Musikalische Kleinformen mit italienischen Namen

Ganz klar: Klassische Musik hat italienische Gene. Kaum eine andere Sprache hat die heutige Musiktheorie so sehr geprägt wie das Italienische. Häufig finden sich beispielsweise im Notentext italienische Anmerkungen, mit denen die gewünschte Spielweise erklärt wird: Forte, Presto, Legato usw…Es ist daher nicht verwunderlich, dass auch eine Vielzahl an Musikstücken durch italienische Begriffe charakterisiert wird. Beispiele dafür sind:

  • Das Divertimento. Der Begriff lässt sich sinngemäß mit "Unterhaltung" oder "Vergnügen" übersetzen. Der Aufbau dieser mehrsätzigen Stücke unterliegt keinen strengen Formen. In immer wieder leicht abgewandelter Bedeutung war das aus dem 17. Jahrhundert stammende Divertimento bis in die 1930er Jahre hinein populär. Unter dem Vorzeichen einer eigenständigen Ausprägung wurde das Divertimento in Frankreich als Divertissement bezeichnet.
  • Die Sonatine ist, wie bereits der Name ("kleine Sonate") suggeriert, eine Verniedlichung der Sonate, inhaltlich und spieltechnisch leichter und oft mit geringerer Satzanzahl. Manche frühen Sonatinenformen aus dem 17. Jahrhundert dienten zudem lediglich als Einleitungsstücke für Suiten, deren Bedeutung später noch erklärt wird..
  • Das Rondo ("Rundgesang") ist ein Instrumentalstück, dessen markantes Thema häufig wiederkehrt. Es kann ein eigenständiges Werk, aber auch Bestandteil einer Sonate oder Sinfonie sein.
  • Als Scherzo bezeichnet man entweder ein eigenständiges Musikstück oder den vorletzten Satz bei Kammermusiken und Sinfonien. Das Scherzo trug ursprünglich einen heiteren Charakter, kommt seit der Zeit Beethovens jedoch auch in düsterer (nahezu dämonischer) Gestalt vor.

Französische Begriffe für Musikstücke

Vermutlich fast alle Klavierschüler mussten sich schon einmal durch eine Etüde mit schier endlosen Tonläufen und akrobatisch anmutenden Fingersätzen quälen. Das wurde vom jeweiligen Komponisten durchaus beabsichtigt, denn Etüden (sinngemäß: lernen, studieren) waren vor allem als Übungsstücke gedacht, durch welche spieltechnische Fertigkeiten trainiert werden soll(t)en. Dennoch ist so manche Etüde bis heute ein kleiner, musikalischer Genuss.

Das Menuett ("klein, einzeln") war ein aus Frankreich stammender Paartanz im Dreivierteltakt mit geringen Schrittfiguren. Es umfasste ursprünglich zwei thematische Teile, welche beide wiederholt wurden und jeweils nur wenige Takte aufwiesen. Das Menuett entwickelte sich ab 1650 zum europaweiten Gesellschaftstanz, blieb bis Anfang des 19. Jahrhunderts populär und stand in Deutschland oft am Beginn eines Ballabends. Bereits um 1700 hatte das Menuett zudem einen festen Platz in der Suite.

Darunter verstand man eine Zusammenstellung verschiedener Musikstücke in meist gleicher Tonart, aber mit verschiedenen Taktvarianten. Im Rokoko diente die Suite beispielsweise als Abfolge von Tänzen bei gesellschaftlichen Anlässen. Sie gilt als Urform der Variation.

Von Serenaden und anderen Musikstücken

Bei vielen musikalischen Kleinformen ist allerdings eine strikte Abgrenzung nicht möglich. So könnte beispielsweise so manches Divertimento ebenso als Sonatine oder Serenade bezeichnet werden. Unter letzterer versteht man ein Musikstück, welches oftmals als Ständchen zu gesellschaftlichen Anlässen gespielt wurde. Stilistisch ist die Serenade frei von jeder gattungsmäßigen Eingliederung, bis hin zu vokalen oder orchestralen Kompositionen..

Der Begriff Serenade hat gleich mehrfache Bedeutung, denn seine sprachlichen Wurzeln sind nicht ganz klar. Es könnte dem französischen Wort serein oder dem lateinischen serena entstammen, was beides mit "ausgeglichen, heiter, ruhig" zu übersetzen ist. Doch auch das italienische Wort sera (Abend) könnte Einfluss genommen haben, ebenso wie das spanische serenata (Abendmusik, Ständchen). Alle Übersetzungsmöglichkeiten haben ihre Berechtigung, denn tatsächlich wurde die Serenade im 18. Jahrhundert nur unzureichend von Divertimento (also der eher heiter-unterhaltsame Stil) oder Nocturne unterschieden. Letzteres ist der französische Ausdruck für "nächtlich". Im Italienischen gibt es dafür den gleich bedeutenden Begriff Notturno. Diese "Nachtstücke" zeichnen sich durch schwermütige, verträumte Klänge aus.

Die Invention (lat. "Erfindung") hingegen ist weniger romantisch. Sie entstammt dem 16. Jahrhundert und wurde nahezu konstruktiv komponiert. Dazu dienten klangliche Figuren mit zahlreichen Kombinationen und Variationen. Johann Sebastian Bach, der Meister klarer Klangkonstruktionen, schuf 1723 zahlreiche Inventionen, deren lehrstückhafter Charakter heute noch so manchen Klavierschüler zum Schwitzen bringt...

Donky, am 04.11.2018
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