Allerweltsvogel? Von wegen!

Na ja, zugegeben: Ein bisschen stimmt das schon. Denn tatsächlich ist der Star in aller Welt verbreitet, gehört damit wie die Ratte zu den "erfolgreichsten Global Player[s]" - so beschreiben ihn Ernst Arendt und Hans Schweiger in Wer ist der Superstar? Vogelstimmen - einmal anders präsentiert)

Der Star kann sich wunderbar anpassen und kommt in den unterschiedlichsten Lebensräumen zurecht. Inzwischen hat er sich – mit etwas menschlicher Hilfe - über den gesamten Erdball verbreitet.

Was aber nicht immer ganz unproblematisch ist: In Nordamerika hat sich der Star längst so stark vermehrt, dass er andere höhlenbrütende Vögel wie Spechte aus deren ursprünglichem Lebensraum verdrängt und großen Schaden in der Landwirtschaft anrichtet. 

Das Online-Magazin Spektrum liefert dazu auch die passende Erklärung: Schlauheit siegt! Sein großes Gehirn hilft dem Star dabei, bei Bedarf neue Fähigkeiten zu entwickeln und sich so auch an fremde Lebensräume anzupassen. 

Darf ich vorstellen? Die Sturnidae ...

Sturnidae heißt die Familie, zu der auch "unser" Star gehört. Sie umfasst etwa 100 Arten und ist auf der ganzen Welt zuhause. In dieser bunten Vogelfamilie ist der uns bekannte Star, Sturnus vulgaris, längst nicht der Einzige, der glänzt und schillert:

Da gibt es zum Beispiel den auffallend bunten Dreifarben-Glanzstar aus Ostafrika, den adretten Rosenstar oder den Amethystglanzstar mit seinem violett schimmernden Hals. 

Ein eher bescheiden auftretender europäischer Vetter ist der Einfarbstar (Sturnus unicolor), der im benachbarten Spanien auf der Iberischen Halbinsel lebt.

Amsel, Drossel – oder Star?

Der Star ähnelt der Amsel und ist auf den ersten Blick leicht mit ihr zu verwechseln. Tatsächlich gehört auch der Star wie die Amsel (die Schwarzdrossel) zu den Drosselähnlichen. Wer jedoch genauer hinguckt, der kann den Star zumindest auf den zweiten Blick recht leicht von der Amsel und anderen ähnlichen Drosselvögeln unterscheiden.

Der Star ist mit seinen 19 bis 22 cm etwas kleiner als die Amsel. Auch er trippelt über den Rasen, hüpft aber nie. Meistens schreitet er in seiner typischen, leicht wankenden Weise, die mancher auch als "Seemannsgang" bezeichnet.

Sieht man den Star in der Luft, dann fällt sein schneller und geradliniger Flug auf, außerdem schlägt er häufig mit den Flügeln.

Wie die Amsel hat der Star einen weniger spezialisierten Schnabel. Das bedeutet: Er kann sowohl im Boden nach Würmern und Larven bohren als auch Früchte und Beeren vernaschen. Tatsächlich ist der Star ein Allesfresser: Er ernährt sich je nach Jahreszeit und Angebot von Insekten, wirbellosen Tieren, Spinnen, Schnecken, aber auch Samen, Früchten und Beeren.

Schau mir doch bitte mal in die Augen ...

Wer den Star genauer betrachtet, der stellt fest: Seine Augen sind weit zur Schnabelbasis hin verlagert und das hat auch einen guten Grund. Denn der Star steckt den Schnabel bei der Futtersuche tief in den Boden. Dann späht er in den so entstandenen Spalt hinein und kreist um ihn herum. Dieses Verhalten nennt man "zirkeln".

Und noch etwas fällt auf: Die Augen des Stares sind im Vergleich zu den Augen manch anderer Singvögel (z.B. Rotkehlchen oder Zaunkönig) verhältnismäßig klein. Britische Vogelforscher haben festgestellt, dass Kleinaugenvögel wie der Star im Winter eher zu den Langschläfern gehören. Der Star kommt also nicht früh genug aus den Federn und das kann zum Problem werden, denn das Motto lautet: Wer zuerst kommt, pickt zuerst!

