60 Künstler und auch einige Künstlerinnen sind hier in Kiel zu finden

Sie zeichnen auf dem bräunlichen Papier der Kriegszeit. Sie malen in Öl ganz kleine Bilder, Farbe ist teuer. Sie halten das Elend, die Angst und das Entsetzen fest, das sie umgibt. Sie zeichnen Soldaten, beim Kampf, auf einem Feldweg, unter Beschuss und in Deckung. Sie zeichnen sie beim Essen, beim Schlafen, im Moment des Todes. Sie haben nur diese eine Möglichkeit, mit dem Entsetzen umzugehen: Indem sie es auf Papier oder Leinwand bannen, nehmen sie ihm damit sicherlich einen Teil seiner furchtbaren Wirkung. Viele der deutschen und auch der französischen Künstler ziehen freiwillig in den Krieg in diesen Jahren. Viele aber tun es nur gezwungenermaßen. Durch diese hohe Zahl an Kriegsteilnehmern sterben dann folgerichtig auch unverhältnismäßig mehr, als in anderen Ländern. So gibt es kaum bedeutende deutsche Künstlervereinigungen oder Künstlerkolonien, die nicht durch die entstandenen Lücken geschwächt wären. 

Drei Generationen, 22 bis 60 Jahre alt, sind hier vertreten

Die Älteren unter den Künstlern halten sich noch streng an die Kunst- und Stilrichtungen, die das 19. Jahrhundert prägen. So gibt es in den vielen Ausstellungsräumen, zeitlich geordnet, den akademischen Realismus, den Impressionismus, den Symbolismus und auch den Jugendstil. Der größere Teil der Ausstellung zeigt aber die überaus lebendige Kunstszene um 1910. Über den Expressionismus und den Fauvismus entwickelt sich die klassische Moderne vom Kubismus über den Futurismus bis hin zur Abstraktion, die dann das gesamte 20.Jahrhundert prägen wird. Aber gezeigt werden auch die neuen Tendenzen des Realismus. 

Die öffentlichen und privaten Leihgeber kommen aus ganz Europa

Nicht nur die in Kiel präsentierten Künstler, sondern auch die öffentlichen und privaten Leihgeber kommen aus ganz Europa: Die Leihgaben stammen von der Tate in London bis zum State Russian Museum in Sankt Petersburg, von der Fundação Calouste Gulbenkian in Lissabon bis zum Moderna Museet in Stockholm. Zur Information hier noch die Namen der vielen, vielen Künstler: Louis Abel-Truchet, Paul Adametz, Anton Albers d.J., Hans Barthelmeß, Josef Berchtold, Benno Berneis, Ernst Bischoff-Culm, Umberto Boccioni, Walther Bötticher, Hanns Bolz, Aroldo Bonzagni, Hans Beppo Borschke, Wladimir Burljuk, Ernst Burmester, Gustav Crecelius, Raymond Duchamp-Villon, Leopold Durm, Hans am Ende, Joë English, Hans Fuglsang, Henri Gaudier-Brzeska, Gustav Gildemeister, Harold Gilman, Hans Gsell, Raymond de la Haye, Franz Henseler, Franz Hofer, Bruno Jacob, Gustav Kampmann, Bohumil Kubišta, Maximilian Kurzweil, Michail Le-Dantju, Wilhelm Lehmbruck, Hans Lesker, Siegfried von Leth, Friedrich Lissmann, Ivan Lönnberg, August Macke, Franz Marc, Wilhelm Morgner, Franz Nölken, Nadežda Petrović, Jindřich Prucha, Waldemar Rösler, Walter Rosam, Olga Rozanowa, Antonio Sant'Elia, Kurt Schäfer, Egon Schiele, Jules Schmalzigaug, Götz von Seckendorff, Rudolf Sievers, Amadeo de Souza-Cardoso, Hermann Stemmler, Hermann Stenner, Hans Sutter, Karl Thylmann, Albert Weisgerber, Konrad Westermayr und schließlich Josef Alfons Wirth.

Ein Großteil der Namen und Werke blieb durch frühen Tod unbekannt

In fast allen Blättern, die Kiel hier so detailliert zeigt, wird deutlich, dass diese jungen Menschen zum Teil eine glänzende Karriere vor sich haben, als sie so abrupt ins Feld ziehen. Viele von ihnen haben in der kurzen Zeit ihres Schaffens Wegweisendes gezeigt. Die Kunsthalle präsentiert anlässlich des Gedenkjahres zum Beginn des ersten Weltkriegs mit dieser Ausstellung einen einzigartigen Querschnitt durch die Vorkriegsmoderne in Deutschland und Europa. Hierin sind Künstler und Künstlerinnen aus zwölf europäischen Nationen zu sehen, von denen allerdings nur einige Namen in Deutschland und international im Gedächtnis geblieben sind. Andere wiederum sind nur in ihrer engeren Heimat ein Begriff. Der Großteil der Namen und Werke blieb durch den frühen Tod bisher nahezu unbekannt.

Nur noch bis zum 08. Februar 2015 ist diese Ausstellung in Kiel zu sehen

So wünschenswert es auch wäre, bisher ist es nicht geplant, dass die Bilder und Zeichnungen auch in anderen Städten gezeigt werden. So bleibt nur für alle, die es nicht schaffen, noch nach Kiel zu kommen, der Katalog zur Ausstellung: 

Herausgeber: Peter Thurmann, Anke Dornbach, Anette Hüsch
247 Seiten, 180 Farbabbildungen
ISBN 978-3-7319-0134-1 (Buchhandelsausgabe)
ISBN 978-3-937208-45-9 (Museumsausgabe)
Michael Imhof Verlag, Petersberg
Deutsch / Englisch, 28,- €.

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