STREIK - Mittel zur Durchsetzung von Forderungen
Jedes Jahr aufs Neue das gleiche Spiel. So haben die Kunden von Fluggesellschaften, öffentlichen und privaten Verkehrsgesellschaften, Post, Handel und anderen Bereichen immer wieder zu leiden.Das Streikrecht ist im Grundgesetz (GG) verankert
Im Grundgesetz (GG) Art. 9 Abs. 3 heißt es:
"Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet. Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig, hierauf gerichtete Maßnahmen sind rechtswidrig. Maßnahmen nach den Artikeln 12a, 35 Abs. 2 und 3, Artikel 87a Abs. 4 und Artikel 91 dürfen sich nicht gegen Arbeitskämpfe richten, die zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von Vereinigungen im Sinne des Satzes 1 geführt werden."
Darunter fällt auch das Streikrecht. Das wurde mit der Grundsatzentscheidung des Bundesarbeitsgerichtes (BAG) vom 16.06.1980 (1 AZR 822/79) bestätigt. Streikmaßnahmen, die durch Gewerkschaften initiiert werden, sind somit also grundsätzlich abgesichert. Lediglich bei nicht gewerkschaftlich organisierten Streiks können Arbeitgeber mit Maßnahmen wie Abmahnung und Kündigung gegen die Streikenden vorgehen. Dennoch versuchen Arbeitgeber immer wieder, sich gegen die Streikmaßnahmen zur Wehr zu setzen.
Streikrecht nur für Gewerkschaftsmitglieder?
In dem Bereich, für den zum Streik aufgerufen wurde, können alle betreffenden Arbeitnehmer mit in den Streik treten, müssen es jedoch nicht. Natürlich gibt es für die nicht geleistete Arbeit auch keine Lohnfortzahlung von den Arbeitgebern. Dafür erhalten Gewerkschaftsmitglieder eine Ersatzzahlung aus der Gewerkschaftskasse. Nichtmitglieder müssen diesen Ausfall selbst tragen und stehen auch nicht unter dem Rechtschutz der Gewerkschaft, wenn Streitigkeiten mit dem Arbeitgeber wegen des Streiks auftreten. Andererseits müssen sie Verhöhnungen von Streikenden in Kauf nehmen, wenn sie als "Streikbrecher" trotz angesagtem Streik ihrer Arbeit nachgehen.
Das Recht der Kunden
Im Bahnverkehr kann der Reisende bei Ausfall seines Zuges, für das er ein Ticket gekauft hat einen anderen Zug zu seinem Reiseziel nehmen, auch wenn die Fahrkarte für den gewählten Ersatzzug normalerweise teurer wäre. Das gilt auch für Fahrgäste mit Fahrkarten aus Sonderangeboten, wie zum Beispiel Sparpreis- oder Wochenendticket. Tritt er aufgrund des Streiks die Reise nicht an, hat er Anspruch auf Rückerstattung des Fahrpreises und der eventuell bezahlten Reservierungskosten. Besitzer von Zeitkarten können sich den anteiligen Fahrkartenpreis erstatten lassen. Ersatz für ein verpasstes Flugzeug aufgrund ausgefallener oder verspäteter Züge gibt es jedoch nicht. Ein rechtlicher Anspruch auf eine Entschädigung oder Übernahme der Kosten für ein Taxi besteht nicht. Es kann sich jedoch rentieren, einfach bei der Bahn nachzufragen. Manchmal erhält man aus Kulanzgründen eine Entschädigung.
Verspätung des Flugzeugs wegen Streik
Grundsätzlich gibt es auch bei Flugausfällen aufgrund von Streiks keinen rechtlichen Anspruch auf Entschädigung für die Passagiere, da Streik bei den Fluggesellschaften als höhere Gewalt zählt, für die ihnen kein Verschulden angelastet werden kann. Das entschied der Bundesgerichtshof (BGH) mit dem Urteil vom 12.06.2014, Az.: X ZR 104/13.
Für den weiteren Verlauf einer gebuchten Reise kommt es darauf an, wer streikt, die Fluglotsen, die Piloten, das Flugpersonal oder das Flughafenpersonal. In der Regel wird sich die Fluggesellschaft darum bemühen, einen Ersatzflug bei Streik der Piloten oder des Flugpersonals oder einen Ersatzflughafen bei Streik der Fluglotsen oder des Flughafenpersonals zu finden, wenn ein längerer Streik angekündigt ist. Passagiere haben Anspruch auf einen späteren Flug oder können vom Reisevertrag zurücktreten und den Reisepreis zurückfordern, wenn die Verspätung mehr als fünf Stunden beträgt. Je nach Strecke und Verspätungsdauer haben sie Anspruch auf Betreuung bis hin zur Hotelübernachtung.
Pauschalreisende können nur vom Reisevertrag zurücktreten und den Reisepreis zurück verlangen, wenn eine erhebliche Verspätung besteht. Eine Minderung des Reisepreises ist ab einer Verspätungsdauer von mindestens vier Stunden möglich. Fallen Reisetage aus, müssen diese erstattet werden. Die Kosten für eine Verlängerung der Pauschalreise sind von den Reisenden selbst zu tragen.
