Eine Region - mit schwierigen Mitgliedern

Nur mühsam war 2010, im Kulturhauptstadt-Jahr, unter den vielen Ruhrgebietsstädtchen Einigkeit unter der Flagge der Ruhr2010 und unter Führung von Fritz Pleitgen demonstriert und gewahrt worden.

Beispiel Dortmund: Dortmund, das sich seitens des städtischen Marketings in den letzten Jahrzehnten immer als "Westfalen-Metropole" vom Ruhrgebiet abgegrenzt hatte, obwohl es natürlich von "außen" und "unten" immer als Revierstadt angesehen wurde, geriet durch diese offizielle politische Haltung wie auch politisches Führungschaos seit spätestens 2009 ins Hintertreffen, war aber natürlich mit dabei bei der europäischen  Kulturhauptstadt.

Dortmunder U

Fliegende Bilder von Adolf Winkelmann im Treppenhaus des Dortmunder U (Bild: Vera Kriebel, 7/2010)

Die vielen Kunst-Museen des Ruhrgebiets

Doch während andere gemeinsame Revierprojekte der Kulturhauptstadt schnell im eifersüchtigen Beharren auf städtischen Eigenarten wieder in der Versenkung verschwanden (von gemeinsamer Emscherkunst zum Beispiel ist fast nichts mehr übrig geblieben), klappt die Zusammenarbeit der Ruhrkunstmuseen (RKM) mehr als gut, das zeigt nicht nur das erste Wochenende der "Meisterwerke der RuhrKunstMuseen".

Das Ruhrgebiet ist, seitdem es 2010 Europäische Kulturhauptstadt war, über die Industriekultur, die alten, schnuckelig hergerichteten Zechen und Stahlwerke, aber nicht unbedingt über seine klassischen kulturellen Einrichtungen bekannt (vielleicht einmal abgesehen von den Ruhrfestspielen).

Umso erstaunlicher ist daher für die meisten Besucher wie Bewohner die Menge der Kunstmuseen im Revier. Zwanzig Kunstmuseen sind es im Ruhrgebiet, und die hatten anlässlich des der Kulturhauptstadt Ruhr2010 die Idee, sich zu den "Ruhrkunstmuseen" zusammenzuschließen, zunächst mit gemeinsamen Ausstellungsreihen ("Mapping the Region") und den "Collection Tours", Busfahrten zur Kunst quer durchs Revier. Mit Erfolg, wie das Kulturhauptstadtjahr 2010 gezeigt hat, wenngleich inzwischen wieder die kleinkrämerischen Eifersüchteleien zwischen den geografisch kaum abgegrenzten Gemeinden Oberhand gewonnen haben.

Und dann ist es ein erlesenes geschlossenes "Clübchen" (Leiterin eines Ruhrgebiets-Kunstvereins), das sich sehr gerne mit sich selbst beschäftigt. Auf die Frage nach den Gemeinsamkeiten und nach dem, was die RKM auszeichne, kommt daher nichts, was den Besucher interessiert, sondern die Nabelschau des Clubs der Revier-Museumsdirektoren: "das demokratische Miteinander", das zeichne sie aus, so der Bochumer Museumsdirektor Hans Günter Golinski. Rege und erfolgreiche Veranstalter von Kunstausstellungen wie der Dortmunder HMKV werden beispielsweise nicht einmal kontaktiert, geschweige denn zum Mitmachen angeregt.

"Wenn wir sie zusammenfassen würden, würden sie ein großes, hochattraktives Museum "

Ob angesichts der notorisch klammen Kassen der Revierstädte zudem nicht eine Konzentration auf wenige Kunstmuseums-Standorte sinnvoller wäre, ist durchaus eine Frage wert. Neben finanziellen Erwägungen würde der Abschied von den vielen dezentralen, kleinen Museen auch die Chance zu tatsächlichen Metropolen-Museen eröffnen. (Seit Ruhr2010 nennt man sich ja "Metropolregion".)

Der große Nachteil der Dezentralisierung wird klar, wenn man mehrere Häuser besuchen möchte - dann verbringt man mehr Zeit im Stau auf der A40/B1 als bei den Kunstwerken. Und Touristen, die schon einmal Dresden, Düsseldorf, Berlin bereist haben, sind regelmäßig ein wenig enttäuscht über die "kleinen" Kunnsthäuser im Revier der einzelnen Revier-Museen, von denen einige Galerie-Größe haben. Viele Ruhrgebiets-Sammlungen überschneiden sich zudem.

