Die Farben Schwarz und Weiß physikalisch gesehen

Bei der Betrachtung der Farbe Schwarz aus der Perspektive der Physik ist es sinnvoll zu unterscheiden zwischen dem Eindruck, dass etwas Schwarz erscheint, also Schwarz als Sinneswahrnehmung, als Lichtfarbe, und Schwarz als Farbe eines Gegenstands, also Schwarz als Körperfarbe. Und zwar bedeutet Schwarz als Lichtfarbe das Fehlen von (sichtbarem) Licht jeglicher Wellenlänge, das Nicht-Aussenden jeglicher Lichtfrequenz. Das heißt: Schwarz ist eine Farbe, die im Vergleich zur Umgebung keine oder fast keine Lichtmenge reflektiert oder abstrahlt. Man kann auch sagen: Ein Gegenstand erscheint schwarz, wenn die Netzhaut des Auges keine Lichtwellen im sichtbaren Spektrum rezipiert. Ein Gegenstand ist schwarz, wenn er beim Anstrahlen mit dem kompletten Lichtspektrum alle Frequenzen absorbiert. Als Farbe eines Gegenstands ist Schwarz also gleichbedeutend mit der kompletten Absorption aller Lichtfrequenzen.

Das Lichtspektrum der Farbe Weiß enthält nahezu alle anderen Farben. Im Gegensatz zu Schwarz als der völligen Abwesenheit von Farbe ist Weiß also die Summe aller Farben des Lichts. Und dieses Gemisch aller Farben ruft den gleichen Farbeindruck hervor wie Sonnenlicht. Deshalb ist Weiß die hellste aller Farben und damit die Farbe, die die größte Lichtmenge reflektiert oder abstrahlt. Und zwar entsteht für den Menschen der Farbeindruck Weiß immer dann, wenn ein Material das Licht so reflektiert (resp. remittiert), dass alle drei Zapfen der Netzhaut des Auges in gleicher Weise und mit ausreichend hoher Intensität gereizt werden.

Negative Konnotationen der Farbe Schwarz

Folgt man dem allgemeinen Sprachgebrauch, scheint Schwarz immer etwas Negatives zu bedeuten. Beispiele sind: schwarze Liste, schwarzes Schaf, schwarzer Humor, schwarze Magie, schwarze Messe, der Schwarze Freitag (Beginn der Weltwirtschaftskrise von 1929), Schwarze Witwe (eine gefährliche Spinne), der Schwarze Tod (Beulenpest), Schwarzes Loch (Licht und Materie verschlingendes "Monster" im Universum), Schwarzmarkt, Schwarzbrennerei, Schwarzarbeit, Schwarzgeld, Schwarzfahren; warten können, bis man schwarz wird; jemandem nicht das Schwarze unter dem Fingernagel gönnen; schwarz sehen, schwarz malen, sich schwarz ärgern, einen schwarzen Tag haben. Schwarz ist also gleichbedeutend mit etwas Bedrohlichem, etwas Illegalem, mit Unglück. Damit nicht genug: Schwarz symbolisiert Tod, Trauer, das Böse, aber auch die dunklen, unbewussten Seiten der Persönlichkeit, vor denen man oft Angst hat. Generell ruft keine andere Farbe so starke Angstgefühle hervor wie Schwarz. Die dramatischste Folge der negativen Besetzung der Farbe Schwarz aber ist sicherlich die Abwertung von Menschen mit schwarzer Hautfarbe.

