Urlaub im Kloster Königsmünster
Zu meinem ersten Urlaub im Kloster kam ich wie die Jungfrau zum Kind: ohne mein bewusstes Zutun. Der zweite war dann reine Absicht.Das Kloster Königsmünster
Weithin sichtbar liegt die Abtei Königsmünster auf einem Hügel über der Stadt Meschede. Die Kirche mit ihrer klaren, symbolhaften Formensprache ist Christus als König der Welt geweiht; in seine Krone sind neben Edel- und Halbedelsteinen auch Steine von allen Kontinenten eingearbeitet, ein Stein aus Hiroshima, ein Komet, sogar ein Bröckchen Mondgestein.
Kloster Chorin in the Snow (Bild: 6801933)
Wie ein großes Schiff unter vollen Segeln beherrscht die Klosterkirche aus rotem Backstein mit ihren beiden Türmen das Stadtbild. Wer hier einkaufen oder unter Menschen gehen will, muss den Hügel hinabsteigen.
Inzwischen ist ein neues Gästehaus erbaut worden, das Haus der Stille mit 20 Zimmern, mit Speiseraum und Konferenzräumen. Als ich damals hinkam, wurde ich zu einem einfachen weißen Haus inmitten einer Apfelwiese geführt, auf der manchmal Kühe grasten. Wenn ich aus meinem Zimmerfenster sah, kam ich mir nicht vor, als sei ich in einer Stadt, sondern fühlte mich in ein entlegenes kleines Dorf versetzt.
Ein Dutzend Menschen mag in diesem Haus Platz finden. Es wird Arche genannt und ist zum Glück nicht abgerissen worden.
Zu den Mahlzeiten gingen wir wenigen Gäste ins Klostergebäude hinüber, wo wir einen kleinen Speisesaal für uns hatten. Zwei junge Männer lebten als Besucher im Kloster. Zum Frühstück und zum Nachmittagskaffee stießen sie zu uns, die anderen Mahlzeiten nahmen sie mit den Mönchen gemeinsam ein - denn ihr Programm hieß nicht Urlaub im Kloster, sondern Kloster auf Probe. Sie wollten ernsthaft herausfinden, ob ihnen das Klosterleben zusagen könnte. Sie lebten im Klausurbereich und nahmen am Tagesablauf der Mönche teil.
Für die anderen Gäste war einer der Mönche zuständig, Gästepater Johannes, der uns bei der Ankunft begrüßte und bei Bedarf zu seelsorgerlichen Gesprächen zur Verfügung stand.
Herr, öffne meine Lippen! - Das Stundengebet
Allmorgendlich versammeln sich die Mönche in der Kirche, in dem ihnen vorbehaltenen Bereich vor der Chorschranke, und das sind die ersten Worte, die sie nach dem nächtlichen Schweigen singen: "Herr, öffne meine Lippen / damit mein Mund Dein Wort verkünde!"
Dieses erste Gebet am frühen Morgen, die Vigil, findet in Königsmünster um halb sechs Uhr früh statt. Ich muss zugeben, manchmal habe ich es verpasst. Obwohl ich diese Eröffnung des Tages wunderschön fand.
Diesem ersten Gebet schießen sich vier weitere an, von der Laudes um 6.45 Uhr bis zur Komplet um 20 Uhr 15. Alle 150 Psalmen der Bibel werden innerhalb einer Woche in diesen fünf täglichen Gebetszeiten gesungen; in manchen Klöstern auf latein, in Königsmünster auf deutsch.
Vespers at Abu Gosh Benedictine Monastery, Israel, Middle East (Bild: 8745412)
Jeder Psalmvers besteht aus zwei Zeilen, die von den Chören zu beiden Seiten des Altars abwechselnd gesungen werden, in einem langsamen, getragenen Rhythmus und ohne große melodiöse Abwechslung.