Manche unten aufgeführten Städte zählt auch nicht unbedingt jeder zum Ruhrgebiet - Hamm und Unna zum Beispiel oder Hagen, aber bereits in den Planungen zur Kulturhauptstadt war ja alles, was irgendwie in der Umgebung von Duisburg, Essen und Bochum (Teil 2 des Überblicks über die Ruhrkunstmuseen) mit Kohle oder Stahl zu tun hatte, einbezogen worden.

Infos

Kunstmuseen im Ruhrgebiet - Übersicht Teil I - Der Überblick von Hamm über Unna nach Witten

Gustav-Lübcke-Museum in Hamm

Ein schönes, kleines, engagiert geführtes Museum mit den Schwerpunkten Stadtgeschichte und angewandte Kunst (Kunsthandwerk/Kunstgewerbe: von Tassen zu Design-Stühlen) - außerdem barrierefrei, Angebote für Sehbehinderte/Blinde und unsichtbare Kunst zum Anfassen.

  • Vorstellung.
  • Adresse/Anfahrt: Neue Bahnhofstraße 9, 59065 Hamm. Nur 100 Meter vom Hauptbahnhof entfernt. Tel. 02381 / 17 5714, Internet.
  • Öffnungszeiten: Dienstag bis Samstag 10 -17 Uhr, Sonntag 10 -18 Uhr, Montag geschlossen
  • Eintrittspreise: Dauerausstellung: 2,50 €, ermäßigt 1,30 €. Eintrittspreise für Wechselausstellungen abweichend.

Zentrum für Internationale Lichtkunst in Unna

Das Museum wird von einem kleinen Verein getragen - ohne die ehrenamtliche Arbeit seiner Mitglieder, die zum Beispiel auch die Führungen durchführen, würde es das Lichtkunstmuseum nicht geben. Und es ist ein wundervolles kleines Museum: untertage, über mehrere Ebenen hinweg im rohen, halbsanierten Gewölbe des ehemaligen Brauereikellers sind die wenigen, aber sehr schönen Lichtkunstwerke, beispielsweise Twilight Arch von Turrell, geradezu ein Sog von Raum, der ebenfalls im Frankfurter MMK zu erleben ist, ausgestreut.

  • Adresse/Anfahrt: Lindenplatz 1 59423 Unna. Etwa einen Kilometer vom Hauptbahnhof entfernt, gut von dort durch die Fußgängerzone fußläufig zu erreichen. Tel. 02303 / 103770, Internet
  • Öffnungszeiten: Besichtigung untertage nur im Rahmen von Führungen. Öffentliche Führungen: Dienstag, Mittwoch und Freitag 14 Uhr, 15.30 Uhr und 17 Uhr, Donnerstag 14 Uhr, 15.30 Uhr und 17 Uhr und 18.30 Uhr, Samstag 13 Uhr, 14 Uhr, 15 Uhr, 16 Uhr und 17 Uhr, Sonntag und Feiertag 13 Uhr, 14 Uhr, 15 Uhr, 16 Uhr und 17 Uhr, Montag geschlossen.
  • Eintrittspreise: 6 €, ermäßigt 4 €.
Martin Kippenberger/Walter Dahn: ...

Martin Kippenberger/Walter Dahn: Die Revolution in Köln muss verschoben werden, Museum Ostwall, Dortmund (Bild: Vera Kriebel, 10/2010)

Museum Ostwall im Dortmunder U - Dortmund

Das Ostwall-Museum kommt aus den Negativ-Schlagzeilen nicht heraus: 2009 und 2010 - das alte Domizil am Ostwall geschlossen, das neue, das Dortmunder U, im Kulturhauptstadtjahr längst nicht fertig und mit weit über die veranschlagten Kosten hinaus gehendem Budget. Trotzdem wurde das Museum im Oktober 2010 in der Baustelle des Dortmunder U eröffnet - womit die gesamte Kunst-Sammlung ungeschützt Baustaub ausgesetzt wurde.

Und im November 2011 gelangt das Museum Ostwall zu unverhoffter Berühmtheit, nachdem eine Putzfrau eine Installation von Martin Kippenberger gesäubert hatte. Erschreckende Reaktionen der Öffentlichkeit zeigen ein weit verbreitetes (Un)Verständnis von Kunst, das bestenfalls Kippenbergs Objekt den Kunstcharakter abspricht, oft aber frappierend an Nazi-Gedankengut erinnert ("enartet" wurde bereits durch den Forumsmoderator von DerWesten.de gelöscht, "das gesunde Volksempfinden" ist noch heute nachzulesen).

Sammlungsschwerpunkt ist das 20. Jahrhundert, und zwar von ausgewählten Werken der klassischen Moderne (Expressionismus, Kubismus, Surrealismus) über Informel und Aktionskunst der 1960er und 1970er (Fluxus) bis zu einzelnen Gegenwartskünstlern gewidmeten Werkgruppen.

