Was sagt man depressiven Menschen (besser nicht)?
Vorsicht, diese Sätze können auf einen depressiven Menschen verletzend wirken! - Im Gespräch mit einem Depressiven ist das, was man NICHT sagt, oftmals noch wichtiger als das, was man sagt.Bitte nicht: Das Leid des Betroffenen herunterspielen
Es versteht sich eigentlich von selbst: Man sollte die schwierige Situation des Betroffenen und vor allem den damit verbundenen emotionalen Schmerz nicht herunterspielen.
Vorwürfe, Schuldzuweisungen und Kritik sollten absolut tabu sein, auch indirekte Kritik wirkt verletzend und taktlos.
Eine Depression darf nicht als Schwäche oder gar Charakterfehler des betroffenen Menschen dargestellt werden.
Du bist selbst schuld daran, dass es dir so schlecht geht.
Du darfst dich nicht so hängen lassen.
Kannst du dich nicht ein bisschen zusammenreißen?!
Du hast doch alles, du solltest dankbar sein für dein Leben!
Deine Probleme sind nur in deinem Kopf (in deinen Gedanken).
Du willst doch nur Aufmerksamkeit (im Mittelpunkt stehen).
Denk mal daran, anderen Menschen geht es noch viel schlechter als dir!
Du denkst immer nur an dich selbst.
Du hast es doch selbst in der Hand.
Es liegt nur an dir, ob du glücklich bist oder nicht.
Bitte nicht: Den Ernst der Lage unterschätzen
Es kann fatal sein, den Schmerz und die Not eines depressiven Menschen zu unterschätzen!
So schlimm ist es doch gar nicht.
Jeder ist mal down.
Du wirst sehen, das geht bald wieder vorbei. So schlimm ist es doch gar nicht.
Du bist doch so stark, du schaffst das schon.
Viele Menschen, die unter Depressionen leiden, finden es auch verletzend, wenn sie mit folgenden Aussagen konfrontiert werden:
Man sieht es dir gar nicht an, dass du depressiv bist.
Du wirkst doch immer so fröhlich!
DU bist depressiv?! Hätte ich nie gedacht!
Gestern warst du doch noch so gut drauf!
Ja, es ist sogar ganz charakteristisch für eine Depression: Man sieht dem Betroffenen sein Leiden nicht an.
Die sogenannte Smiling-Depression (auch Sissi-Syndrom) – wenn Betroffene ihren Kummer hinter einer permanent "fröhlichen" Fassade zu verbergen versuchen – gilt sogar besonders tückisch.
Bitte nicht: Floskeln und Leere Worte
Sie bringen niemanden weiter – im Gegenteil: Floskeln, Banalitäten, leere Phrasen und Spruchweisheiten wie ...
Was dich nicht umbringt, macht dich stärker.
Lächle, dann lächelt die Welt auch zurück.
Das Leben ist eben kein Ponyhof.
Niemand hat behauptet, das Leben sei fair.
Wir haben alle unser Kreuz zu tragen.
Jeder ist seines Glückes Schmied.
Bitte nicht: (unangemessene) Ratschläge
Verzichten sollte man auch auf unangemessene und unpassende Ratschläge – ja, im Prinzip ist es am besten, auf Ratschläge jeglicher Art zu verzichten. Denn jede Situation ist ein Einzelfall und sehr komplex.
Würde man sich auch anmaßen, einem körperlich schwerkranken Menschen medizinische Ratschläge geben zu wollen? Eine (schwere) Depression ist mit einer ernsthaften körperlichen Erkrankung durchaus zu vergleichen. Empfehlenswert ist es also, Zurückhaltung zu üben.
Besonders weh tun einem depressiven Menschen solche Ratschläge, die das (in der augenblicklichen Krise) Unmögliche von ihm verlangen:
Du musst positiv(er) denken, du darfst den Kopf nicht hängen lassen!
Du musst einfach stark sein.
Mach doch etwas, das dir Freude bereitet.
Du solltest dein Leben verändern.
Du solltest … / Probier doch mal … / Hast du schon versucht …
… Sport zu treiben
… dir ein (neues) Hobby zu suchen
… deine Träume endlich zu verwirklichen
… mehr unter die Leute zu gehen
… Vitamine einzunehmen
… in den Urlaub zu fahren
… ein warmes Bad zu nehmen
… Lavendeltee zu trinken
… deinen Job zu wechseln
… dir Johanniskraut verschreiben zu lassen
… deine Ernährung umzustellen
… die Bibel zu lesen
… zu meditieren
… Yoga zu machen
… dir neue Kleidung zu kaufen
… deine Wohnung zu streichen
… in die Kirche zu gehen
… dich mehr um andere Menschen zu kümmern
… dich für eine gute Sache zu engagieren
etc.
Sich aufraffen, Neues anpacken, sich beschäftigen oder ablenken: Eine Depression bringt fast immer nicht "nur" psychische, sondern auch körperliche Symptome mit sich (Erschöpfung, Konzentrationsstörungen, Schmerzen, Magen-Darm-Beschwerden, Schlafstörungen, …)
Es ist nur sehr schwer abzuschätzen, was für den Betroffenen überhaupt noch machbar und möglich ist.
Psychologen raten auch eindringlich davon ab, während depressiver Phasen wichtige Lebensentscheidungen fällen zu wollen.
Man sollte bedenken: Wer in einem tiefen und dunklen Loch sitzt, der kann keine Sonne sehen. Deshalb ist auch der beliebte Hinweis auf das Wetter ("Schau doch mal, was für ein schöner Tag das heute ist!") wenig sinnvoll.
Was kann und soll man denn eigentlich noch sagen?
Am besten: Ehrlich sein.
"Ich würde dir so gerne helfen, aber ich weiß nicht, was ich sagen soll."
"Ich möchte dich nicht verletzen."
Unterstützung signalisieren:
"Wie kann ich dir helfen?"
"Was kann ich für dich tun?"
"Was würde dir jetzt gut tun?"
"Ich bin für dich da."
"Du bist mir wichtig."
"Ich unterstütze dich dabei, dir Hilfe zu suchen."
Immer eine Alternative:
Nichts sagen – einfach nur zuhören.
Denn wie Matthew Johnstone in "Der schwarze Hund" schreibt: Zuhören ist eines der besten Geschenke.
Wer mehr wissen möchte:
Weitere Informationen:
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