Die Handlung

Reinfried Bärbach, Fiesling und Betreiber einer Apfelplantage, wird ermordet. Feinde hatte er viele, da er als Unternehmensberater Spezialist für Vermögensumverteilung zu seinen Gunsten war. Sein Stiefsohn gerät in Verdacht. Die durch Bärbach mittellos gewordene Mutter und Exfrau des Unsympathen gesteht aber kurze Zeit später die Tat. Sie will aber lediglich ihren Filius schützen. Es stellt sich schnell heraus, das selbige nur noch mal mit einem Knüppel auf die eh schon tote Leiche ihres verhassten Ex eingeschlagen hat. Auch das ist eine Straftat, aber kein Kapitalverbrechen und eher verständlich. Judith Welser, eine junge Reporterin mit gutem Verhältnis zu einem dreißig Jahre älteren Kriminalhauptkommissar, kommt, ohne es zu ahnen, der Wahrheit sehr nahe und damit in Lebensgefahr. Gerettet wird sie nur durch ihre treue Mischlingshündin Paula, die auch schon mal in die Wohnung kotzt. Ein weiterer Mord geschieht. Gibt es Zusammenhänge? So nach und nach fallen die Erkenntnisse wie überreife saure Äpfel von den Bäumen. Was auch zum Titel dieses Rigionalromans führte. Doch die Ursachen liegen nicht in den Früchten, sondern in den Wurzeln des Baumes, der diese sauren Äpfel hervorbrachte. Und da stoßen wir auf die Abgründe menschlichen bzw. unmenschlichen Handelns. Eine widerwärtige Tat, dreißig Jahre zurückliegend, ist der Auslöser für den Mord. Der aufmerksame Leser wird wohl mit einem Anfangsverdacht sachte herangeführt, aber die Spannung bleibt bis zum Schluss erhalten. Viele möglichen Täter bieten sich an. Kurz, der Gärtner war es nicht.

 

 

Ruth Weitz kommt mit ihrem Regionalkrimi ohne weiteres an die Werke von Michaela Küpper ran.
Saure Äpfel: Ein Provinzkrimi aus dem bayerisch...
Wildwasserpolka (Kriminalromane im GMEINER-Verlag)
Obernburg mit langen Wimpern

Die Bewertung

Humorvoller, flotter Stil, gut lesbar und angenehm im Duktus. Die Protagonisten sind allesamt menschlich nachvollziehbar und gut beschrieben. Der alternde Hauptkommissar Lüdenbeck, der sich auch schon mal die Hucke vollsäuft genauso, wie der fremdgehende und später ermordete Handelsreisende Grob. Die Leseabschnitte sind sauber eingeteilt und ermöglichen einen guten Lese-Rhythmus. Der Wortschatz wird voll ausgeschöpft, Dialoge sind nicht zu lang.

Jeder Autor bringt sich selbst in seine Werke immer mit ein. Hemingway war ein Draufgänger, was sich in seinen Büchern spiegelt. Ruth Weitz hat wohl in ihre Heldin Judith Welser, der jungen Reporterin, ein Stück von sich selbst übertragen. Freie Mitarbeiterin, schlechter bezahlt als männliche Kollegen und mit Jobs beauftragt, die die Herrenkaste nicht haben möchte. Immer abgehetzt leidet Familie und Haushalt schon mal. So ist auch eine große Portion verständlicher Sozialkritik, für oberflächliche Leser kaum erkennbar, enthalten.

Gute Autoren unterhalten, sehr gute Autoren unterhalten und vermitteln Wissen, exquisite Autoren unterhalten, vermitteln Mehrwert und regen zum Nachdenken an, weil sie geschickt die Finger in die Wunden unserer Gesellschaft legen. Ein Werk darf Ärger oder Begeisterung hervorrufen, niemals aber Gleichgültigkeit. Ruth Weitz trägt dieser Prämisse Rechnung, sie gehört zu den exquisiten Schreiberlingen.

 

Mein Eindruck

Ein Regionalkrimi erfordert genaueste Ortskenntnisse. Die Autorin nimmt uns mit in ihre Heimat, die sie anscheinend sehr liebt. Landschaft und Orte werden gut beschrieben. Regionale Küche so gut, dass bei mir Bilder im Kopf erschienen und ich eine Essenspause einlegen musste. (Willst Du gut essen, fahr nach Hessen) Dabei werden geschickt, spannend aber trotzdem mit Humor die Fäden der Handlung verwoben.

Sie kommt ohne Zweifel mit ihrem Erstlingswerk an Michaela Küpper ran. Hat auch viel Ähnlichkeit mit der großen Regio-Schreiberin. Auch diese arbeitet als freie Redakteurin und Autorin. Frau Küpper ist Mitglied der mörderischen Schwestern. Das sind keinesfalls gut situierte Witwen, deren Männer auf dubiose Weise verblichen. Nein, das ist die Vereinigung deutschsprachiger Krimiautorinnen. Außerdem ist sie Mitglied des Syndikats. Auch das hat nichts mit der Mafia zu tun, sondern mit Kriminalliteratur! Ihre Werke wurden mehrfach nominiert. (NordMordAward) Wie Frau Küpper hat auch Ruth Weitz einen Stadtführer geschrieben, was Ortskenntnisse voraussetzt und eine gute Grundlage bildet. Lokalkolorit oder regionalism, wie der Engländer sagen würde, ist absolut in. Geschichten, die in typischen Regionen im Sprachgebiet spielen, treffen damit den Zahn der Zeit. Seit der Jahrtausendwende kehren viele Autoren gedanklich und tatsächlich dem stressigen Stadtleben den Rücken. Weg von der Reizüberflutung, der Pop-Kultur, hin zu Ruhe und Beschaulichkeit. Ja den wahren Werten des Lebens. Willkommen bei den Landeiern!

Da auch Urlaub in deutschen Landen voll im Trend liegt, kommen ebenso Geschichten aus diesen Landen gut an.

 

Empfehlung / Kritik

Küche, Landschaft und Kultur im schönen Hessen sind immer eine Reise wert.

Der Roman "Saure Äpfel" spielt in der Wetterau, Grünberg, Aschaffenburg (auch Nizza am Main genannt), Obernburg und Schwalmstadt. Wer Land und Leute mag, der mag auch diesen Krimi. Wer nur kurzweilige Unterhaltung sucht, liegt auch richtig. Schön ist es, so ein Werk zu lesen und dann die Orte der Handlung zu besuchen. Auf den Pfaden imaginärer Helden zu wandeln.

Dass eine junge Reporterin sich in einen doppelt so alten Kommissar verliebt, finde ich nett, es schmeichelt uns alten Säcken mit den grauen Schläfen.

Da hier auch brutalste Vergewaltigung und Kindesmisshandlung thematisiert wird, hätte ich mir gerade in der aktuellen Zeit gewünscht, die Auswirkung dieser widerwärtigen Taten auf die Opfer tiefer zu durchleuchten. Aber es ist ein Kriminalroman und kein sozialkritischer Tatsachenbericht. Deshalb gibt es von mit fünf Sterne und einen dicken Daumen.

(Gibt es eigentlich auch einen SüdMordAward? Der wäre angebracht!)

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