Ulrich Seidls neuster Streich: "Die Paradies Trilogie"
Spätestens seit seinem Spielfilmdebüt "Hundstage" im Jahre 2001 ist Ulrich Seidl über die Grenzen hinaus bekannt. National wie international irritieren seine Werke das Publikum."Paradies: Liebe"
Schon in den 80-Jahren des letzten Jahrhunderts thematisierte die österreichische Band EAV in ihrem Lied "Samurai" das Phänomen Sextourismus. "Herr Mayer fährt im Urlaub nur nach Bangkok oder Singapur" trällerte die EAV und nahm sich in ihrer gewohnten humoristischen Art der Thematik an. Daß aber auch Frau "Mayer" mitunter in einer ähnlichen Art, zu urlauben pflegt ist bis heute ein Tabuthema. Ulrich Seidl, Großmeister in filmischer Verarbeitung eben solcher Themen, widmet sich im ersten Teil seiner Paradies Trilogie dem von Frauen in Anspruch genommenen Sextourismus. Schauplatz: Touristenhochburg an der Küste Kenias. Die Hauptprotagonistin Theresa (Margarethe Tiesel) , eine in die Jahre gekommene und übergewichtige alleinstehende Österreicherin verbringt ihren Urlaub mit Freundin Inge eben dort. Angestachelt von Freundin Inge, die lockere Moralvorstellungen vertritt, und hungrig nach Liebe und körperlicher Nähe, beginnt Theresa eine Affäre mit einem der unzähligen Beachboys, die am Strand neben der an solchen Orten herkömmlichen Ware, ein anderes Gut feilbieten, sich selbst. Mit den für Seidl typischen starren und überlangen Kameraeinstellungen gerade bei peinlich berührenden Szenen führt der Regisseur den Zuschauer an die Grenze des Zumutbaren. Daß, bei dem von Frauen konsumierten Sextourismus, Sex der Suche nach Zuneigung untergeordnet wird, setzt Seidl filmisch gekonnt um. Die vom Kampf ums Überleben getriebenen Beachboys sind ebenso so Suchende wie die liebeshungrigen Europäerinnen. Nur suchen sie jeweils nach etwas anderem. Auf der Strecke bleiben am Ende beide. Die Beachboys bleiben ausgebeutet zurück und die Europäerinnen kehren ihre Sehnsüchte nur bedingt oder gar nicht erfüllt in ihr oft kleinbürgerliches Leben zurück.
"Paradies: Glaube"
Im zweiten Teil von Ulrich Seidls Paradies Trilogie verbringt Anna Maria, Theresas Schwester - dargestellt von Maria Hofstätter- ihren Urlaub damit ihre Mitmenschen zu missionieren. Mit einer Wandermuttergottes ausgerüstet zieht sie von Haus zu Haus mit der Aufforderung Buße zu tun und in den Schoß der katholischen Kirche zurückzukehren. Die Protagonistin, enttäuscht und verbittert von der irdischen Welt, flüchtet in eine wahnhafte Frömmigkeit. Die Szene in der Anna Maria an sich "Hand anlegt" und dabei ein Kruzifix zum Vibrator umfunktioniert ist nur einen von unzähligen verstörenden Sequenzen des Filmes. Als Anna Marias Ehemann, ein aus Ägypten stammender gläubiger Moslem, der an den Rollstuhl gefesselt ist, zu ihr zurückkehrt, entfacht ein religiös motivierter Rosenkrieg, der seinesgleichen sucht. Paradies Glaube wurde im August bei den Filmfestspielen in Venedig uraufgeführt und bescherte Seidl neben dem Spezialpreis der Jury, eine Anzeige wegen Blasphemie, eingebracht von der konservativen katholischen Organisation "NO 194". Ebenso angezeigt wurden die Hauptdarstellerin Maria Hofstätter, sowie die Veranstalter des Filmfestivals
Ulrich Seidl und die Viennale 2012
Die Österreich Premiere für die ersten beiden Teile von Seidls Paradies Trilogie waren innerhalb des Viennale Filmfestivals geplant. Aufgrund von Differenzen mit dem Festivaldirektor Hans Hurch hinsichtlich des Austrahlungstermines hat Ulrich Seidl seine Filme zurückgezogen. Die Ausstrahlung um 18 Uhr, also im Vorabendprogramm, war Seidl zu früh. Somit findet die Österreich Premiere von "Paradies: Liebe" vorrausichtlich im November und die Österreich Premiere von "Paradies: Glaube" im Frühjahr 2013 statt. Der dritte Teil " Paradies: Hoffnung" befindet sich noch in Produktion.
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(Horrorfilme: Nach wahrer Begebenheit oder frei erfunden?)