Theatrum sacrum - Theatrum Mundi

Theatrum sacrum - Theatrum Mundi

Theatrum sacrum - Theatrum Mundi - Hexen, Teufel, Gott - Christianisierung von Naturkräften

Der erste Eindruck beim Betrachten dieser Krippe ist ein vielfiguriges Gewimmel. Auf einer Fläche von 800 cm2 agieren circa hundert Figuren. Die Enge stellt vielfältige Beziehungen her. Es gibt keine Nischen zum Rückzug. Alle sind aufeinander bezogen. Auf dieser Fläche begegnen sich mythische Erscheinungen, biblische Personen und himmlische Wesen. Weltliches und Heiliges durchdringen einander. Die Geburt Jesu wird nicht isoliert dargestellt, wie es in den meisten Krippen der Fall ist,sondern als ein Ereignis im Getriebe der Welt.

Die Heilige Familie, Hirten, Schafe und die Heiligen Drei Könige stammen aus Grulich (um 1900). Viele weitere Figuren wurden in den letzten zwanzig Jahren von Tobias Haseidl (Oberammergau) angefertigt.

Gottvater in der Gloriole

Gottvater in der GlorioleDie Inszenierung des heiligen und weltlichen Theaters ist Gott zu verdanken. Er beobachtet  von hoher Position aus amüsiert das Getriebe auf der Erde. Die Engel umfliegen ihn und jubilieren. Der Engel rechts von Betrachter aus gesehen weist auf das tragische Ende des Neugeborenen hin: Er hält schon das Kreuz für den Karfreitag parat. Gott nimmt am Kampf Gut gegen Böse teil. Gleichzeitig spielt er auf der Metaebene die Rolle des Allmächtigen und Allwissenden.

Kaiser Augustus

In Sieger- und Herrscherpose befiehlt Kaiser Augustus die Volkszählung. Dies bericKaiser Augustushtet der Evangelist Lukas1. In  Wirklichkeit fand keine Volkszählung statt. Der Kaiser stellt die weltliche Herrschaft dar, das Jesuskind die göttliche. Beide stehen sich getrennt gegenüber. Später sagt Jesus: "So gebet dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott was Gottes ist".2  

1 Lukas  2,1

2 Matthäus 22,21

Die Hexen

Die HexenIn dem Stück von Carl Orff "Ludus de nato Infante mirificus" (Weihnachtsspiel) wollen Hexen, Vertreterinnen vorchristlicher Mythen, die Geburt verhindern. Sie scheitern und trösten sich mit der Überzeugung, dass die Menschen selber das Neugeborene ans Kreuz zu bringen. Dieser Hinweis erinnert daran, dass Weihnachten mit dem heidnischen Solfest (Sonnenwende) zusammenfällt. Das Christentum hat die alten Religionen integriert.

Tobias Haseidl, Holzbildhauer, Oberammergau (Bild: http://www.holzschnitzerei-...)

Die Teufel

Die TeufelMythen schildern den Kampf Gut gegen Böse. Die Teufel bezeichnen das Böse. In dem Redentiner Osterspiel ist die Hölle leer, weil Christus nach dem Tod am Kreuz die Seelen aus der Hölle befreit hat. Die Teufel suchen neue Insassen und finden genügend Sünder. In einem Welttheater ergänzen die Teufel die Gesamtschau. Heil(iges) und Unheil(iges) bedingen einander.

Die Perchten

Die PeerchtenIn den Nächten vor Weihnachten durchstreifen diese schrecklichen Gestalten die Dörfer und Städte der Alpen. Frau Perchta und ihre Gesellen wollen die Menschen erschrecken, damit sie nicht mehr sündigen. Als Vorboten des Frühlings, die den Winter austreiben, stammen sie von Naturgöttern ab, die christianisiert wurden.

Artaban: der vierte der Heiligen Drei Könige

In wildem Galopp reitet Artaban zur Krippe. Er hat den Anschluss an die anderen drei Könige verloren. Auf dem Weg zur Krippe hat er sich um die armen Menschen. Die Zahl der Heiligen Drei Könige schwankte. Von 12 Königen blieben drei über, denn 381 n. Chr. reduzierte man die Zahl mit der Durchsetzung der Trinitätslehre auf drei. Artaban überlebte als Legendenfigur.

Adam und Eva: der Beginn der Geschichte

Man bezeichnet Maria und Jesus manchmal als die zweite Eva und den zweiten Adam. Das Übertreten des göttlichen Gebots, eine Frucht vom Baum der Erkenntnis zu essen, führte zum Leben in Sünde. Maria und Jesus haben dies aufgehoben. Ab jetzt ist das ewige Leben im Himmel wegen der Erlösung durch Jesus möglich.

Adam und Eva

Adam und Eva

Die Epiphaniekrippe - Ein barockes Fest der Augenweide

Diese Krippe reizt zur Auseinandersetzung. Die barocke Kunst ist von Pracht, körperlicher Bewegung, dem Aufzeigen von Gegensätzen und Zusammenhängen geprägt. Sie zeigen Grundprobleme der Menschen, die in unserer Zeit ebenso vorhanden sind wie früher. Einige Szenen dieser Simultankrippe werden dargestellt.

