Warum gibt es "böse" Menschen?
Kein Mensch wird böse geboren. Doch wie kommt es, dass manche Menschen sich im Laufe der Zeit so entwickeln, dass sie unfair oder gar verletzend handeln?Was ist überhaupt böse – und was nicht?
Man muss unterscheiden zwischen Bewertungen, die innerhalb einer Gesellschaft oder Kultur gelten, und den allgemein gültigen ethischen Werten.
Welches Verhalten jeweils als "gut" oder "schlecht" bewertet wird, hängt in vielen Fällen von der Kultur ab, in der man sich befindet, sowie dem sozialen Milieu. Wer beispielsweise nicht alle Regeln nach Knigge in jeder Situation hundertprozentig anwendet oder zum ersten Mal im Luxusrestaurant sitzt, dabei einen minimalen Fehler begeht oder aus Versehen weiße Socken zum schicken Anzug trägt, der ist deshalb NICHT böse, sondern nur in dieser Situation nach heutigen Maßstäben sozial unangepasst.
Oder wusstet Ihr etwa, dass nach den gängigen sozialen Regeln, die mit dem ursprünglichen Knigge übrigens nichts zu tun haben, in einem Restaurant die Baguettescheiben zuerst in mundgerechte Stücke zerteilt werden und dann erst mit Butter bestrichen werden müssten? Wie umständlich ist das denn? Und weniger krümeln tut es bei dieser Methode wohl auch nicht unbedingt.
Jedenfalls schadet es niemandem, wenn solche kleine Verhaltensfehler passieren. Sie werden lediglich in Businesskreisen und sonstigen noblen Kreisen erwartet. Der kleine Patzer im Verhalten unterliegt hierbei also nur einer subjektiven Bewertung, die in einem anderen gesellschaftlichen Kreis eventuell ganz anders ausfallen kann. Was in einem bestimmten Gesellschaftskreis erwünscht ist, ist in einem anderen möglicherweise völlig egal. Wer diese Regeln, da er sich in entsprechenden Kreisen bewegt, kennen muss, oder aus Neugierde testen möchte, wie gut er sich mit diesen Benimmregeln auskennt, kann einmal diesen Multiple-Choice-Test durchlaufen. Amüsant ist er allemal und das Ergebnis bietet einige Aha-Effekte.
Auch, wenn man sich in einem anderen Kulturkreis als dem gewohnten bewegt, kann es sein, dass man einmal aus Unwissenheit in ein Fettnäpfchen tritt. In Japan etwa schüttelt man sich zur Begrüßung nicht die Hände, sondern verbeugt sich vor dem Gegenüber nach bestimmten Regeln, die mit der sozialen Rangfolge der Beteiligten zu tun haben. Wer das als Tourist beim ersten Mal nicht richtig beherrscht, weil er dies noch nicht weiß, wird deshalb sicher noch lange nicht schief angeguckt werden. Zumal direkte Kritik dort eher vermieden wird. Solche Missverständnisse können schon mal passieren, aber deswegen ist man noch lange kein böser Mensch. Außerdem kann man dazulernen.
Unsere Eltern und andere Familienmitglieder sind die ersten, die uns diese Werte zusammen mit ihren eigenen Bewertungen und Prägungen, aber auch eine grundsätzliche soziale Kompetenz vermitteln. Später gesellt sich die Schule dazu, dann Freunde und Bekannte, schließlich Kollegen und Vorgesetzte, die einen Einfluss darauf ausüben, wie wir Handlungen bewerten.
Gemeinhin gilt es hingegen als böse, wenn man Anderen bewusst direkt oder indirekt Schaden zufügt. Gewalt jeglicher Art, Mobbing und Mord sind böse. Betrug ist böse. Lügen sind in der Regel ebenfalls nicht erwünscht. Wenn eine kleine Flunkerei jedoch dazu dient, jemandem etwas schonend beizubringen (etwa um eine Absage nett zu formulieren) oder eine Beleidigung zu vermeiden, ist eine kleine Notlüge durchaus erlaubt. In jedem Fall ist es böse, sich unfair gegenüber Anderen zu verhalten und sie bewusst zu beleidigen.
