Die Psychologie

Bei den modernen Wissenschaften fühlen wir uns wohl. Kluge Menschen in weißen Kitteln untersuchen Tatbestände und Zusammenhänge. Sie veröffentlichen die Ergebnisse in ihren Fachzeitschriften und auch im Internet. Andere Wissenschaftler prüfen die Resultate nach. Wenn die neue Erkenntnis wiederholbar ist, dann gilt das Wissen als gesichert. Diesem Wissen kann man vertrauen.

Zum Thema Arroganz, sprich Hochmut, haben Wissenschaftler herausgefunden, dass arrogante Menschen Angst haben. Diese haben im Laufe ihres Lebens bestimmte Verhaltensstörungen entwickelt, und sie suchen nun die Distanz zu anderen Menschen, damit ihr Gegenüber die Schwächen nicht mitbekommt (1).

 

Der Ausdruck "Arroganz" kommt aus dem Lateinischen und bedeutet im übertragenen Sinne "sich großmachen".
Der Hochmütige will größer erscheinen als er ist.

Hochmut kommt vor dem Fall (Bild: lazerlash/ pixabay.com)

Der Begriff hat in den Jahrhunderten verschiedene Bedeutungswandel erlebt. Der Ausdruck "hoher Mut" war in der Antike und im Mittelalter durchaus positiv belegt. In der Gegenwart wird Hochmut durchgehend mit Überheblichkeit gleichgesetzt.

Die Kirche und ihre Gesetze

Sünde und Gott sind im Alltag schwer fassbare Begriffe. Im kirchlichen Bereich geht es im Wesentlichen auch nicht um reproduzierbare wissenschaftliche Erkenntnisse. Es geht um den Glauben. Die Gläubigen müssen die Kirchengesetze verinnerlichen und sich daran halten, sonst gehören sie nicht zur Gemeinschaft.

Kirchengesetze schreiben den Gläubigen ein bestimmtes Verhalten vor. Man kennt dies aus den zehn Geboten, sozusagen dem Grundgesetz der christlichen Lehre.

Sünde wird in diesen Gesetzen als eine falsche Lebensweise definiert (2). Ein sündiger Mensch lebt nicht gottgefällig, also nicht nach den Richtlinien, die der Gott dieser Glaubensgemeinschaft den Menschen vorgegeben hat.
Ein Überschreiten der Gesetze zieht Sanktionen nach sich. Bei einfachen Sünden kann dem Sünder durch Buße vergeben werden. Die christliche Kirche hat eine komplexe Ordnung von Sünde und Sühne erstellt, die den Rahmen dieses Textes sprengen würde.

Bei den Todsünden kann als Ergebnis das Fegefeuer als eine äußerst drastische Maßnahme drohen. Dies bedeutet: der Mensch stirbt einen schlimmen "zweiten" Tod. Hat er eine Todsünde begangen, dann hat er keine Chance auf den Himmel oder das Paradies. Er kommt in die Hölle und erleidet dort unsagbare Qualen.

Todsünde versus lässliche Sünde?

Eine Sünde entsteht also aus unrechtem Handeln oder Verhalten.
Im Ranking werden grundsätzliche die lässliche und die Todsünde abgegrenzt. Allerdings gibt es in der Kategorie der Todsünde noch Unterformen wie die "zum Himmel schreiende Sünde" (3).

Eine Todsünde bedeutet die Steigerung der irdischen Verfehlungen durch den Menschen. Insgesamt zählt die christliche Lehre sieben Todsünden auf. Diese sind:

1 Hochmut

2 Geiz

3 Wollust

4 Zorn und Wut

5 Völlerei, also Gefräßigkeit und Maßlosigkeit

6 Neid und Eifersucht

7 Faulheit, aber auch Feigheit

Warum steht der Hochmut an erster Stelle der Todsünden?

Lässliche Sünden kommen vor, und sie sind verzeihlich. Schließlich ist der Mensch, nach christlicher Vorstellung, aufgrund der Erbsünde grundsätzlich schwach und für Fehler vorbelastet.
Der Hochmut bedeutet eine besonders schwerwiegende Abkehr von Gott – das Übelste, was ein Mensch im negativen Sinn tun kann.
Der hochmütige Mensch hält sich für etwas Besseres. Er stellt sich auf eine Stufe mit Gott oder sogar darüber. Aber nach der Lehre ist nur Gott groß.
Der Mensch soll in Demut dienen, das heißt, er soll das ihm auferlegte Schicksal geduldig hinnehmen. Die hochmütige Anmaßung des Menschen stellt das höchste Vergehen gegen Gott dar .

Zwischenergebnis: Hochmut und Todsünde

Ein abgestimmtes Verhalten der Menschen untereinander macht eine funktionierende soziale Gemeinschaft erst möglich. Die kirchlichen Institutionen geben dazu Empfehlungen und erlassen Vorschriften für die Mitglieder ihrer Glaubensgemeinschaft.
Einfache Abweichungen vom Konsens werden mit einfachen Strafen beantwortet. Wesentliche Abweichungen, als Todsünde deklariert, ziehen mitunter tiefgreifende virtuelle Sanktionen nach sich.
Redliches Verhalten führt nach dem körperlichen Tod zu einem paradiesischen Weiterleben in höheren Sphären. Gravierende Verstöße verschließen das Paradies und ziehen sehr unangenehme Handlungen seitens der Glaubens-Instanzen nach sich.