Die "Bühne" teilt sich in vier Teile, die die vier Zeitalter bedeuten: Das Korkeichengebirge im Hintergrund verweist auf die Urzeit, die Geburt Christi findet im "Goldenen" augusteischen Zeitalter statt. Die verfallene Burg deutet auf das Mittelalter hin, und durch das Renaissancetor gelangt man in die Neuzeit. Dieser weltgeschichtliche Ansatz spiegelt sich in einzelnen Szenen.

Angefertigt haben die Krippe Theresa und Guido Scharrer aus Straubing im Jahr 2012.

Epiphaniekrippe - (mit freundlicher Genehmigung von "Donau TV")

Vier Könige mit Gefolge

Der Zug der Sterndeuter

 

 

 

 

 

 

 

 

 

In barocken Krippen gestaltet das Prunkbedürfnis der Menschen den Aufzug der Heiligen Drei Könige besonders aufwändig. Mit großem Gefolge, vielen exotischen Tieren und Musikkapellen feiern sie die Geburt. Die Vierzahl im Barockkrippen stellt die vier damals bekannten Erdteile dar, ein Zeichen des globalen Anspruchs des Christentums.

Epiphanien

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Epiphanien sind Erscheinungen von Jesus als Gott in der Welt. Der "offizielle" Weg Jesu ist in fünf Szenen gezeigt: die Geburt, die Anbetung der Heiligen Drei Könige, die Taufe Jesu durch Johannes, die Verwandlung von Wasser in Wein auf der Hochzeit von Kana und die Verklärung Jesu auf dem Berg Tabor. Die Verwandlung von Jesus von Gott zum Menschen und wieder hin zu Gott wird so dokumentiert. Das Bild zeigt die Taufe Jesu.

 

Regionale Bezüge

 Sehr komplex ist dieser Ausschnitt. Theresa und Guido Scharrer bauten Elemente aus ihrer Heimatstadt Straubing (Niederbayern) mit ein. Viele Krippen verknüpfen das ferne Geschehen der Geburt mit heimatlichen Elementen, um sich das Heilsgeschehen näherzubringen. So steht Joseph von Fraunhofer auf der Treppe, der berühmteste Sohn der Stadt, Erfinder des Fernrohrs und damit Sterndeuter. Ein weiterer Hinweis auf Straubing ist ein Tympanon der berühmten romanischen Kirche St. Peter, der ältesten der Stadt.

Der Realist hält ein Schild in die Höhe, als protestiere er gegen etwas: "Glotzt nicht so romantisch!" Dieser Protest mit dem Zitat des Kommunisten Bert Brecht richtet sich gegen eine naiv-kitschige Art der Begeisterung für ein sentimentales Verständnis der Geburt Jesu und von Krippen. Eingebettet in den Kampf von Gut gegen Böse, Gott gegen Teufel, ist Nüchternheit und Realismus auch an Weihnachten angebracht. Die Passion ist mitzudenken.

Präfigurationen

Theologen bemühen sich, die Verzahnung zwischen dem Alten und dem Neuen Testament so eng wie möglich erscheinen zu lassen. Es sollte, um den vier Evangelien besonderes Gewicht und besondere Glaubhaftigkeit zu geben, so aussehen, als hätten die Autoren des Alten Testament das Erscheinen von Jesus vorhergesehen (präfiguriert).

Szenen aus dem Alten Testament sind auf Halbreliefs am Arkadengebäude zu sehen: Adam und Eva (am 24. Dezember Namenstag) entsprechen der Geburt, der Besuch der Königin von Saba bei Solomo bezieht sich auf die Anbetung der Heiligen Drei Könige, Noah und die Arche, zu der die Taube den Zweig bringt, weist auf die Taufe Jesu hin, die Rückkehr der Kundschafter mit der großen Traube aus dem "Gelobten Land" auf das Weinwunder von Kana, Moses und der Dornbusch im Flammenschein deuten auf die Verklärung Jesu im Feuerkranz hin.

Tod und Leben

Der Teufel Von oben regiert der Tod
die Welt. Im Paradies
unten existiert er nicht.
"Tod, wo ist dein Stachel? Hölle, wo ist Dein Sieg?"1

Dieser Hinweis auf die Passion und die Erlösung bindet das Geschehen in den religiösen Gesamtkontext ein.

1 Korinther 1,15

 

Der Narr

Kinder und Narren sagen die Wahrheit.
Deshalb darf diese Figur im Welttheater
nicht fehlen. Sie bringt auf humorvolle, manchmal auch schmerzliche Art die Menschen von allzu großer Überhebung auf den Teppich der Tatsachen. Sie spielt als Hofnarr, "Spaßmacher" und Künstler die Rolle, den Mitmenschen die Wahrheit zu sagen. Ihre Funktion im Mittelalter war es, dem  Herrscher die christliche Demut in Erinnerung zubringen. Im Hintergrund ziehen Indianer als Vertreter des Erdteils "Amerika" zur Geburtsstätte.

Bildnachweise

Das Copyright für die Bilder "Theatrum sacrum" liegt beim Autor.

Das Copyright für Bilder der Epiphaniekrippe liegt bei Guido Scharrer.

Das Copyright für "Haseidl" liegt bei Haseidl.

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