Über den Umgang mit Menschen | Der neue Taschen-Knigge: Gute Umgangsformen in ... | Kritik der praktischen Vernunft |
Soziale Erfahrungen bedeutsamer als Genetik
Die Gene sind die Grundausstattung, mit welcher Individuen ihr späteres Leben aufbauen können. Bestimmte Eigenschaften werden vererbt, viele von den Eltern, einige Merkmale können aber auch Generationen überspringen. In jedem Fall bilden die Gene in dem entstandenen Lebewesen eine neue Kombination. Kein Mensch gleicht einem anderen.
Nur eineiige Zwillinge kommen mit denselben Genen zur Welt, jedoch können sich diese durch Mutationen im Laufe ihres Lebens auf unterschiedliche Weise verändern. Getrennt aufgewachsene Zwillinge können sich obendrein in völlig verschiedene Richtungen entwickeln, auch wenn Gemeinsamkeiten möglich sind. Auch können sie sich charakterlich sehr voneinander unterscheiden. Selbst Klone würden demnach unterschiedliche Persönlichkeiten entwickeln, je nachdem, wie ihr jeweiliger Lebensweg verläuft.
Es gibt keinerlei "Veranlagung zum Bösesein", da immer die soziale Komponente ausschlaggebend dafür ist, ob jemand im Laufe seines Lebens kriminell wird oder nicht. Eine zukünftige Welt, in der man die Menschen bereits vor der Geburt aufgrund ihres genetischen Startkapitals vorverurteilen und sie somit im negativen Fall sämtlicher persönlicher Entwicklungsmöglichkeiten berauben würde, wäre für mich eine absolute Horrorvision. Zwar gibt es bestimmte Krankheiten, bei denen die Genetik oder auch Umwelteinflüsse im Mutterleib eine Rolle spielen können. Alle schädlichen Stoffe, die die Mutter bewusst oder unbewusst über die Nahrung zu sich nimmt, darunter Fluor, können über das Blut durch die Nabelschnur auch zum Fötus gelangen und so auch die geistige Entwicklung des Kindes beeinträchtigen.
Der dritte Zwilling |
Nachdem ein Mensch mit seiner genetischen Grundausrüstung in Form grundlegender Eigenschaften und Neigungen das Licht der Welt erblickt hat, haben die sozialen Erfahrungen einen deutlichen Einfluss auf seinen Lebensweg. In seinem Roman "Der dritte Zwilling" hat Ken Follett diese wissenschaftlichen Erkenntnisse bei Zwillingen bzw. in diesem Fall Klonen meisterhaft mit der fiktiven Geschichte verknüpft. Diese sozialen Einflüsse können sich dann wiederum auf die Gene auswirken. Deshalb kommt diesen Erfahrungen eine entscheidende Bedeutung dabei zu, ob ein Mensch sich in eine "gute" oder "schlechte" Richtung entwickelt und eventuell seinen Kindern eher günstige oder ungünstige genetische Merkmale weitergibt.
Ein Kind, das bereits mit einer schweren Krankheit, einem nicht optimal entwickelten Gehirn oder einem Gendefekt auf die Welt kommt, hat es eventuell schwerer, einen guten Start ins Leben zu erhalten. Allerdings muss betont werden, dass Straftaten nicht nur von dummen, sondern auch von intelligenten Menschen begangen werden! Außerdem sollte man niemals einen Menschen aufgrund irgendwelcher Defizite fälschlicherweise vorverurteilen!
In einem liebevollen, sein Selbstbewusstsein stärkendes und sanft unterstützenden Umfeld und mit genug emotionalem Rückhalt kann jemand mit schwierigen Startbedingungen dennoch gute Chancen haben, im Rahmen seiner individuellen Möglichkeiten ausreichend soziale Kompetenzen entwickeln und ein zufriedenes Leben aufbauen zu können.
