"We always knew they would come back", lautet die Tagline zum ID4-Sequel mit dem wenig originellen Titel "Independence Day: Wiederkehr" (Originaltitel: "Independence Day: Resurgence"). Nachdem Teil 1 den zuvor lediglich mit dem Überraschungshit "Stargate" aufgefallenen, augenzwinkernd oft als "schwäbischen Spielberg" bezeichneten Roland Emmerich in Superstar-Status katapultiert hatte, schien eine Fortsetzung nur eine Frage der Zeit.

Schließlich gilt im Showbiz seit jeher die Regel: Die Kuh muss gemolken werden, solange sie Milch gilt. Doch Drehbuchautor Dean Devlin, den Emmerich 1990 noch als Schauspieler für seinen ersten größeren Film "Moon 44" besetzt hatte, war mit seiner eigenen Arbeit dermaßen unzufrieden, dass das Projekt auf Eis gelegt wurde. Während es seither unablässig Gerüchte um eine Fortsetzung gab, begannen Anfang 2015 letztendlich die Dreharbeiten und der US-Filmstart wurde für – natürlich! – den 4. Juli kommenden Jahres verlautbart. Ob sich der Aufwand gelohnt hat, wird sich zwar weisen, einen ersten Einblick in das zu Erwartende verrät vorab der offizielle Trailer.

Will Smith will nicht

Was natürlich als Erstes ins Auge sticht, oder besser gesagt eben nicht, ist die Abwesenheit von Will Smith. Der dank "Independence Day" gleichsam mit Roland Emmerich in neue Star-Sphären aufgestiegene Gelegenheitsrapper stand als Steven Hiller nicht mehr zur Verfügung. Der Regisseur selbst nahm sich kein Blatt vor dem Mund, sondern erklärte nüchtern, dass Will Smith schlichtweg zu teuer gewesen wäre. Typische schwäbische Sparsamkeit? Gerüchteweise soll Smith eine Gage von 50 Millionen Dollar verlangt haben. Angesichts dessen, dass sein letzter Hit "Man in Black 3" einige Jahre zurückliegt und er für "After Earth" neben dem finanziellen Schaden auch noch ordentlich Spott einstecken musste, stellte die Forderung ein zu großes Risiko dar.

Warum schlug "Independence Day" dermaßen ein?

Denn wofür man nach dem überwältigenden Erfolg von "Independence Day" 1996 noch ausgelacht worden wäre, scheint inzwischen gar nicht mehr unwahrscheinlich: Auch wenn "Independence Day 2: Wiederkehr" zweifellos hunderte Millionen Dollar einspielen wird, ist die Konkurrenz an weiteren Blockbustern gewaltig, bezeichnenderweise meist Sequels oder Remakes, wie dem vierten Teil von "Ghostbusteres", einer "Findet Nemo"-Fortsetzung, einem weiteren "Tarzan"-Remake oder einem weiteren "Star Trek"-Teil. Mit über 800 Millionen Dollar spielte ID4 1996 fast so viel wie der zweit- und dritterfolgreichste Film des Jahres, "Twister" und "Mission: Impossible", zusammengerechnet ein.

Was war es, das einen eher überraschungsfreien Science-Fiction-Film zum Über-Hit machte? An den Schauspielern lag es nicht, denn obwohl Jeff Goldblum nach "Jurassic Park" zum populärsten "verrückt-genialer Wissenschaftler"- Darsteller aufgestiegen war, blieb seine Starpower bescheiden. Will Smith zählte erst nach ID4 zu den Superstars, und Bill Pullman als mutiger US-Präsident, der in einen Kampfjet steigt, um die Invasoren höchstpersönlich in den Arsch zu treten, war schon damals kein A-Liga-Star. Vielmehr zog das geniale Marketing Millionen Zuschauer in die Kinos. Die Trailer verrieten nicht zu viel von der Story zum Film, der symbolträchtig am 4. Juli, also am amerikanischen Unabhängigkeitstag, wie es der Titel versprach, in den Kinos anlief.

Zudem stellte die CGI-Technologie noch Neuland dar, die nicht selbst gering budgetierten Filmen zur Verfügung stand und bei jedem Blockbuster als selbstverständlich angesehen wurde. Folglich stellte ID4 ein Filmereignis dar, das man unbedingt sehen musste, und zwar im Kino, nicht zu Hause auf einem kleinen Röhrenfernseher, wo er auf einem VHS-Band lief. 20 Jahre später hat sich Vieles geändert. In den meisten Haushalten stehen riesige Flachbildfernseher mit HD-Auflösung und blu-ray-Player, und Katastrophenfilme stellen längst keine Highlights des Kinojahres mehr dar, zumal in den meisten der kaum noch überschaubaren Superheldenfilmen die Zerstörung von Städten, ja, der ganzen Welt oftmals im Mittelpunkt der Handlung steht, gerne auch mit feindlicher außerirdischer Unterstützung.