Bei der Arbeitsleistung von Berufstätigen handelt es sich um eine Bringschuld. Das "Wegerisiko" liegt voll beim Arbeitnehmer. Das bedeutet, dass der Arbeitnehmer auf jeden Fall verpflichtet ist, auf seiner Arbeitsstelle zur Verrichtung seiner Arbeit pünktlich zu erscheinen. Ein Streik oder die Verspätung von öffentlichen Verkehrsmitteln zählt für ihn nicht als höhere Gewalt, die einen Arbeitnehmer daran hindert, seine Arbeit aufzunehmen. Es wird ihm zugemutet, einen Ersatz für seinen Berufsweg zu finden. Ist abzusehen, dass er sich verspäten wird, sollte er das zumindest rechtzeitig seinem Arbeitgeber melden, was im Zeitalter der Handys kein Problem sein dürfte. Die verpasste Arbeitszeit ist von ihm nachzuholen. Manche Arbeitgeber genehmigen auch kurzfristig einen Tag Urlaub, wenn ein Streik angesagt ist und der Mitarbeiter kein Auto und einen längeren Weg zu seiner Arbeitsstätte hat.
Den letzten Urlaubstag als Rückflugtag zu wählen birgt ein großes Risiko für den Arbeitnehmer. Kommt er wegen eines Streiks am Flughafen nicht rechtzeitig zurück und kann deshalb nicht an seinem Arbeitsplatz erscheinen, muss er seinen Arbeitgeber darüber unverzüglich informieren. Auch über die voraussichtliche Dauer, damit der Arbeitgeber besser planen kann. Tut der Arbeitnehmer das nicht, riskiert er eine Abmahnung. Im Wiederholungsfall droht ihm sogar die Kündigung. Eine Lohnfortzahlung für die Fehltage steht ihm nicht zu, es sei denn, er hat noch Urlaubstage zur Verfügung und bittet seinen Arbeitgeber um eine Verlängerung des Urlaubs.
Was ist, wenn das Kindergartenpersonal streikt?
Vor einer großen Herausforderung stehen Eltern, wenn der Kindergarten bestreikt wird. Vom Arbeitgeber kann nicht verlangt werden, Fehltage wegen der Kinder von Angestellten zu bezahlen. Während bei Krankheit eines Kindes die Krankenkasse den Arbeitgeber entlastet, sind weitere unvorhergesehene Ereignisse, wie ein Streik in der Kindertagesstätte nicht vorgesehen. Eltern stehen hier in der Verantwortung, rechtzeitig bei Ankündigung eines Streiks eine Kinderbetreuung zu finden, damit sie ihre Pflicht aus dem Arbeitsvertrag erfüllen können.
Nur wenige Vorgesetzte werden zustimmen, ein Kind mit zur Arbeitsstätte bringen zu dürfen, da dies den Betriebsablauf erheblich stören kann und oft auch mit Gefahren für das Kind verbunden ist. Der Arbeitgeber kann Urlaub wegen des Streiks genehmigen, muss es aber nicht. Ganz und gar, wenn dringende betriebliche Gründe dagegen sprechen. Bei Verspätung oder Nichterscheinen des Arbeitnehmers könnte er sogar nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) §§ 280 Abs. 1, 3, 283, 311 a Abs. 2 eine Schadensersatzleistung verlangen.
Weit weniger große Auswirkungen auf die Kunden haben Streiks bei Händlern oder Versandbetrieben. Hier müssen Kunden nur ihre Einkäufe vorher oder hinterher erledigen oder auf die Zustellung einer Sendung etwas länger warten.
Übrigens dürfen Beamte nicht streiken, da sie einen Treueschwur gegenüber ihrem Land geleistet haben. Kirchlichen Angestellten ist das Streiken seit dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 20.11.2012 in Erfurt (1 AZR 179/11, 1 AZR 611/11) in Ausnahmefällen erlaubt, wenn die Gewerkschaft mit einbezogen ist. Tarifverhandlungen werden aber zum größten Teil über den "Dritten Weg" (paritätisch ausgewählte Mitarbeiter der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite) geführt. Der Dritte Weg schließt jedoch weiterhin Arbeitskampfmaßnahmen wie Streik und Aussperrung aus. Wird über den Dritten Weg keine Einigung erreicht, muss die Schlichtungsstelle mit einbezogen werden.
Quellen:
Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen
Deutsche Bahn
ver.di
Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) §§ 280 Abs. 1, 3, 283, 311 a Abs. 2
Urteil des Bundesgerichtshofs vom 12.06.2014, Az.: X ZR 104/13
Grundsatzentscheidung des Bundesarbeitsgerichtes (BAG) vom 16.06.1980 (1 AZR 822/79)
Bildquelle:
I. Ajerrar
(Mit Gelassenheit das Leben meistern)
I. Ajerrar
(Wenn der Urlaub zum Albtraum wird - Anspruch auf Preisminderung)