Doch was macht einen Menschen nun böse?
Hierbei können verschiedene Dinge mit hineinspielen, die vor allem mit seinen Erfahrungen in der Gesellschaft zusammenhängen. In einem feindlichen sozialen oder kulturellen Umfeld, im Extremfall zum Beispiel in diktatorischen Regimes, wo ganze Bevölkerungsgruppen unterdrückt werden und wo bewusst Hass gesät wird, können Menschen ebenfalls böse Verhaltensweisen entwickeln. Dieser Hass entsteht nicht von heute auf morgen, sondern durch eine stetige Propaganda über verschiedene Medien, die über einen längeren Zeitraum betrieben wird. Immer wieder werden dann dieselben hohlen Parolen wiederholt, der Hass und die Vorurteile immer wieder neu in der Gesellschaft geschürt. Dies zieht sich dann letztlich durch alle Bereiche. Im Kleineren entsteht so ein Teufelskreis natürlich auch in entsprechend prekären sozialen Milieus, wo Angst und ein oft durch ein geringes Selbstbewusstsein bedingtes Machtstreben eine große Rolle spielen.
Doch nicht alle Menschen, die unter solchen Bedingungen leben, lassen sich von diesen gesellschaftlichen Einflüssen mitreißen. Was ist bei denen anders, die gegen alle Widerstände von außen selbst unter den schrecklichsten Bedingungen menschlich bleiben, die ihre eigene Angst überwinden, um Zeichen des Guten zu setzen, so wie Paul Rusesabagina, der während der tragischen Ereignisse in Ruanda 1994 durch beherztes Handeln und gute Worte über 1.200 Menschen vor dem Tod bewahrte? Oder die Menschen, die während des Nationalsozialismus Opfer wie die Jüdin Anne Frank und ihre Familien versteckten, in der Hoffnung, sie vor dem KZ zu bewahren?
Oder im Gegenzug die, die sich nach einer langjährigen "kriminellen Karriere" doch noch für das Gute entscheiden und Schritt für Schritt zum Positiven entwickeln wie Dieter Gurkasch, der sich vom früheren Mörder im Verlauf seiner Biografie zum ausgeglichenen und sozialverträglichen Yogalehrer wandelte? Seiner eindrucksvollen Geschichte widme ich das Ende meines Artikels als Beispiel für eine erfolgreiche Resozialisierung.
Persönliche Stärke und der unerschütterliche Glaube an das Gute sind sicherlich wichtige Bausteine, um selbst unter den widrigsten Umständen den Mut zum guten Handeln aufzubringen. Eine positiv erlebte Kindheit bildet die beste Voraussetzung für diese starken Charaktermerkmale. Man kann diese Stärke aber auch später noch durch positive soziale Erfahrungen erwerben, wenn man diese auch wirklich zulässt und will. Unabhängiges, auch kritisches Denken ist eine weitere Komponente. Dies erfordert allerdings einen gewissen mentalen Abstand zum Geschehen.
Wut und Denken schließen sich gegenseitig aus
Wer gerade wirklich wütend ist, ist in dem Moment nicht in der Lage, die Situation umfassend zu beurteilen. Er kann zu dem Zeitpunkt nicht mehr klar denken, sondern ist in seiner eigenen Wahrnehmung gefangen. Alles richtet sich dann auf das Objekt seiner Wut. Dieser Ärger kann entweder durch Frustration oder Provokation ausgelöst werden. Alle anderen Gefühle außer die der Wut werden dann ausgeblendet. Deshalb nützen in einer wütenden Situation auch keine vernünftigen Argumente. Das Beste, was man dann tun kann, ist die sich streitenden Personen voneinander zu trennen und abzuwarten, bis sich die Gemüter wieder abgekühlt haben. Erst dann ist wieder ein konstruktives oder gar klärendes Gespräch möglich.