Allerdings lässt die Kirche auch manchmal Gnade vor Recht ergehen. Durch vollkommene Reue kann auch die Absolution vergeben werden.

 

Die Todsünde wurde demnach in den kirchlichen Kanon eingebaut, um die Mitglieder der Gemeinschaft zu sozialem Handeln anzuleiten.
Anstelle von Hochmut und Eigennutz sollen Freundlichkeit und Empathie entstehen.

Mit diesem Regelwerk versucht die Kirche als gesellschaftliche Institution den spirituellen Elan einer ganzen Gemeinschaft in eine definierte Richtung zu lenken.

Einwände

in alten Zeiten. Das Bemühen der sozial Verantwortlichen ist im Spiegel der damaligen Zeiten zu bewerten. Man muss das Bildungsniveau der früheren Zeiten berücksichtigen und das entsprechende Vermögen des Individuums zum Verständnis sozialer Zusammenhänge.

Ein liturgischer Laie kann heute durchaus Widersprüche in der Sinnhaftigkeit der kirchlichen Aussagen feststellen.

Einst und jetzt. (Wie) Wirkt die Androhung von Höllenqualen gegen gesellschaftliche Verfehlungen in der heutigen Zeit?

  • Ein gebildeter Mensch weiß, dass mit dem körperlichen Tod auch das Nervensystem vergeht. Wie soll ein körperloses Wesen auf Feuerqualen und Stiche mit einem Dreizack reagieren können?
  • Zudem hat sich der Glaube an eine personifizierte Teufelsgestalt weitgehend aufgelöst. Damit läuft die Androhung von Höllenqualen ins Leere.
  • Nahtoderfahrene berichten eher von einem freundlichen, hellen Licht als von einem hitzigen Höllenschlund. Diese Berichte bringen das Gedankengebäude der Strafe für Todsünden ebenfalls ins Wanken.

Das System: Mensch und Gesellschaft

Systemtechnisch gesehen verlässt der Arrogante den günstigsten Leistungsgrad in seinem individuellen Leistungsumfeld. Der Gott repräsentiert das optimale Mittelmaß. Der Arrogante überdreht das individuelle System über die Höchstgrenze hinaus. Nach einiger Zeit überreizt das System seine Ressourcen, "es läuft heiß" und stürzt ab.
Hochmut kommt vor dem Fall.

Umdenken: Belohnung statt Bestrafung

Eine aufgeklärte Gesellschaft setzt auf Einsicht in ihre Normen durch Begegnung, durch offene Diskussion und durch – Erziehung und Bildung. Sozial verträgliches Verhalten wird gelehrt, Fehlverhalten wird korrigiert. In den USA kennt man seit vielen Jahren die Bemühungen um correction Maßnahmen statt Strafverfahren. Von ähnlichen Bemühungen liest man auch in Deutschland.

Erziehung soll den Menschen zur Ausschöpfung seinerTalente und zum Einsatz seiner speziellen Fähigkeiten anleiten. Starke, psychisch gesunde Menschen leiden nicht unter Hochmut, Stolz und anderen Schwächen.

Der strafende Gott hatte zu Zeiten der frühen Gemeinschaften möglicherweise durchaus eine korrigierende Wirkung.

An dieser Praxis einer religiösen Strafandrohung lässt sich jedoch rationale Kritik anbringen, denn

1 eine Seele hat keinen Körper und kein Nervensystem > keine Höllenschmerzen
2 den personifizierten Teufel gibt es nicht
3 Nahtoderfahrungen erscheinen eher in einem milden Licht.

Aber auch die grundsätzliche Verfolgung von negativen Abweichungen vom vorgegebenen Weg durch Bestrafung steht in der Diskussion. Moderne psychologische Forschungen können auch anzeigen, dass Menschen gegebenenfalls eher mit Belohnungssystemen als mit Strafandrohungen zu einem gewünschten Verhalten gebracht werden können (4).

Die kirchlichen Institutionen könnten sich in diesen Prozess des Umdenkens eingliedern. Auf eine angemessene Umformulierung des Begriffes der "Todsünde" darf der moderne Mensch gespannt sein.

In der Zusammenfassung

Hochmut ist ein Ausdruck von Angst. Diese führt zu Fehlverhalten.

Sünde steht für unrechtes Handeln oder Verhalten

Todsünde ist der Uranfang aller weiteren Verfehlungen. Sie funktioniert wie ein Bootstrapping Mechanismus in der Informatik, d.h., aus einer einfachen, fehlerhaften Tat entsteht ein komplexer Prozess.

Warum also ist der Hochmut eine Todsünde?
... weil der Hochmut alle anderen Verfehlungen nach sich zieht. Damit kommt die Kirchenlehre auf einen wesentlichen Punkt, denn - Hochmut kommt vor dem Fall.

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