurchsichtige Folien oder wegsperren (am Besten mit Schloss!) in separaten Schränken. Und am allerbesten hilft die Devise: "Was ich nicht einkaufe, muss ich auch nicht essen!" Mehr dazu bei Tipp 9.

7. Gesunde Nahrung in großen Behältern und Verpackungen, Junkfood in Miniboxen

Das hat wieder den einfachen Sinn, dass Futter mit Mehrwert dadurch leichter ins Auge fällt, und alles für die Sündermomente für längere Zeit unbeachtet bleibt, wenn es nicht so prominent ins Auge fällt. Zusätzlich ist es sinnvoll die Naschboxen extra in einer Speisekammer o.ä. verschwinden zu lassen. Mitten in der Küche oder direkt neben dem Herd fällt auch eine Streichholzschachtel auf. Wenn sich beim Einkauf große Verpackungen von Chips und Co. nicht vermeiden lassen, dann empfiehlt es sich, diese gleich beim Einräumen in kleinere Tupperdosen oder Aufbewahrungsbeutel umzuverpacken. Das verhindert beim Fernsehabend den Drang, aufgemachte große Packungen gleich komplett auf einmal zu vernaschen.

Im Food Shopping Labyrinth gehen die guten Vorsätze schnell verloren (Bild: http://upload.wikimedia.org...)

8. Befolge bei Mahlzeiten die "Halb-Teller"-Regel

Machen Sie beim Füllen des Tellers als Allererstes die Hälfte mit Obst oder Gemüse voll. Danach bleibt nicht mehr so viel Platz um den Rest mit übermäßig fettem Fleisch, Pommes und sonstigem Hochkalorischem zu füllen. Wenn der Teller dann noch klein und grün bzw. blau ist, ist unser Steinzeitverstand optimal ausgetrickst. Von diesen Tellern können Sie sich dann gerne auch mal mehr am Tag gönnen, denn sonst streikt das Unterbewusstsein und verlangt früher oder später eine Kalorienerhöhung.

9. Benutze den "Außenring" beim Einkauf

Das Konzept ist einfach: Wenn Sie Lebensmittel einkaufen, vermeiden Sie die (Quer-)Gänge. Kaufen Sie nur entlang der Außenwände ein. Hier finden Sie normalerweise die empfehlenswerten Gaumenfreuden wie Obst, Gemüse, mageres Fleisch, Fisch, Eier und Nüsse. Wenn Sie strikt außen rum laufen, ist die Wahrscheinlichkeit viel größer, dass Sie nur gesunde Esswaren mit nach Hause nehmen.

10. Die Strategie der Umgebungsgestaltung in anderen Lebensbereichen anwenden

Der zehnte Tipp ist: Werden Sie kreativ! Wenn Sie sich die Verfahrensweise bei den oberen Methoden mal genauer anschauen, dann erkennen Sie ein Muster. Um sich unerwünschte Verhaltensweisen abzugewöhnen, werden einfach die Schritte zwischen sich und dem Übel erhöht. Auf der anderen Seite werden die Zwischenschritte bis zum gewünschten Verhalten soweit wie möglich reduziert. Klar, das ist zunächst einmal etwas Denk- und Arbeitsaufwand, aber macht Ihnen das Leben nachher um ein vielfaches einfacher!

Zum Beispiel das Einwickeln von Kuchen in Alufolie bedeutet eine zusätzliche Hürde. Man sieht das Päckchen im Kühlschrank, wickelt es auf, schaut nach was drin ist und dann muss noch die Entscheidung zum Essen getroffen werden. Andernfalls würde es einfach auf einem Teller im Kühlschrank liegen und man müsste beim Erblicken der Beute nur noch zugreifen.

Kleine Teller zu benutzen fügt ebenfalls einen Zusatzschritt zum Überessen hinzu. Wer noch mehr haben möchte, muss wieder aufstehen und noch mal nachfüllen.

Dieser einfache Ansatz kann in fast jedem Bereich des Lebens zur Anwendung gebracht werden. Wer sich etwas Neues angewöhnen möchte, macht sich das Antrainieren so leicht wie möglich. Wenn erst mal ein Anfang gefunden wurde und gewohnte Muster gebrochen sind, ist das schon die halbe Miete.

Um die kreativen Säfte zum Fließen zu bringen zum Schluss noch ein kleines Beispiel, das nichts mit Essen zu tun hat: Wer morgens als Erstes joggen gehen möchte, holt sich abends die Laufschuhe und den Trainingsanzug aus dem Schrank und platziert sie direkt neben dem Bett. Ein Schritt weniger zum morgendlichen Lauf!

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