Obwohl es so aussieht, als ob Wut ganz plötzlich hervorbrechen würde, muss sich meist schon einiges an Frust angehäuft haben, damit sie sich in einer so heftigen Reaktion wie etwa einer Gewalttat niederschlägt. Sonst würden sich Menschen wohl nicht über irgendwelche Kleinigkeiten aufregen. Dieser innere Druck baut sich allmählich auf, indem Angst und andere negative Gefühle unterdrückt werden, um keine Schwäche zu zeigen.
Bei allem Schlimmen, was Menschen, die böse handeln, getan haben, sollte man also nicht vergessen, dass selbst solchen Taten eigentlich ganz menschliche Regungen zugrunde liegen. Diese haben sich nur eben bei der betreffenden Person hochgeschaukelt, so dass er in diesem Moment nicht mehr in der Lage ist, diese Gefühle zu kontrollieren und sie sich auf diese tragische Weise äußern. Das soll natürlich nichts entschuldigen, was diese Menschen tun, doch sich dies vor Augen zu führen, hilft, zu verstehen, warum sie so handeln. Die mangelnde Impulskontrolle oder ein fehlendes Gewissen bei Gewalttätern kann aber auch krankheitsbedingt sein.
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Psychische Erkrankung als Ursache
Bestimmte Krankheiten der Psyche können die Einsichtsfähigkeit eines Menschen einschränken oder sogar ganz ausschalten. Dies ist beispielsweise bei Psychopathie der Fall.
Was ist ein Psychopath?
Psychopathen sind zum Zeitpunkt ihrer Erkrankung offenbar unfähig, Empathie gegenüber anderen Menschen zu empfinden. Deswegen haben sie wohl kein Gewissen und handeln rein aus egoistischen Motiven. Sie sind im Extremfall ausschließlich sich selbst der Nächste und halten sich für supertoll, während sie andere Menschen abwerten. Trotz ihrer krankheitsbedingten Unfähigkeit zum Mitgefühl können sie durchaus oberflächliche Beziehungen aufbauen, die aber meist nur von kurzer Dauer sind, weil ihnen andere Menschen eben in dieser Situation, in der sie leider dann für eine bestimmte Zeit stecken, nichts bedeuten. Auch sind sie sehr gut in der Lage, ihre Mitmenschen und potentiellen Opfer so zu manipulieren, dass sie bei erfolgreicher Manipulation das bekommen, was sie wollen. Wegen ihrer Gewissenlosigkeit schrecken sie dabei auch vor Gewalt nicht zurück.
Ein Psychopath mag zwar schwer zu therapieren sein, gerade auch wegen seiner manipulativen Tendenzen - doch es ist nie unmöglich. Jeder Mensch kann sich ändern, egal, wie lange es jeweils dauert. Eine der Schwierigkeiten auf dem Weg zur Heilung könnte unter Umständen darin bestehen, dass Menschen, die unter Psychopathie leiden, dem Therapeuten möglicherweise leichter etwas vormachen. Außerdem handeln sie oft unkontrollierbar. Und da sie sich dann nicht in andere Menschen geschweige denn seine Opfer hineinversetzen können, dürfte es sehr schwer sein, Menschen in einer solchen Situation davon zu überzeugen, dass das, was sie getan haben, moralisch falsch war. Deshalb halte ich eine Sicherheitsverwahrung für straffällig gewordene Psychopathen für den Zeitraum ihrer Erkrankung für vollkommen gerechtfertigt.
Unterschied zwischen Psychopathie und anderen antisozialen Persönlichkeitsstörungen
Beide verhalten sich antisozial. Ein Psychopath verhält sich aber aus anderen Gründen so als jemand, der an einer anderen Form der antisozialen Persönlichkeitsstörung leidet. Beim Psychopathen ist dieses Fehlverhalten auf das Fehlen von Empathie zurückzuführen, das zu einer rücksichtslos egoistischen Einstellung ohne moralisches Gewissen führt.
