Vor "Akte X" waren "The Outer Limits"

Let's do the plot twist!

"Akte X" war die erste große Mysteryserie im Fernsehen, richtig? Nicht ganz Mit "The Outer Limits" legte der US-Fernsehsender ABC den Grundstein zu jenem Genre, das die Popkultur der 1990er-Jahre entscheidend prägen sollte. Mit bescheidenen technischen Mitteln realisiert, dafür clever inszeniert, erfüllten die oftmals in einem plot twist endenden Episoden die Sehnsucht nach modernen Mysterien und verliehen dem grauen Alltag einen Hauch des Geheimnisvollen. Autoren wie Stephen King erinnerten sich später mit glänzenden Augen an ihre Jugendtage vor der Flimmerkiste, wo sie mit "The Outer Limits" aufwuchsen.

Dreißig Jahre später erfolgte eine Neuauflage der Kultserie. Insgesamt 154 Folgen wurden aus Kostengründen – übrigens gleich "Akte X" – in Kanada produziert. Das Ergebnis konnte und kann sich mehr als nur sehen lassen: Auch die Neuauflage "The Outer Limits" überzeugt mit vielen faszinierenden, abwechslungsreichen Geschichten und führt den Zuschauer mitunter an der Nase herum. Zart besaitete Gemüter seien jedoch gewarnt: Was auf den ersten Blick wie Unterhaltung für die ganze Familie aussehen mag, hält oftmals einige makabre Szenen bereit, die nicht unbedingt für Kinder geeignet sind.

 

Die Episode "Sandkönige"

Ein Beispiel hierfür liefert bereits die erste Folge "Sandkönige": In der Doppelfolge findet Dr. Kress (Beau Bridges) Beweise für außerirdisches Leben in einer Marsprobe. Nachdem er erfahren hat, dass sein Forschungsprojekt eingestellt werden soll, beschließt er, das Projekt privat fortzuführen. Ehe die in der Marsprobe enthaltenen Eier vernichtet werden, schmuggelt er sie außer Labor. Zuhause errichtet er für die Lebensform ein Terrarium, das den schlüpfenden Bewohnern, die er "Sandkönige" nennt, rasch zu klein wird. Diese zeichnen sich durch eine ungewöhnliche Intelligenz nach, die sie befähigt, jedwedes Objekt mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln nachzubauen. Was zunächst liebenswert und harmlos erscheint, entpuppt sich aber als Gefahr für Kress, seine Familie und schließlich die gesamte Menschheit.

Die Episode "Sandkönige" zeichnet sich sowohl durch bekannte Schauspieler wie eben Beau Bridges, seinen Vater Lloyd Bridges und Helen Shaver, als auch die dramaturgisch geschickt aufgebaute, sich langsam zum Science-Fiction-Horror entfaltende Geschichte. Der Klischeefigur des sich wahnhaft in seine Arbeit vertiefenden Wissenschaftlers werden nachvollziehbare Motive auf den Leib geschrieben – dies kann als durchaus ungewöhnlich im Genre angesehen werden!

Doch auch die meisten anderen der zwischen 1995 und 2001 produzierten Episoden von "The Outer Limits" wissen mit spannender Unterhaltung zu punkten und machen die Fernsehserie zum modernen Klassiker.

 

Geniale "The Outer Limits"-Episode "Krieg der Planeten"

Herausragend in der Staffel 1 und zugleich wohl eine der besten Science-Fiction-Episoden überhaupt ist die Folge "Krieg der Planeten", deren englischer Originaltitel "Quality of Mercy" weitaus passender gewählt wurde. Robert Patrick, der T-1000 aus "Terminator 2 – Tag der Abrechnung", verkörpert Major Skokes, der von mit der Menschheit Krieg führenden Außerirdischen gefangengenommen und in eine isolierte Zelle gesteckt wurde. Seine Hoffnungen auf Befreiung stehen gleich Null: Niemand weiß, wo er sich befindet. Eines Tages erhält er mit der hübschen Bree (Nikki de Boer) eine Zellengefährtin. Die ebenso junge, wie in vielen Belangen unerfahrene Bree erklärt dem entsetzten Major Skokes, dass die Außerirdischen sie in eine von ihnen verwandeln wollen. Zum Beweis zeigt sie ihm ihren Arm, der bereits unmenschliche Züge angenommen hat. Skokes setzt nun alles daran, sowohl ihm, als auch Bree die Flucht zu ermöglichen. Doch er rechnete nicht mit der ausgeklügelten Hinterlistigkeit seiner Feinde …

Anders, als es der deutsche Titel vermuten lassen könnte, ist in "Krieg der Planeten" von den kriegerischen Aktionen nichts zu sehen. Der gesamte Konflikt wird lediglich in Dialogform abgehandelt. Zudem spielt fast die gesamte Episode in einer einzigen Zelle und neben Skokes und Bree gibt es keine weiteren menschlichen Figuren. So minimalistisch das Setting anmuten mag: Die Geschichte ist unnachahmlich spannend und berührend inszeniert.

Hier stehen keine Weltraumschlachten im Vordergrund, sondern das tragische Schicksal zweier unterschiedlich Menschen, die einander mehr brauchen, als dies ihr Gegenüber erahnen könnte. Die geniale Schlusspointe dieser "The Outer Limits"-Episode setzt dem Ganzen die inszenatorische Krone auf. Dabei kommt dieser plot twist weder aus heiterem Himmel, noch widerspricht er der Geschichte, wie dies ärgerlicherweise in vielen Filmen der letzten Jahre der Fall war, sondern er wirft einen völlig neuen Blickwinkel auf die Geschehnisse und ist durchaus stimmig. Vor allem aber wird er dem Zuschauer unvergesslich bleiben.

"The Outer Limits" bietet trotz einiger schwächerer Episoden eine Vielzahl gelungener Folgen und unterhält auf ungewöhnlich hohem Niveau. Durch die abwechslungsreichen Schauplätze und Figuren stellt sich zudem kein Abnutzungseffekt wie bei "Akte X" ein. Die erste Staffel "The Outer Limts" überzeugt durch viele spannende Geschichten und eignet sich als modernes Sandmännchen für erwachsene Zuschauer – süße Alpträume inklusive …

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