Vögel mit größeren Augen nehmen das erwachende Tageslicht offenbar früher war – und treffen damit auch schon ganz pünktlich an der Futterstelle ein. Der Star kommt meist erst eine Dreiviertelstunde später – was seine Überlebenschancen im Winter deutlich sinken lässt.

Schillernd und modebewusst

Zu einer perfekten Showeinlage, ob Gesang oder "Vogeltanz", gehört selbstverständlich das passende Outfit: Ganz wie ein echter Bühnenstar wirft sich auch unser Sturnus vulgaris gerne in Schale und dabei mag er es abwechslungsreich:

Im Frühjahr und Sommer schillert vor allem beim Männchen das Gefieder metallisch grün und violett – der Star tritt in seinem Prachtkleid auf. Der Schnabel ist gelb und die Unterschnabelbasis hellblau. Die Geschlechter sehen sich ähnlich, beim Weibchen sind jedoch auch noch im Frühjahr oft kleine helle Punkte im Prachtkleid zu sehen, seine Unterschnabelbasis ist rosafarben.

Im Herbst und Winter ist der Schnabel beim Star nicht mehr gelb, sondern dunkel gefärbt.

Im Herbst tragen die Stare ihr Schlichtkleid: Durch die Abnutzung der hellen Federränder haben die Federn eine weiße Spitze, ein Perlmuster entsteht. Man spricht auch vom Perlstar.

Mäusebussard, Hund, Handy oder Rasenmäher? - Der Star kann alles!

Beim Singen macht der Star viel Wind, schlägt lebhaft mit seinen Flügeln und singt aus voller Kehle. Singt? Ja, singen kann er auch.

Aber sein großes Talent ist die Imitation – auf diesem Gebiet macht ihm so schnell kein anderer Vogel etwas vor bzw. nach! Mehr als 70 andere Vogelstimmen kann der Star imitieren, aber auch die Stimmen von Hund, Katze, Schaf, Ente, Gans, Huhn oder Frosch gehören zu seinem Repertoire.

Und das ist längst nicht alles! Der Star kann pfeifen, klicken, knarren, knacken oder krächzen. Manchmal klingt er wie ein Handy – und das täuschend echt! – oder wie eine Alarmanlage. Er kann das Geräusch eines Rasenmähers imitieren, einer Trillerpfeife oder einer Wetterfahne.

Man muss allerdings schon gut hinhören, denn seine originellen Gesangsvariationen "versteckt" der Star gerne zwischen eiligem Geschwätz: So hört sich das an! 

Anders als bei den meisten Singelvogelarten gehört das Imitieren von Geräuschen beim Star nicht zum Reviergesang. Je imitationsreicher jedoch das Starenmännchen "singt", desto mehr Erfolgschancen hat es in der Damenwelt.

In Gefangenschaft können Stare sogar lernen, Wörter und kurze Sätze nachzusprechen. 

Attraktiv, selbstsicher und stimmbegabt …

... kein Wunder, dass Starenmännchen heiß begehrte Typen sind! Tatsächlich kommt es beim Star oft vor, dass ein Männchen mit mehreren Weibchen gleichzeitig oder nacheinander "verbandelt" ist. Man nennt das simultane bzw. sukzessive Polygynie.

Da Stare kein eigenes Revier verteidigen und sehr gesellige Vögel sind, können auch mehrere Paare auf engem Raum brüten (Koloniebrüter).

Als Wohnplatz erster Wahl bevorzugen Stare Baum- oder Mauerlöcher in offener Landschaft, ziehen gerne auch in leerstehende Spechthöhlen ein.

Beim Nestbau gehen sie es eher lässig an, bauen ein nur wenig kunstvolles Nest aus locker zusammengefügten Stroh- und Grashalmen, Federn und Wurzeln.

Auch in Nistkästen ziehen Stare gerne ein.

Im Sommer wird gesungen, im Winter wird getanzt!

In Europa ist der Star Standvogel, Teilzieher oder Kurzstreckenzieher. In milden Regionen Deutschlands bleiben Stare oft auch über den Winter "zuhause". Wird ihnen das Nahrungsangebot doch zu knapp, zieht es sie Richtung Süden und Südwesten. Dafür bekommen wir im Winter in Deutschland oft Besuch von Staren aus Skandinavien und Osteuropa.