Jemand mit einer impulsiv-feindseligen oder ängstlich-aggressiven antisozialen Persönlichkeitsstörung hingegen kann sich grundsätzlich schon in andere Menschen hineinversetzen, sie wertschätzen und auch emotionale Beziehungen aufrecht erhalten, auch wenn diese Merkmale in seinen antisozialen Verhaltensweisen, bei denen er auch soziale Normen missachtet, nicht zum Ausdruck kommen und er in diesen Situationen "gefühlskalt" erscheint.
Das hängt aber mit der Wut zusammen, die er dann empfindet. Wut verdrängt, wie ich weiter oben beschrieben habe, in dem Moment alle anderen Gefühle. Sie wird in diesen Fällen meist aus Angst geboren. Wer als an einer antisozialen Störung Leidender Angst erleben musste, verwandelt sie irgendwann in Wut, die sich dann sehr impulsiv in den antisozialen Verhaltensweisen oder gar Gewalttaten äußern kann.
Antisoziale Persönlichkeitsstörungen können sich in vielen Fällen durchaus verbessern, so dass ein Mensch, der einmal sehr böse Taten vollbracht hat, sich im Laufe seines Lebens positiv verändern kann. Dazu muss er auch lernen, mit seiner Wut umzugehen, ihre Ursachen ergründen und in therapeutischer Begleitung Alternativen zu dieser Reaktion für sich erarbeiten. Natürlich ist das ein langjähriger Prozess, aber es ist möglich! Ein eindrucksvolles Beispiel hierfür erläutere ich im Folgenden.
Gewissenlos. Die Psychopathen unter uns | Der Soziopath von nebenan. Die Skrupellosen: ih... | Die Psychopathen unter uns: Der FBI-Agent erklä... |
Inwiefern ist Resozialisierung möglich?
Es gibt durchaus die Chance einer Besserung von straffällig gewordenen Menschen zum Guten. Eine Grundvoraussetzung dafür ist, dass der Täter einsieht, dass seine Taten moralisch falsch waren, dass er sie daher bereut und selber überhaupt ein besserer Mensch werden will. Er muss dazu aber auch bereit sein, an sich selber zu arbeiten, in der Regel mit therapeutischer und sozialpädagogischer Unterstützung.
Entschließt er sich zu diesem guten Weg, muss er also auch lernen, die Hilfe anderer anzunehmen. Er muss durch eigenes Erleben lernen, dass er mit seinen Problemen nicht alleine dasteht und sie nicht unbedingt alleine lösen muss. Diese Erfahrung führt dann auch dazu, dass er später anderen ebenfalls im Rahmen seiner Möglichkeiten besser helfen kann und auch bereit ist, dies zu tun. Weitergeben kann man schließlich nur das, was man auch selbst erfahren hat – im Guten wie im Bösen. Deshalb sind positive soziale Erlebnisse gerade für Menschen, die in den Teufelskreis von Angst und Gewalt geraten sind und deshalb im Gefängnis landeten, besonders wichtig. Leider sieht es in den Gefängnissen heute oftmals anders aus. Dies sollte sich unbedingt ändern.
Mit Yoga zu einem besseren Menschen werden - wie geht das?
Der ehemalige Häftling und heutige Yogalehrer Dieter Gurkasch, der inzwischen mehrfach in den Medien auftrat und dessen Biografie in seinem Buch ausführlich nachzulesen ist, hat eine schlimme kriminelle Vergangenheit hinter sich. Wenn man ihn heute so ansieht und reden hört, kann man sich kaum vorstellen, dass dieser ruhige und lebensweise wirkende Mann früher einmal Menschen Gewalt angetan hat, wobei ein Mal sogar ein Mensch infolge der Verletzungen ums Leben kam. In einer Ausgabe der Sendung "Hart aber fair", die vor nicht allzu langer Zeit im Fernsehen ausgestrahlt wurde und wo er zu Gast war, wurde ebenfalls eine Doku über seine Vergangenheit gezeigt. Welch ein himmelweiter Unterschied! Schaut Euch die sehr interessante Sendung am besten selber an:
Wie kam es zu dieser erstaunlichen Verwandlung?
