Rezension: Scherbenfrau
Ein von seiner Tochter Emely arrangiertes Date im Internet und die weitere Beziehung zur potentiellen Lebensgefährtin Vera, artet für den Vater zu einem Alptraum aus –Thriller von Olaf Büttner.Inhalt: Scherbenfrau
Die 17jährige Emely ist der Überzeugung, dass ihr Vater, nach dem Tod seiner Frau und ihrer Mutter, wieder eine Partnerin braucht. Sie stiftet ihre Freundin Lena dazu an, mit ihr gemeinsam in einem Dating Portal nach der passenden Person zu fahnden.
Sie werden schnell fündig und bestellen die Ausgesuchte zu einem ersten Date. Obwohl der Vater erst sehr spät eingeweiht wird, führt das spontane Zusammentreffen zum Erfolg. Vera, scheint für den Vater ein Glückstreffer zu sein. Er lebt auf, kann sich später aber die Bedenken der jungen Frauen gegen Vera nicht erklären.
Es entwickelt sich eine Spannung die zu gefährlichen Begebenheiten für Emely und den kleinen Bruder von Lena führen.
Scherbenfrau, Olaf Büttner, Juni 2018, dp DIGITAL PUBLISHERS GmbH, etwa 155 Seiten, e-Book, 2,99 €, ISBN: 9783960873952
Wie Olaf Büttner seine Romane entwickelt und was Kritiker anmerken
Olaf Büttner ist als Mensch und Autor: dem Leben zugewandt und die dazu gehörenden Unwägbarkeiten beschreibt er in seinen Büchern in allen Facetten.
Wie Büttner immer wieder betont, hat er sich das Talent zum Schreiben nicht ausgesucht. "Es war da, wie meine Augenfarbe." Diese ungezwungene Art zu schreiben machen seinen Stil aus. Wie er in einem Interview bekennt, wartet er meist, bis eine Person oder ein Thema in gedanklich fast anspringt, ihn interessiert, sich ihm fast, aufdrängt. Erst dann fängt er an dem Konzept oder der Figur Leben einzuhauchen und sie agieren zu lassen.
Auch im Roman "Scherbenfrau" gibt er dieser Phase sehr viel Raum. Emely steht im Mittelpunkt des Geschehens und die an Büchern interessierten werden behutsam in das Geschehen eingeführt.
Kritiker im Internet geben zu bedenken, dass die Anlaufphase bis zum Kernpunkt zu lang sei und es dem Werk aus diesem Grund an Spannung fehlt. Wer berücksichtigt, dass Büttner bisher vorwiegend für Jugendliche und junge Erwachsene schrieb, kann seine Behutsamkeit verstehen. Hat er doch in seinem Beruf als Wohngruppenleiter oft mit den Auswirkungen ungünstiger Einflüsse in der Entwicklung von Kindern und Jugendlichen zu tun.
Ihm gelingt es in der "Scherbenfrau", feinsinnig, zwischen den Zeilen, anzudeuten, was sich zum Beispiel in der Folge einer Vogelbeerdigung abspielen könnte. Dieses anteilnehmende Verständnis kann jungen Menschen die Hoffnungslosigkeit nehmen, die Jugendliche, besonders in der Pubertät dann befällt, wenn das Leben es mal nicht so gut mit ihnen meint. Die Hoffnung darauf, dass es Menschen gibt, die, aus unterschiedlichen Gründen, Verständnis haben und, wenn auch nur gedanklich, Hilfestellung geben können.
Es ist die Fähigkeit zum eigenen Denken und daraus resultierenden verantwortungsvollem Handeln, zu der in den Büchern von Olaf Büttner angeregt wird. Ohne erhobenem Zeigefinger und ganz ohne Zwang zum Lernen.
Ein Schreibstil der beeindruckt und sich nicht unangehmen aufdrängt
Die Begebenheit entwickelt sich langsam, mäandernd, wie ein sich durch eine Landschaft schlängelnder Bach. Scheinbar zwanglos finden die Personen, sparsam beschrieben, zueinander. Ein Schreibstil der nicht jedem zusagt, der davon zeugt, dass der Autor seine Fantasie nicht wild durchgaloppieren lässt, sondern den Figuren ein sich langsam entwickelndes Eigenleben zugesteht. Ungeduldige könnten, ob der Langsamkeit der Entwicklung, das Buch gelangweilt beiseite legen. Wenn sie trotzdem weiter lesen, könnte, ungeplant, der Effekt eintreten, der zwangsläufig allen Urlaubern passiert die gestresst an der Nordseeküste stranden. Sie werden, gedanklich selbst eine langsamere Gangart einschalten und von ihrem Alltagsstress herunter kommen.
Den gleichen Effekt den zum Beispiel auch die Menschen verspüren, die nach einer langen Fahrt endlich am Meer angekommen sind und sich dem Wellenrauschen und der Gischt und den Naturgewalten stellen.
Die Fantasie des Lesenden wird durch eine langsame Einführung in das Thema intensiver angeregt, er fühlt sich in die Person des Handelnden ein, er lebt, liebt und leidet mit.
Eine Userin im Netz bemängelte, dass die Reaktion der handelnden Figuren, zum Beispiel der Vera, unlogisch sei. Dem halte ich entgegen, dass das Leben meist nicht so logisch und berechenbar ist, wie der Bücherwurm es gerne hätte. Und dass Viele schon einmal das Gefühl hatten, das eine Begebenheit die sich vor ihren Augen abspielte in einem Buch völlig weltfremd und unlogisch erscheinen würde.
Olaf Büttner ist ein Autor der das Buch "Scherbenfrau" aus seiner Berufserfahrung und Lebenserfahrung schreibt. Vermutlich hat er sich oft die Kindheitsberichte junger Erwachsener und Kinder angehört um diese und ihre Handlungen besser verstehen zu können, um helfend einzugreifen oder den jungen Leuten funktionierende Ratschläge erteilen zu können.
Genau da kommt der Autor Büttner unvermeidlich in eine Zwickmühle. Er will das Geschehen, möglichst wirklichkeitsnah schildern, gleichzeitig wird wenig Spannung für die Leser aufgebaut.
Denn das, was im realen Leben nachvollziehbar schicksalhaft ist, was zu Brüchen im Lebenslauf zu Unfällen und Unglücken führen kann, ist für die Aktion liebenden Leser, zu harmlos.
Veröffentlichungen von Olaf Büttner
Olaf Büttner veröffentlichte bisher etwa 15 Bücher für Jugendliche und Erwachsene, schrieb Kurzgeschichten für Anthologien, Zeitschriften, den Rundfunk und für Zeitungskolumnen.
Seine Romane wurden mehrfach ausgezeichnet. Zum Beispiel "Sommersturm" (als E-Book erhältlich) mit dem Delia-Jugendliteraturpreis. Das Buch "Friesenschwindel", erschienen im Emons Verlag, und ist, nach über 10 Jahren ausschließlicher Jugendbücher sein erstes Buch für Erwachsene. Im Juni 2018 wurde das Buch "Scherbenfrau" veröffentlicht.
Die bekanntesten Bücher von Olaf Büttner:
- Scherbenfrau (Thriller)
- Friesenguru
- Friesenschwindel
- Bis einer stirbt
- Der Seelenspieler
- Filmriss
- Blueprint
- Die letzte Party
- Entscheidung am Strand
- Als könnt ich fliegen
- Der Junge aus den Wellen
- Tod im Hafen
- Sommersturm
- Gier nach Glück
- Schlaf, mein Junge, schlaf ein
Bildquelle:
Wüste Film
(Rezension Buch und Film: Emmas Glück)