Positive Konnotationen der Farbe Weiß

Ein "Kontrastprogramm" im wahrsten Sinne des Wortes sind die Konnotationen der Farbe Weiß. Weiß wird nämlich gleichgesetzt mit Licht, Erleuchtung, Freude, Güte, Glaube, Unschuld, Bescheidenheit, Wahrheit, Verlässlichkeit, Aufrichtigkeit, Wahrheitsliebe, Reinheit, Sauberkeit, Leichtigkeit, Vollkommenheit, Sicherheit, Ordnung, Genauigkeit. Weiter werden mit der Farbe Weiß verbunden: das Ideale, der Anfang, das Neue, die Neutralität, die Klugheit, die Weisheit, die Wissenschaft und nicht zuletzt: Frieden. Wichtige Symbole sind hier die weiße Taube und die weiße Flagge. Auch in den Religionen ist die Farbe Weiß positiv besetzt. Denn Weiß ist traditionell die Farbe der Götter und der Heiligen. So sind im Hinduismus weiße Rinder heilig, in Thailand sind es die weißen Elefanten. Zeus erschien Europa als weißer Stier, der Heilige Geist zeigte sich als weiße Taube, und Christus ist das weiße Lamm Gottes. Daher wurde die Farbe der Götter auch Farbe der Priester. Weiß ist die liturgische Farbe der höchsten Festtage in der katholischen Kirche. Der Papst trägt als Ranghöchster immer Weiß. Und auch die Priester indischer und japanischer Religionen sind ganz in Weiß gekleidet.

Der Ursprung des Dualismus von Schwarz und Weiß

Der Dualismus von Schwarz und Weiß hat selbst einen religiösen Ursprung. So beruhen die meisten Religionen auf der Vorstellung, dass am Anfang aller Zeiten die Finsternis erhellt wurde durch das Licht, dass also die Schwärze verdrängt wurde durch die Helligkeit des Lichts, und in der Farbe Weiß ist diese Helligkeit vollkommen. In der Geschichte der Menschheit verkörperten deshalb von Anfang an Schwarz und Weiß die Prinzipien Licht und Finsternis, Leben und Tod. Das heißt: Der Gegensatz von Schwarz und Weiß, Tag und Nacht, Helligkeit und Finsternis wurde zum Symbol für den Kampf zwischen Gut und Böse, Gott und Teufel, zwischen (weißen) Magiern, die Gott zu Hilfe riefen, und (schwarzen) Magiern, die sich Unterstützung vom Teufel erhofften. Der Dualismus von Schwarz und Weiß ist also das Fundament für all die Gegensätze, die die Menschen sicherlich am meisten bewegen.

Negative Konnotationen der Farbe Weiß

Dass es einen grundsätzlichen Dualismus von Schwarz und Weiß gibt, bedeutet nicht, dass generell die Farbe Schwarz immer nur negativ und die Farbe Weiß immer nur positiv bewertet wird. So ist in östlichen Kulturen wie z.B. in China, Japan und Korea Weiß die Farbe der Trauer und des Todes. Deshalb tragen die Menschen dort bei Beerdigungen weiße Kleidung. Gleichzeitig steht in China Weiß für Helligkeit, Reinheit und Erfüllung, was der westlichen Bewertung nahekommt. Weiß hat also in China einen sowohl positiven als auch negativen Stellenwert. Ebenso wie in östlichen Kulturen ist in Afrika die Farbe Weiß ein Symbol für den Tod. Weiße Körperbemalung dient hier dazu, mit jenseitigen Geistern in Kontakt zu treten.

Positive Konnotationen der Farbe Schwarz

Während die Farbe Weiß in China eher ambivalent beurteilt wird, besitzt die Farbe Schwarz hier starke positive Konnotationen. So ist in China Schwarz ein Symbol für Ehre und hohe Würden sowie für beruflichen Erfolg. Schwarz war überhaupt in diesem Land lange Zeit eine ganz besondere Farbe. Sie wurde buchstäblich als Königin aller Farben verehrt und hatte folglich eine ähnlich hohe Bedeutung wie die Farbe Weiß im westlichen Kulturkreis. Ebenso wird in westlichen Ländern dem allgemeinen Sprachgebrauch zum Trotz die Farbe Schwarz nicht nur negativ, sondern auch positiv gesehen. Schwarz steht hier nämlich für Seriosität, Würde und Eleganz. Schwarz bedeutet außerdem Modernität, Sachlichkeit, Eindeutigkeit und Funktionalität. Die Farbe Schwarz kann aber auch Individualität und Eigenständigkeit symbolisieren. Ferner gilt hier Schwarz als die Farbe der Mutigen, der Kämpfer gegen Unrecht.

