Weihnachten in Spanien- Ein Hoch auf den Plastikchristbaum
Spanien gehört zu Europa. Aber Spanien ist anders. Spätestens an Weihnachten fällt das jedem auf.Im Süden feiert man lauter, greller, weniger romantisch - Nichts geht ohne Plastik-Weihnachtsbaum
Von wegen Besinnlichkeit oder gar "Stille Nacht"! Wussten Sie, dass sich die Spanier mit den Japanern den ersten Platz des lautesten Volkes der Welt teilen? Haben wir ja immer schon vermutet, jetzt ist es sogar durch empirische Untersuchungen nachgewiesen: Man maß jeweils die Dezibel einer Zusammenkunft von je 14 Leuten in den einzelnen Ländern!
Wie auch immer, was unser romantisches Weihnachten angeht, so kann Spanien nie und nimmer mithalten mit seiner Mischung aus Karneval und Feria, quäkenden Weihnachtsmännern und bunt blinkenden Lichtergirlanden! Kein Wunder, dass viele der Auswanderer gerade an Weihnachten das Heimweh packt und die Flieger voll sind gen Norden, wenn auch unverschämt teuer deswegen.
Adieu duftende echte Tanne!
Und dann das Thema Weihnachtsbaum. In Deutschland sind mein Mann und ich immer erst am 24. Dezember in das Gehölz des Nachbarn gegangen und konnten uns mit dessen Hilfe eine wunderbare echte Fichte – Sie wissen schon, so eine, die richtig nach deutschem Wald riecht - mitnehmen. Die war so frisch, dass ich sie oft erst Ostern, wenn es in den März fiel, entsorgte. Ein Plastikungetüm, wie sie zusammengelegt in Baumärkten angeboten werden mit Import aus China oder dergleichen hätte ich früher nicht mit spitzen Fingern angefasst!
Ja, früher. Aber jetzt leben wir seit zehn Jahren in Andalusien. In Spanien kann man sich ja den Import eines echten Nadel-Baumes gar nicht leisten, will man nicht als dekadenter Snob gelten! Und genauso lange habe ich einen Plastik-Christbaum. Aber beileibe nicht selbst gekauft. Unser spanischer Plastik-Christbaum hat seine eigene Geschichte:
Das erste Weihnachten in der Fremde
Wir kamen an der Costa del Sol im Dezember 2000 nach dreitägiger Anreise mit Pferden und wichtigsten Haushaltsgütern an, während die Möbel in einem Seecontainer erst noch in einem Sturm in der Biscaya fest gehalten wurden. Wir landeten also bei strahlendem Sonnenschein, Gärtner Miguel (der aus meinem Buch "Mein andalusischer Gärtner") gab's noch gar nicht auf der Finca, der stieß erst ein Vierteljahr später zu uns. Aber Isabel werkelte bereits durch Empfehlung deutscher Freunde, als Putzfee, die nicht nur den ersten groben Baudreck weg machte.
14 Tage vor unserem ersten Weihnachten in der Fremde fragte mich unsere einheimische Mehr-als-Putzfrau, ob wir denn Weihnachten nach Deutschland zur Familie führen. "Nein," meine Antwort, "wir können die Finca ja der Tiere wegen nicht gleich wieder verlassen und eigentlich zieht uns auch nichts zurück in die alte Heimat." Ob denn meine Mutter oder Bruder hierher kämen. Wieder musste ich verneinen. Nach diesen Recherchen bewunderte sie erst einmal meinen mangels Tannenzweig-Masse aus Walnüssen selbst gebastelten Adventskranz gebührend und ließ sich die Bewandtnis desselben erkären. Adventskränze waren zumindest damals noch nicht so bekannt unter den Einheimischen, die ja ein spontanes Volk sind und dieses geduldige vier Wochen langsam auf Heiligabend hin arbeitend nicht so recht nachvollziehen können. Danach vergingen erst einmal einige Tage.
Plastik und Bienenwachs
Am 23. Dezember kam Isabel geheimnisvoll lächelnd mit einem Karton unter dem Arm an, ging damit ins Kaminzimmer und – man ahnt es schon – zog ein grünes Plastikungetüm, leicht zerknittert heraus. Freudestrahlend entwirrte sie die zerzausten Zweige des 1,60 m großen künstlichen Christbaumes. Sie hatte sogar noch an Baumschmuck in Form von roten Plastikketten gedacht. Dann strahlte sie mich an und sagte: "Also Du bist doch Deutsche, Du kannst doch hier nicht Weihnachten verbringen ohne einen Weihnachtsbaum, wie Ihr Deutsche ihn habt!". Obwohl ein Plastik-Christbaum nicht gerade der Traum meiner schlaflosen Nächte war, war ich so gerührt, dass mir fast die Tränen kamen. Ich packte die echten Bienenwachskerzen aus, die ich im Kofferraum mitgeschleppt hatte und vervollständigte den Baum. Ich glaube, das war erste und einzige Tannenbaum aus Plastik aber mit echten Bienenwachskerzen!
Seitdem wird der Plastik-Baum in Ehren gehalten, kommt jedes Jahr aus der Verpackung und wird auf der Terrasse aufgebaut. Mittlerweile ist er schon etwas lädiert und mußte Federn, pardon, Plastiknadeln, lassen, aber ich finde, das tut seinem Symbolstatus keinen Abbruch: Er steht nämlich für das herzliche Willkommen der Ureinwohner hier und ihr natürliches Taktgefühl mit der Ahnung, was Weihnachten für uns Nordlichter bedeutet.
Der Plastik-Christbaum auf südlicher Terrasse -rechts