Touristenfalle Polen

The Shrine (2010): Kanadischer HorrorfilmNachdem sie eine Story vermasselt hat, fällt Journalistin Carmen (Cindy Sampson) bei ihrem Redakteur in Ungnade. Verbissen sucht sie nach einer Möglichkeit, die Schmach auszumerzen - sehr zum Missfallen ihres Lebensgefährten Marcus (Aaron Ashmore), der sich zurückgesetzt fühlt. Eines Tages scheint sich die ersehnte Gelegenheit auf eine heiße Story zu ergeben, als zum wiederholten Male ein US-Tourist im polnischen Dorf Alvania spurlos verschwindet.

Carmen überredet Marcus und ihre beste Freundin, die Praktikantin Sara (Meghan Heffern), vor Ort das Verschwinden der Touristen aufzuklären. Den Amerikanern wird von Beginn weg Misstrauen und offene Feindseligkeit entgegengebracht, was die Nachforschungen nicht gerade vereinfacht. Als die drei jungen Leute aber einen geheimnisvollen Nebel entdecken, überschlagen sich die Ereignisse. Insbesondere, nachdem Carmen und Sara wider Marcus' Warnungen in den Nebel hineingehen und dort eine abscheuliche Götzenstatue entdecken. Fortan sind die Dorfbewohner hinter ihnen her und wild entschlossen, sie auf einem heidnischen Altar zu opfern...

Einer der besten Horrorfilme 2010

Pol(l)enallergie
Welches Geheimnis verbirgt das Dorf?Es muss nicht immer die Slowakei ("Hostel"), Transsilvanien ("Dracula") oder das amerikanische Hinterland ("The Hills Have Eyes", "Wrong Turn", etc.) sein. Das Grauen kann für US-Touristen auch mitten in Polen lauern! Jon Knautz, der mit der Horrorkomödie "Jack Brooks: Monster Slayer" 2007 einen Überraschungshit landete, präsentiert in seinem 2010 inszenierten Horrorfilm "The Shrine" Genreware der alten Schule. Eine Gruppe ahnungsloser junger Menschen wird in einem abgelegenen Kaff mit einer bedrohlichen Macht konfrontiert. Mehr bietet der Streifen im Grunde nicht, und mehr benötigt es auch nicht, um einen durchwegs spannenden Film mit Mystery-Touch zu drehen.

Manche Rezipienten erachten den langsamen Einstieg als Schwachpunkt des Films. Dieser Meinung schließt sich der Rezensent nicht an. Ganz im Gegenteil: Die Protagonisten Carmen und Marcus werden kurz und prägnant charakterisiert: Sie ist eine ehrgeizige Journalistin, die einen beruflichen Rückschlag nicht verwinden kann und alles daran setzt, diesen Schandfleck auszumerzen; Ihr Lebenspartner leidet darunter, dass sie ihr ganzes Leben darauf ausrichtet, ganz groß rauszukommen. Dazwischen wird die mit Carmen befreundete Praktikantin Sara aufgerieben, die sch der nur wenige Jahre älteren Vorgesetzten bedingungslos ausliefert und ihr bis ans Ende der Welt folgen würde.

 

The Shrine: Atmosphäre, statt Blutorgien
Benebelte Spurensuche: The Shrine (2010)Nun: Bis ans Ende der Welt geht die Reise zwar nicht. Aber Polen ist für einen US-Amerikaner wohl immer noch so etwas wie kommunistisches Feindesland und wird entsprechend düster porträtiert. Die Landschaftsaufnahmen sind von bedrückender Schwermütigkeit, ebenso wie die Dorfbewohner, von denen nur wenige zumindest ein paar Brocken Englisch beherrschen. Freilich sollte der Zuschauer darüber hinwegsehen, dass "The Shrine" in Kanada mit einheimischen Schauspielern gedreht wurde, die sich auf Polnisch unterhalten. Wie gut sie die polnische Sprache beherrschen, kann der Autor nicht beurteilen - er hofft aber, dass dieses besser ausfällt als jenes Kauderwelsch, das in vielen amerikanischen Filmen als Deutsch verkauft wird.

Nach der Ankunft im fiktiven Dorf Alvania nimmt der Film denn auch so richtig Fahrt auf. Das aggressive Gebärden vieler Bewohner ist natürlich ein Indiz dafür, dass sie genau wissen, was mit den amerikanischen Rucksacktouristen geschehen ist. Nur ein schüchternes Mädchen scheint den Fremden wohlgesonnen und unterstützt sie bei der Suche nach den Vermissten. Dichte Nebelwände und insbesondere die Götzenstatue sind klassische Horrormotive, die der unheimlichen Atmosphäre zuträglich sind.

 

Einziger Schwachpunkt: Der Showdown
Das anfangs sanfte Gruseln schlägt im Laufe des Films in genretypischen Horror um. Eine Szene, in der die beiden Frauen geopfert werden sollen, sollte auch Splatterfreunde zufriedenstellen. Insgesamt betrachtet setzt "The Shrine" aber meist auf subtilen Horror und regt die Neugierde des Zuschauers beständig an, der unbedingt erfahren möchte, was es mit dem Dorf wohl auf sich hat. Gerade die Auflösung des Rätsels erweist sich als Schwachpunkt der Story. Regisseur Jon Knautz schlägt dabei nämlich einen Twist-Haken zu viel und bringt seinen Film ins Stolpern. Zeichnet sich "The Shrine" bis zum Showdown noch durch Atmosphäre und einige originelle Einfälle aus, so rutscht der Streifen in den letzten Minuten in konventionelle Bahnen ab und hinterlässt einen schalen Nachgeschmack. Das Finale erweckt den Eindruck, Knautz, der auch für das Drehbuch verantwortlich war, hätte den Faden verloren und nicht gewusst, wie er dem Film einen würdigen Abschluss verleihen könnte.

Abgesehen vom enttäuschenden Showdown bietet sein Film aber spannende, gut inszenierte Unterhaltung ohne unnötige Längen oder die im Horrorgenre fast schon unabdingbaren "Teenies quatschen Blödsinn und nerven den Zuschauer"-Szenen. Hin und wieder stellt man zwar die Handlungen der Protagonisten in Frage. Andererseits: Wer weiß schon, wie man sich selbst in derlei Situationen verhalten würde? Mit einigen sattsam bekannten Klischees muss sich der Zuschauer einfach abfinden, wobei diese den Erzählstrom nicht behindern.

Fazit nach knapp anderthalb Stunden: Mit "The Shrine" liefert Jon Knautz einen über weite Strecken hinweg unkonventionellen, flüssig inszenierten Horrorfilm ab und beweist, dass man auch mit einem geringen Budget (rund 1,5 Millionen Dollar) einen beachtlichen Film produzieren kann. Positiv stechen außerdem die Schauspieler heraus, allen voran Cindy Sampson und Feschak Aaron Ashmore, die beide ihre Rollen glaubwürdig verkörpern.


Horrorfans können unbesehen zugreifen und werden angenehm überrascht sein von dieser kanadischen Billigproduktion.

Originaltitel: The Shrine

Regie: Jon Knautz

Produktionsland und -jahr: Kanada, 2010

Filmlänge: ca. 84 Minuten

Verleih: WVG Medien GmbH

Deutscher Kinostart: -

FSK: Ab 18 Jahren

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