Schwarz und Weiß in der Politik

Auch in der Politik spielen die Farben Schwarz und Weiß eine Rolle, wobei Schwarz eine größere Bedeutung hat als Weiß und es vom jeweiligen politischen Standpunkt abhängt, ob die Farben Schwarz und Weiß positiv oder negativ besetzt sind. So werden in Deutschland konservative Parteien traditionell als schwarz bezeichnet, was deren Gegner dazu nutzen, um diese abzuwerten. In Italien stand Schwarz vor und während des Zweiten Weltkrieges für eine faschistische Gesinnung (Schwarzhemden), und in Deutschland waren in der Zeit des Nationalsozialismus die Uniformen der berüchtigten SS schwarz. Schwarz ist auch die Farbe des Anarchismus. In Maos Rot-China repräsentierte die Farbe Schwarz die Konterrevolution, den Anti-Kommunismus. Andernorts steht die Farbe Weiß für gegen den Kommunismus gerichtete politische Bestrebungen. Gefürchtet ist in westlichen Ländern auch der sogenannte Schwarze Block bei Demonstrationen.

Die Position des Islam zu den Farben Schwarz und Weiß

Im Islam unterliegen die Farben Schwarz und Weiß einer ganz spezifischen Bewertung. So wird hier Schwarz ebenso wie in westlichen Ländern sehr negativ gesehen. Das heißt: Schwarz wird mit allem Negativen verbunden, mit unaufrichtigen Menschen und schlechten Nachrichten. Schwarz ist die Farbe der Finsternis, des Fluches und der Hölle. In Teilen der islamischen Welt wird sogar vermieden, den Begriff für "schwarz" auszusprechen. Andererseits ist Schwarz die Farbe des Steins in der Ostecke der Ka'ba, des höchsten islamischen Heiligtums, und schwarz ist auch die Farbe des Tuches, mit dem die Ka'ba bedeckt ist (die Kiswa). Ferner ist Schwarz auch nicht die Farbe der Trauer. In Teilen der islamischen Welt wird Weiß ebenso wie in asiatischen Ländern als Trauerfarbe aufgefasst. Daneben gilt Weiß auch im Islam als Farbe der Einheit aller Farben und der Göttlichkeit. So soll nach der Überlieferung der Körper des Engels Gabriel, der Muhammad die Offenbarung Gottes überbracht haben soll, weiß gewesen sein.

Die "Versöhnung" von Schwarz und Weiß in der chinesischen Philosophie

Abschließend möchte ich noch auf die Beziehung zwischen Schwarz und Weiß in der chinesischen Philosophie eingehen. Und zwar sind hier Schwarz und Weiß Kräfte bzw. Prinzipien, die als Yin (dunkel, weich, kalt, weiblich, Ruhe) und Yang (hell, hart, heiß, männlich, Aktivität) bezeichnet werden. Auch bei der Polarität von "männlich" und "weiblich" gilt also das Gegenüber von Schwarz und Weiß. In diesem Zusammenhang ist hinsichtlich der Bedeutung von Schwarz und Weiß in der Religion noch eine wichtige Anmerkung zu machen. Der religiöse Lehrsatz von der Erhellung der Finsternis durch das Licht wurde nämlich mythologisch überhöht, indem die Helligkeit des Lichts einem männlichen Schöpfergott und die Schwärze der Finsternis einer weiblichen Urgottheit Erde zugeordnet wurden. Im Taiji Symbol des Daoismus stehen demgegenüber Yin und Yang, Schwarz und Weiß, weiblich und männlich, für die harmonische Vereinigung von Himmel und Erde und damit – so könnte man hinzufügen – für die Überwindung des Gegensatzes zwischen dem lichten Prinzip des männlichen Schöpfergottes und dem dunklen Prinzip der weiblichen Urgottheit Erde. Das heißt: Yin und Yang, Schwarz und Weiß, männlich und weiblich, sind hier zwar ebenfalls polar einander entgegengesetzt, aber gleichzeitig sind sie aufeinander bezogen. Sie sind, wenn man so will, miteinander versöhnt, wie es dem Grundprinzip der Schöpfung entspricht.

Yin und Yang (Bild: Nemo/pixabay,com)

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