Der Film

In dem Artikel Diese Komödien sorgen 2013 für Lachmuskelkater wurde es bereits angekündigt, nun ist es soweit. David O. Russell hat mit Silver Linings schon in der ersten Kinowoche des neuen Jahres einen echten Überraschungshit gelandet. Die Academy sieht das ähnlich und belohnt seinen Film mit insgesamt acht Oscar-Nominierungen. Natürlich trifft nicht jeder Oscarfilm den Nerv der Europäer, doch wer sich die miesen Wintertage etwas versüßen will, dem sei ans Herz gelegt für diesen Film ins Kino zu gehen.

Was der Film nicht ist: Er ist keine Gagparade, kein Feuerwerk an Slapstick. Er kommt erstaunlich gut ohne den heute so populären Frivolhumor aus. Wer hier also Hangover, American Pie oder Scary Movie erwartet, der wird vorerst enttäuscht sein. Silver Linings ist ein Wohlfühlfilm, der perfekt zwischen stichartig punktuiertem Humor und ernsthafter Familientragik balanciert. Er ist nicht zu seicht, nicht zu kitschig, aber auf der anderen Seite auch nicht zu emotional oder überdramatisiert. Man könnte behaupten er vermischt die Stärken von Forrest Gump, Ziemlich Beste Freunde und Rain Man. Getragen wird die Geschichte von ihren großartigen Protagonisten.

Filmszene aus Silver Linings

Die Story - (Ohne Spoiler)

Der depressive, bipolar-erkrankte Pat Solitano steht nach acht Monaten Nervenheilanstalt wieder bei seinen Eltern vor der Tür. Seinen Job hat er verloren und seine Ehe ist am Ende nachdem er seine Frau inflagranti erwischt und ihren Liebhaber halbtot geprügelt hat. Doch Pat hat sich Optimismus angeeignet und ist fest entschlossen sich für seine Frau zu ändern - trotz einstweiliger Verfügung. Der hoffnungslos naive Choleriker möchte sein Leben neu ordnen, doch seine Krankheit stellt sich ihm in den Weg. Zufällig begegnet er Tiffany, die ihren Mann verloren hat und Trost  in unzähligen Betten fremder Männer sucht. Ihre Eltern kommen mit ihrer Sexsucht nicht klar und so wohnt sie in einem Anbau im Garten. Da Pat krankhaft direkt ist und Tiffany den verruchten Vamp mimt geraten sie mehrmals aneinander. Doch ihr Gefühl und ihre Probleme verbinden sie und so geben sie dem anderen ihre Verletzlichkeit preis. Tiffany bietet Pat an, seine Briefe an seine Frau weiterzuleiten, wenn er ihr dabei hilft einen Tanzwettbwerb zu gewinnen.

Anupam Kher und Bradley Cooper

Anupam Kher und Bradley Cooper (Bild: Filmszene aus Silver Linings)

Die Darsteller

Die Geschichte des Filmes ist leichte Kost und im Prinzip weiß der Zuschauer von Beginn was auf ihn zukommt. Deshalb ist es wichtig, dass das fantastisch aufspielende Ensemble diesen Film so authentisch spielt. Wer hätte Bradley Cooper nach Hangover oder Verrückt nach Steve eine solche Leistung zugetraut? Die Natürlichkeit und der Charme seiner Rolle passen wie die Faust aufs Auge. Der 38-Jährige spielt den wirren, von Gefühlsausbrüchen geplagten Pat so faszinierend, dass sich hin und wieder die Frage stellt: Wo ist der Film nun ein Drama und wo ist er eine Komödie. Über Krankheiten scherzt man nicht, deshalb wird dieser Teil des Plots auch sehr sensibel angegangen. Bei Jennifer Lawrence verhält es sich ähnlich. Gerade die Dialoge der beiden "gestörten" Seelen sind unglaublich interessant, weil beide so unterschiedlich mit ihren Problemen umgehen und doch voneinander fasziniert sind.

Es ist wirklich kein Wunder, dass mit Robert De Niro und Jacki Weaver auch die Nebendarsteller mit Oscar-Nominierungen belohnt wurden. "Der Pate" spielt den neurotischen Vater Pats, der unter chronischer Wettsucht leidet und sich so sehr Zugang zu seinem Sohn wünscht. Jacki Weaver spielt die starke Mutter Pats, die mit beiden kranken Männern unter einem Dach wohnt und die Familie beisammen hält. Beide Elternteile sind ebenfalls dysfunktional und so bleibt der Familie nichts anderes übrig als sich unter einem Dach zusammenzuraufen. Hin und wieder kommt es zur Eskalation, hin und wieder werden Szenen zum Schmunzeln geboten. Großes Kino und großer Dank an alle vier Schauspieler.

Kritik

Silver Linings bleibt ein amerikanischer Film, der irgendwo zwischen Liebesdrama und Tragikomödie politisch korrekt bleiben möchte. Deshalb übernimmt sich der Film leider etwas mit seinen Nebenschauplätzen. Durch Pats indischem Psychologen wird ein Rassimus-Problem in der Gesellschaft angeschnitten, dass hier nichts verloren hat und auch die Midlife-Crisis seines besten Freundes sind ein Familienproblem zuviel. Hinzu gesellt sich ein erfolgreicher Bruder, der nicht weiß, wie er mit Pat umgehen soll und ein Leidensgenosse aus der Anstalt der immer wieder flüchtet und Pat aufsucht. Zuviel Soziaprobleme in einem Film, der insgesamt amüsant sein möchte. Dass einige Handlungen unrealistisch erscheinen und die Geschichte zu glatt absehbar ist darf dagegen verziehen werden, denn eine Komödie bleibt eine Komödie. Und dieser Film punktet auf ganzer Linie – ohne ständige Schenkelklopfer und Ballereffekte. Und wem das dann doch zu langweilig ist, dem sei versprochen, dass Hangover 3 noch in diesem Sommer die andere Sorte Humor bedienen wird.

Bradley Cooper und Robert De Niro (Bild: Filmszene aus Silver Linings)

Hintergrund:

Ursprünglich wurde für die Rolle der Tiffany Anne Hathaway gecastet, doch Miss "Catwoman" sprang wegen Terminproblemen ab. Bevor Jennifer Lawrence die Rolle bekam zählten auch Rachel McAdams, Olivia Wilde, Elizabeth Banks, Rooney Mara und Kirsten Dunst zu Favoriten auf die Rolle. Pat wäre übrigens fast von Mark Wahlberg gespielt worden.

Regisseur David O. Russell feierte zuvor schon mit Three Kings und The Fighter große Erfolge. Für seine Regiearbeit und sein Drehbuch wurde er ebenfalls mit Oscar-Nominierungen bedacht.

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