Wie finanziert sich ein Staat wie die Bundesrepublik überhaupt?

Das "Schreckgespenst" Staatsschulden ist immer wieder ein Thema. Vor allem in etwas turbulenteren Zeiten wie der Finanz- und Eurokrise. Zurzeit betragen die Schulden der Bundesrepublik ca. 2100 Milliarden Euro. Eine, wie es scheint, gigantische Summe, die immer wieder dazu benutzt wird, Ängste zu schüren.

Die Haupteinnahmequelle des Staats sind natürlich Steuern, von denen jeder so wenig wie möglich zahlen möchte. Da die Einnahmen aber meistens nicht reichen, müssen Kredite aufgenommen werden. Sind die Taschen leer, sprich die Einnahmen verbraucht ist die Geldbeschaffung das Problem der Finanzagentur GmbH der Bundesrepublik Deutschland. Sitz der Agentur ist, wie sollte es anders sein, Frankfurt das "Mainhatten" Deutschlands. Im Grunde handelt die Finanzagentur GmbH wie eine Bank, indem Mittel auf dem Kapitalmarkt beschafft werden, die dann in den Bundeshaushalt einfließen. Die bekanntesten Anleihen des Bundes sind wahrscheinlich Bundesschatzbriefe, Bundesobligationen, Finanzierungsschätze und langfristige Bundesanleihen. Weniger bekannt ist vermutlich die Tagesanleihe (analog zum Tagesgeldkonto bei der Bank), Schatzanweisungen, US-Dollar-Anleihen. Kaufen kann diese Anleihen Jede(r) von uns (vorausgesetzt man hat als Normalbürger in der heutigen Zeit überhaupt Geld über).
Jetzt wird es etwas spannender. Der Löwenanteil dieser Staatsanleihen wird allerdings von Großinvestoren wie Banken, Versicherungen, Stiftungen gekauft. Da Deutschland zu den besten Gläubigern der Welt gehört (es gab noch nie Zahlungsausfälle für Zinsen und Tilgungen) sind diese Schuldverschreibungen hoch begehrt. 
Schulden bzw. Schuldverschreibungen werden von der Finanzagentur auch versteigert. Werden zum Beispiel 7 Milliarden Euro für den laufenden Staatshaushalt benötigt, kann ein erlauchter Kreis sich an solchen Auktionen beteiligen. Die Termine für solche Versteigerungen werden von der Finanzagentur regelmäßig veröffentlicht. Bei den Bietern handelt es sich um Großinvestoren, wie die bereits genannten Banken, Versicherungen, Stiftungen, eben alles, was über mengenweise Geld verfügt. Die Finanzagentur bietet auf einer solchen Auktion zum Beispiel Bundesobligationen für 7 Milliarden Euro an, bei einer Laufzeit von 5 Jahren und einem Zinssatz von 2,5 %. Eine solche Versteigerung dauert mehrere Stunden und es wird auf die Gebote der Bieter gewartet. Das geschieht natürlich alles am Computer. Niemand steht da und ruft zum ersten, zweiten, dritten...... Es kann durchaus vorkommen das für 7 Milliarden Schuldverschreibungen von allen Bietern gemeinsam vielleicht insgesamt 7,2 Milliarden geboten werden. 200 Millionen sind quasi eine Mehreinnahme, die nicht verzinst und getilgt werden muss. Das hängt mit der guten Bonität Deutschlands zusammen und weil Teile von Geldvermögen einfach möglichst risikolos angelegt werden müssen (Lebensversicherungen!). Gerade in Krisenzeiten wie heute, wo händeringend nach sicheren Anlagen gesucht wird, sind solche Paradoxen nicht unmöglich. - Witwen und Weisen können also nach einer solchen Auktion wieder ruhig schlafen. Die Republik ist wieder liquide. -
Einige Bundeswertpapiere wie Schatzanweisungen, Bundesobligationen, Bundesanleihen können nach dem Kauf an der Börse gehandelt, bzw. verkauft werden. Davon wird von den Besitzern auch nicht selten ausgiebig Gebrauch gemacht. Wie, warum, weshalb wäre aber jetzt zu weit schweifend. 

Staatsschulden - Fluch und Segen zugleich

Grundsätzlich lässt sich sagen, dass die Schulden Deutschlands nichts Ungewöhnliches für eine Industrienation sind. Auch, wenn die Höhe schwindelerregend zu sein scheint. Ein Makel oder etwas Unehrenhaftes sind Staatsschulden ebenso nicht. Wie immer streiten sich gelehrte Geister ob Schulden nun gut oder schlecht sind. Warum? Man stelle sich vor für eine Autobahn (deren Bau nun mal ungemein teuer ist) müsste jahrelang gespart werden. Hier kommt man mit Krediten schneller zum Ziel. Die Verkehrsverbindung kann zügig gebaut werden. Das sichert Arbeitsplätze (= sichere Lohnsteuereinnahmen), verbessert die Infrastruktur (= mehr Investoren (Betriebe) = mehr Beschäftigung = mehr Steuereinnahmen) und gute Verkehrsverbindungen haben einen Vorteil für Alle. Durch höhere Steuereinnahmen kann der Kredit problemlos bedient werden. Es kommt zu einer schnelleren wirtschaftlichen Dynamik.
Sparen über eine längere Zeit für die Autobahn ginge natürlich auch. Ein Bau der Autobahn ohne Schulden zu machen würde langfristig zu höheren Einnahmen führen, die dann dem Gemeinwohl dienen könnten. Allerdings besteht dann die Gefahr, aufgrund der längeren Zeitspanne, im globalen wirtschaftlichen Wettbewerb abgehängt zu werden. Sparen ist also nicht immer unbedingt die beste Möglichkeit, um weiter zu kommen. Das hier genannte Beispiel Autobahn, ist natürlich stark vereinfacht dargestellt und dient nur der Veranschaulichung.
Hinter den Staatsschulden stehen natürlich Werte wie Infrastruktur, bundeseigene Betriebe, Gebäude etc. Außerdem besitzt der Bund Goldreserven (die in diesen Krisenzeiten erheblich an Wert gewonnen haben) und Währungsreserven. Alles dass, steht dem Schuldenberg entgegen.
Kredite aufzunehmen und zu gewähren hat einen Vorteil für beide Seiten, dem Nehmer und dem Geber. Stellen Sie sich vor, sie haben tatsächlich eine Million übrig. Weiter angenommen Sie sind eine ehrliche Haut und lassen das Geld nicht in Steueroasen verschwinden. Plötzlich haben Sie nicht mehr das Problem: wie komme ich über den Monat, sondern haben ein Luxusproblem: wohin mit dem Geld? Vorausgesetzt Sie sind nicht ganz vor den Schrank gelaufen und polstern damit Ihre Matratze und sagen zu den Hausstaubmilben: guten Appetit, werden Sie nach Anlagemöglichkeiten suchen. Sicher würden auch Staatsanleihen in Betracht kommen. Weltweit gesehen haben viele ein solches "Luxusproblem". Liquidität ist da und will irgendwo hin!
Wüsste man aber ganz genau über wirtschaftliche Zusammenhänge Bescheid, könnte man sich den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften sparen........

 Fotos: © Kuscheltier 2012

Kuscheltier, am 15.08.2012
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