"Ich habe bei den Gregorianischen Gesängen erlebt, wie man durch diese Methode der inneren Sammlung in sein eigenes Zentrum, ins Göttliche hineingezogen wird", schreibt Wayne Teasdale in seinem Buch "Das mystische Herz", und: "Es ist eine äußerst verlockende und effektive Methode der Bewusstseinsveränderung und kann eine überwältigende kontemplative Erfahrung sein."
Ein Marienlied bildet den Abschluss der Komplet, und danach sollte eigentlich den Regeln des heiligen Benedikt zufolge Schweigen herrschen. Heute finden jedoch auch oft gesellige Abende im Kloster statt, bei denen die Mönche miteinander fernsehen oder Karten spielen oder einfach plaudern.
Monk Praying (Bild: Vincenzo Balocchi)
Wer diese Musik fünfmal am Tage singt oder hört, dem geht der Rhythmus ins Blut über. Er wird ruhig und gelassen und es fällt geradezu schwer, sich über etwas wirklich zu ereifern und aufzuregen.
Für jeden Mönch kommen noch seine individuellen Gebetszeiten hinzu. Auch ich habe meine ersten drei Tage im Kloster mit Tagebuchschreiben und Lesen verbracht. Aber danach wurde ich dann unruhig; offenbar bin ich kein kontemplativer Mensch.
Auch der heilige Benedikt hielt nicht viel von ganztägiger Kontemplation. Sein Programm heißt "Ora et labora" - bete und arbeite! Er wollte, dass das Gebet und die Arbeit gleichberechtigt Hand in Hand gehen. Nur über den täglichen Gottesdienst sagt er, dass nichts darübergehen sollte.
Ora et labora - Bete und arbeite!
Ich begann mich zwischen den Mahlzeiten und den Stundengebeten auf dem Klostergelände herumzutreiben. Dabei fand ich ausgedehnte Gemüsegärten, aus denen sich die Abtei selbst versorgt. Auch Vieh wird hier gehalten. Das Kloster hat eine eigene Schmiede und eine Schreinerei, eine Weberei und eine Schneiderei für den Eigenbedarf, und aus den Äpfeln der Obstwiese wird Most gekeltert. Wie in den finstersten Jahren des Mittelalters, als Klöster Horte antiken Wissens waren, versorgt die Abtei sich selbst.
Manchmal kam ich mir vor wie in einer Landkommune; zumal die Mönche außerhalb von Gottesdienst und Stundengebet nicht unbedingt in ihrem Ordenshabit umherlaufen. Nur die Rezitation der Psalmen, deren Rhythmus sich durch den Tag zieht, macht einen Unterschied. Das Leben ist hier getragen von Ruhe, von dem Gleichgewicht zwischen Arbeit und Gebet.
Die Oase
Dann fand ich bei meinen Streifzügen heraus, dass das niedrige Gebäude im Klosterhof aus den roten Klinkersteinen eine Art Jugendherberge ist, die sogenannte Oase. Hier werden Seminare veranstaltet, die Jugendlichen wohnen in Mehrbettzimmern und haben ihren eigenen Speisesaal. Außerdem wird eine andere Art von Urlaub im Kloster angeboten unter der Bezeichnung Ora et Labora: Drei Stunden Mithilfe täglich gegen eine ermäßigte Gebühr. Dem habe ich mich spontan angeschlossen und in meinen letzten Tagen im Kloster Unkraut gejätet.
Meinen zweiten Urlaub im Kloster habe ich dann in der Oase verbracht.
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Urlaub im Kloster Königsmünster
Inzwischen ist das neue Gästehaus gebaut worden, das Haus der Stille, und auch dort finden Seminare statt. Die Palette reicht von kontemplativen Exerzitien, Zen-Meditation und Trauerarbeit bis zu Tai Chi, Qi Gong und Ikebana.
Aber auch Einzelgäste sind nach wie vor willkommen, man kann immer noch in der alten Arche inmitten von Apfelbäumen wohnen; und wer will, kann unter der Anleitung des Gastpaters seine eigenen kontemplativen Exerzitien abhalten.