Aussichten für "Independence Day 2: Wiederkehr": Düster bis humorlos

Dem Trailer zu "Independence Day 2: Wiederkehr", dessen Budget mit 200 Millionen Dollar dreimal so heftig ins Buch schlägt wie der Vorgänger, fehlt auch das leichtfüßige Element des ersten Teils. Obwohl nicht weniger als die Auslöschung der gesamten Menschheit drohte, wirkte ID4 wie eine augenzwinkernde Verneigung vor dem Subgenre der Invasionsfilme. Wenn ein alkoholkranker, psychisch instabiler Redneck, ein flugkranker, exzentrischer Wissenschaftler und ein sich selbst überschätzender Pilot die Welt retten, konnte man das unmöglich auch nur eine Sekunde lang ernstnehmen. Ebenso wenig wie einen durchgeknallten Area-51-Wissenschaftler, herrlich überdreht von "Star Trek"-Ikone Brent Spiner verkörpert, der abermals dabei ist, oder die naive Willkommens-Euphorie, die für die unfreiwilligen Gastgeber mit Tod und Zerstörung endet.

"Independence Day 2: Wiederkehr" wirkt hingegen weitaus düsterer, ernsthafter und verbissener, ganz wie mittlerweile die meisten Actionfilme. Ganz im Gegensatz zu den oftmals selbstironischen 1990ern, als sogar Superhelden noch richtig albern sein durften. Kurzum: Das kindliche Staunen ob der Zerstörung des Weißen Hauses, der Vernichtung ganzer Städte, des mal eben so aus dem Ärmel geschüttelten Nuklearschlags gegen die Invasoren, all das ging über die Jahre hinweg verloren, da es nicht mehr zeitgemäß ist. Actionfilme der Gegenwart müssen düster und ernsthaft sein, auf die politisch korrekte Zusammenstellung der Figuren achten, dürfen keine Witze über diverse Minderheiten machen. Somit steht zu befürchten, dass die ID4-Fortsetzung nicht zu dem Filmereignis des Jahres, sondern zu einem beliebig austauschbaren Krawall-Vehikel wird. Nun kann man "Independence Day" beileibe nicht zum Filmklassiker hochjubeln. Aber er setzte neue Maßstäbe und entsprach dem anti-schwermütigen Zeitgeist seiner Tage.

Hit dringend benötigt: Roland Emmerich

Dabei klingt die Prämisse des Sequels gar nicht so sehr an den Haaren herbeigezogen: Offenbar wurden 1996 nicht sämtliche Invasoren vernichtet. Nach ihrer Niederlage wurde automatisch ein Signal gesendet, das die restliche Streitmacht um Hilfe ruft. Eine Streitmacht, die noch gewaltiger und unerbittlicher zuschlagen wird. Den Verteidigern stehen zwar erneut Jeff Goldblum und Bill Pullman zur Seite, auf Will Smith muss zugunsten seines Filmsohnes verzichtet werden.

Einen Erfolg von "Independence Day 2: Wiederkehr" sehnt wohl gerade Roland Emmerich herbei, dessen letzten Filme nur noch schwach reüssierten. Während das auf realen Ereignissen basierende Schwulendrama "Stonewall" praktisch außer Konkurrenz lief, da es sich um ein Herzensprojekt des bekennend homosexuellen Regisseurs handelte, kann man den Actionkracher "White House Down" aus 2014 ebenso als finanziellen Flop bezeichnen, wie den politischen Verschwörungsthriller "Anonymus" aus 2011. Bei einem Erfolg dürfte hingegen einem dritten Teil nichts im Wege stehen, strebt doch 20th Century Fox – Überraschung! – eine "Independence Day"-Trilogie an.

Auch wenn die Aussichten auf einen ähnlich überragenden Erfolg wie 1996 ungünstig sind: "Independence Day 2: Wiederkehr" wird sein Publikum finden, das sich zum einen aus jüngeren Generationen, die einfach nur einen harmlosen Actionkracher genießen wollen, zum anderen aus den älteren Fans des ersten Teils zusammensetzen wird. Vielleicht sollte man die Ansprüche ohnehin nach unten schrauben und sich einfach auf einen solide produzierten Science-Fiction-Film, dessen Handlung man am nächsten Tag bereits wieder vergessen hat, freuen. Dennoch wäre es erfreulich, wieder mehr Genre-Filme genießen zu dürfen, die sich fix im popkulturellen Gedächtnis verankerten, anstatt Dutzendware. Wie immer entscheidet letztendlich der Zuschauer mit seinem Geld, welchen Weg Hollywood einschlagen wird.

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