Bevor er sich derart veränderte, hatte Dieter Gurkasch eine lange kriminelle Vorgeschichte hinter sich. Er wurde einige Male rückfällig, saß insgesamt mehrere Jahrzehnte dafür im Gefängnis und ist auch einmal daraus ausgebrochen. Bei den fünf unterschiedlichen Gutachten, die im Laufe der Zeit über ihn erstellt wurden, wurde er damals als hoffnungsloser Fall eingestuft. Dabei wurde ihm zu dem Zeitpunkt auch eine antisoziale Persönlichkeitsstörung bescheinigt.
Im Gefängnis gehörte er zu denen, die sich zu wehren wussten, wenngleich er dort offenbar mehr zu denen zählte, die psychische Gewalt anwandten, wie er an einer Stelle in dem Gespräch bei "Hart aber fair" andeutet. Die dortigen Verhältnisse waren nicht gerade ein Zuckerschlecken: In einem Interview beim SWR berichtet er von den harten sozialen Bedingungen. Es herrschte eine Atmosphäre der Angst, die die Insassen verbergen mussten, was wiederum zu Gewaltausbrüchen führen konnte.
Rückblickend meint er, er habe sich wohl mit seinen Taten "aus der Gesellschaft herauskatapultieren" wollen, weil er keinen anderen Weg kannte und weil er wütend und verzweifelt war. Er erzählt aber auch, wie es ihm in der lange dauernden Einzelhaft erging und wie er dann direkt nach der Einzelhaft, ohne Übergang, gleich mit sieben anderen Menschen eine Zelle teilen musste. In der Isolation vergisst man praktisch, wie es ist, mit anderen Menschen umzugehen, und muss anschließend wieder neu lernen, mit ihnen klarzukommen.
In den 1990er Jahren lernte er seine jetzige Frau kennen, über die er auch zum Yoga kam. Ausschlaggebend für seine Wandlung zum besseren Menschen war natürlich auch sein Wille dazu. So, wie er früher den Weg der Gewalt wählte, entschied er sich nach eigener Aussage dann für diesen guten Weg. Er schämt sich für das, was er früher getan hat, und empfindet heute Trauer darüber.
Näheres zu seiner erstaunlichen Geschichte kann man in meiner Rezension zu seiner Biografie nachlesen. Das Buch empfehle ich jedem von Herzen, der sich vorurteilsfrei hiermit befassen möchte!
Seit 13 Jahren praktiziert er nun Yoga, das ihm zu einer positiveren Einstellung verhalf und ihm half, sich mit sich selbst zu versöhnen. Es unterstützt ihn dabei, seinen Körper, seine Seele und seinen Geist besser wahrzunehmen, sich zu kontrollieren und Dinge mehr zu reflektieren, anstatt impulsiv zu handeln. Auch fand er über das Yoga einen Zugang zur Spiritualität, was ihm weitere Zufriedenheit verschaffte. Vor mehr als zwei Jahren wurde er aus dem Gefängnis entlassen.
Sein erklärtes Ziel ist es, anderen Häftlingen zu helfen, mittels Yoga für sich einen Weg aus ihrem kriminellen Teufelskreis zu finden. Er ist sozial eingebunden, hat Freunde und lebt mit seiner Frau.
Bildnachweis: Pixabay
Bildquelle:
Karin Scherbart
(Rezension: "Leben reloaded" von Dieter Gurkasch)
Kuscheltier
(Psychopathen, Soziopathen, Serienmörder, Nekrophilie, Pädophilie)