Außerdem sticht das Ostwall-Museum durch ausgezeichnete Vermittlungsangebote hervor, zum Beispiel mit den Multimediastationen oder Schaukästen für Hintergrundinformationen zu Künstlern, Epochen, Ausstellungsstücken.

  • Vorstellung.
  • Adresse: Museum Ostwall im Dortmunder U-Turm, Leonie-Reygers-Terrasse, Telefon: 0231 50-23247, Internet.
  • Anfahrt: Nur etwa 500 Meter vom Hauptbahnhof entfernt und direkt an der U-Bahnhaltestelle Westentor (U43/44).
  • Öffnungszeiten: Dienstag, Mittwoch 10:00 - 18:00 Uhr; Donnerstag, Freitag 10:00 - 20:00 Uhr; Samstag, Sonntag 11:00 - 18:00 Uhr; Montag geschlossen.
  • Eintrittspreise: Dauerausstellung: Erwachsene: 5,00 Euro, ermäßigt: 2,50 Euro. Freier Eintritt für alle unter 21 Jahren! Jahreskarte für alle Dortmunder Museen: 25,00 Euro.

Tipp: Wer das Ostwall-Museum im Dortmunder U besucht, sollte auf jeden Fall einen Abstecher zur Medienkunst des HMKV (3. Etage) und zu den Ausstellungen der Architekten/Raumplaner/Designer der Dortmunder FH/TU in die 1. Etage unternehmen. Und Zeit sollte man sich auch nehmen für die "Fliegenden Bilder" draußen an der Krone, drinnen im Foyer und im Treppenhaus

Adrian Paci: Back HOme I-IV, Museum ...

Adrian Paci: Back HOme I-IV, Museum Ostwall, Dortmund (Bild: Vera Kriebel, 10/2010)

Martin Kippenberger: M.h.m.v.d.Z.i.k ...

Martin Kippenberger: M.h.m.v.d.Z.i.k.d.S.n.m.s. (Mama hol mich von der Zeche ich kann das Schwarze nicht mehr sehen) (Bild: Museum Ostwall, Dortmund (Foto: Vera Kriebel, 10/2010))

Kunstmuseen in Hagen und Witten

Emil Schumacher Museum in Hagen

  • Vorstellung.
  • Adresse/Anfahrt: Museumsplatz 1, 58095 Hagen, Tel. 02331 / 207 3138, Internet.
  • Öffnungszeiten: Dienstag - Mittwoch, Freitag 10 - 17 Uhr, Donnerstag 13 - 20 Uhr, Samstag - Sonntag 11 - 18 Uhr.
  • Eintrittspreise: Kombiticket mit Osthaus Museum Hagen 6 €, ermäßigt 2 €.

Osthaus-Museum in Hagen

Karl Ernst Osthaus (1874-1921), ein schwerreicher Erbe mit viel bürgerlichem sozialen Engagement, kulturellem Elan und Gespür für "neue" Kunst, war Anfang des 20. Jahrhunderts der Begründer des Folkwang-Museums, das - da Hagen damals kein Geld und wenig Sinn für die moderne Kunst hatte (Parallelen zu heute rein zufällig) - nach seinem Tod nach Essen verkauft wurde.

Erst vor einigen Jahren erinnerte man sich in Hagen neuerlich des großen Sohnes: Das Osthaus-Museum ist beheimatet im ehemaligen Folkwang-Gebäude. Das Interieur, das der Jugendstil-Architekt Henri van de Velde entworfen hatte, mit dem Karl Ernst Osthaus eng befreundet war, ist rekonstruiert worden. Die Sammlung des Osthaus-Museums nimmt Bezug auf die ursprüngliche Osthaussche Sammlung (Schwerpunkt Expressionismus).

  • Vorstellung.
  • Adresse/Anfahrt: Museumsplatz 1, 58095 Hagen, Tel. 02331 / 207 3138, Internet.
  • Öffnungszeiten: Dienstag - Mittwoch, Freitag 10 - 17 Uhr, Donnerstag 13 - 20 Uhr, Samstag - Sonntag 11 - 18 Uhr.
  • Eintrittspreise: Kombiticket mit Emil Schumacher Museum 6 €, ermäßigt 2 €.

Märkisches Museum in Witten

  • Adresse/Anfahrt: Husemannstr. 12, 58452 Witten, Tel. 02302 / 581 2550, Internet.
  • Öffnungszeiten: Dienstag - Sonntag und Feiertag 12 - 18 Uhr, Montag geschlossen.
  • Eintrittspreise: Eintritt frei

Teil 2 der Übersicht über die Ruhrkunstmuseen: Der Westen.

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