Wie es sich für einen echten Star gehört, ist auch Sturnus vulgaris vielseitig begabt. Er glänzt nicht nur als Imitationskünstler, sondern ist auch für sein beeindruckendes "Luftballett" berühmt. Die einzigartigen Flugmanöver der Stare nennt man "Exerzieren".

Im Winter bilden die Stare außerhalb der Brutzeit riesige Schwärme. Oft sind es mehrere Tausend Vögel, die abends kurz vor Sonnenuntergang gemeinsam zu ihren Schlafplätzen fliegen - Schlafplätze, die oft auch in großen Städten liegen können.

Naturfreunde schwärmen von "tanzenden Vogelwolken" oder der "schwarzen Sonne".

Die riesigen Starenschwärme machen es vor allem Greifvögeln schwer, einzelne Tiere aus dem gewaltigen Schwarm zu erbeuten.

Von Staren können wir Menschen noch einiges lernen!

Sie sind echte Teamplayer, brauchen keinen Chef oder Regisseur. Bei ihrem kreisähnlichen Formationsflug orientieren sich die einzelnen Vögel an bis zu sieben Artgenossen – dabei geht der Impuls immer wieder von einem anderen Vogel aus, die Nachbarn folgen ihm.

Vor allem im Sommer sind die geselligen Vögel allerdings nicht überall gerne gesehen: Mit vereinten Kräften können sie zum Beispiel Kirschbäume oder Weinstöcke schnell um ihre Früchte bringen und so manchem Gartenbesitzer oder Landwirt in kürzester Zeit die Ernte ruinieren …

Gemeinsam sind sie stark – aber leider nicht stark genug

Noch ist der Star in ganz Deutschland verbreitet und sein Bestand ist vor allem in Siedlungsräumen stabil. Trotzdem machen sich Naturschützer Sorgen um den ehemaligen "Allerweltsvogel": Innerhalb der letzten Jahre ist sein Bestand in Deutschland um 2,6 Millionen Brutpaare zurückgegangen. Seit 2015 steht der Star sogar als "gefährdet" auf der Roten Liste gefährdeter Arten.

Und so begabt, originell und anpassungsfähig der Star auch sein mag: Gegen schwindenden Lebensraum und abnehmendes Nahrungsangebot kann er leider nicht viel ausrichten. Sein größtes Problem ist die industrielle Landwirtschaft. Stare brauchen Wiesen, Felder und Weiden, um dort nach Nahrung zu suchen.

Kuhmist lockt Insekten an und das Weidevieh schreckt Grashüpfer auf. Gerne sitzen Stare wie die afrikanischen Madenhacker auf dem Rücken von Rindern, Schafen und Ziegen, um diese von lästigen Insekten zu befreien. 

In Deutschland werden jedoch immer mehr Wiesen in Maisäcker umgewandelt. Statt Gras von der Wiese werden Nutztiere mit Soja gefüttert. Viele Tiere werden nur noch im Stall gehalten, kommen selbst im Sommer nicht mehr auf die Weide.

An den Wegrändern fehlen außerdem vogelfreundliche Hecken mit Beeren oder Wildobst. Es gibt immer weniger alte Bäume mit Bruthöhlen.

Noch verschärft wird die Situation für den Star durch die chemische Schädlingsbekämpfung.

Fazit? - Der Star braucht Hilfe!

Die Naturschutzorganisationen bringen es klar auf den Punkt: In einer monotonen Agrarlandschaft müssen mehr Lebensräume für Insekten und Vögel geschaffen werden. Es fehlt nicht nur an Nahrung, es fehlt auch an Brutmöglichkeiten.

Wie kann man dem Star helfen?

Jeder kann eine naturverträgliche Landwirtschaft durch das eigene Konsumverhalten unterstützen. Was ebenfalls hilft: Dem Star im eigenen Garten oder auf der Streuobstwiese ein gastfreundliches Quartier bieten – einen Nistkasten bauen oder aufhängen!

Übrigens: Nicht nur der Star gerät immer mehr in Not, betroffen sind auch andere Vogelarten, die wir aktuell noch (!) zu den Allerweltsvögel zählen, zum Beispiel Haussperling, Wintergoldhähnchen oder Buchfink.

Helfen, spenden, Nistkasten bauen!

Weitere Informationen rund um den Vogel des Jahres 2018:

Imitationstalent und Formationskünstler

Michaela, am 19.02.2018
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