Woher stammt der Name Faultier? Wieso ist es faul?

Gut, zugegeben. Faultiere bewegen sich äußerst langsam. Aber sehr nett klingt diese Bezeichnung nicht. Wie es dazu kam? Ganz einfach, wie so oft, durch falsche Einschätzung.

Anfänglich hielt man die Faultiere durch ihr affenähnliches Aussehen schlicht für bewegungs- faule Primaten (Carl von Linné). Den Zusatz "faul" haben die Faultiere unserer allzu vermenschlichenden Sicht zu verdanken. Faultiere nehmen sehr energiearme Nahrung zu sich und schützen sich durch ihre Bewegungslosigkeit vor Entkräftung und Freßfeinden. So einfach ist das.

Rekordhalter Faultier: das langsamste Säugetier der Welt!

Na immerhin; Respekt. Nicht nur als ewiger Fragepunkt in Kreuzworträtseln punktet das "Ai", nein es ist auch noch nachweislich das langsamste Säugetier. Es schafft am Boden nur etwa 2 m pro Minute, also in der Stunde kaum mehr als 100 m. "Es ist so langsam, dass auf ihm sogar das Gras wachsen kann", meinen Spötter. Völlig daneben. Tarnung heißt die Devise und die funktioniert prächtig. Lesen Sie weiter unten zu den Algen.

Abhängen, Chillen - Yeah Mann!

So begeistert könnte sich ein Teenager heute über das Faultier äußern, wenn er es neu entdecken würde. Was er allerdings selber nur auf dem Sofa chillend natürlich nicht kann. Egal.

Der Begriff "Abhängen" könnte aber locker auf das Faultier zurückzuführen sein, denn den Großteil des Tages verbringen sie mit dem Rücken nach unten regungslos hängend in den Bäumen.

So sind sie gut getarnt, aber auch energiesparend unterwegs. Mit langsamen Bewegungen ziehen sie sich zum Fressen die Zweige heran, das Futter wächst ihnen also fast in den Mund. Da der Kopf, wie bei den Eulen um 180° drehbar ist, brauchen sie sich auch zum Umsehen nicht umzudrehen. Allerdings nicht, weil sie zusätzliche Halswirbel haben, wie lange vermutet wurde. "Faultiere sind entwicklungsgeschichtlich gesehen nichts Besonderes. Sie haben, wie andere Säugetiere auch, sieben Halswirbel, aber keine Rippen an den obersten beiden Brustwirbeln.", fand die Biologin Dr. Vera Weisbecker von der Universität Jena heraus.

Systematik

In der Klasse der Säugetiere (Mammalia) gehören die Faultiere zu den ungepanzerten Nebengelenkern oder Zahnarmen (Pilosa) mehr zu Nebengelenktieren.

  • Unterordnung: Faultiere (Folivora)
  • Familie: Zweizehen-Faultiere (Megalonychidae)
  • Gattung: Zweifinger-Faultier Choloepus
  • Art: Zweizehenfaultier, Unau (Choloepus didactylus)
  • Familie: Dreizehen-Faultiere (Bradypodidae)
  • Gattung: Dreifinger-Faultier (Bradypus)

(Bild: katja / Pixabay)

Faultiere, allgemein

Oben ist für Faultiere unten, daran sind sie perfekt angepasst. Ihre langen muskulösen Arme enden in zwei oder drei kräftigen gebogenen Krallen, die bis zu zehn cm lang werden. Die verwenden sie zum Einhängen, aber auch zum Heranziehen der Nahrung. Die Unterarme sind dabei länger als die Oberarme und so schwenkbar, dass sich der Körper kaum mitbewegen muss, um Blätter zu ernten. Die Hinterbeine sind kurz. Zum Schlafen legen sie ihren Kopf zwischen die Vorderarme auf die Brust oder sie kauern zur Kugel zusammen gerollt in Astgabeln.

  • Sogar die Leber ist der hängenden Lebensweise angepasst beim Faultier um 180° gedreht und vom Magen bedeckt.
  • Die Faultiere haben den niedrigsten Stoffwechsel aller Säugetiere.
  • Ihr Fell ist am Bauch gescheitelt, der normalen Wuchsrichtung entgegen gesetzt, damit das Wasser bestens seitlich abperlen kann. Das Haarkleid ist dick und graubraun.

 

 

Lebensweise und Ernährung der Faultiere

Faultiere sind Herbivoren, ihre Nahrung sind Blätter, Zweige, Früchte. Auch das bietet keine Veranlassung sich schneller zu bewegen, denn diese Nahrung läuft einem nicht fort. In der Dämmerung schieben sie sich gemütlich von Zweig zu Zweig, um sich von jungen Trieben und Früchten zu ernähren. Augen und Ohren sind schwach entwickelt, aber Geruchs- und Tastsinn ausgezeichnet. Sie haben zum Zerkauen kräftige, allerdings wurzellose (Pilosa = Zahnarme) Backenzähne, die den Blätterbrei zermahlen. Der Magen ist wie bei Rindern oder Schafen zur besseren Verdauung in mehrere Kammern geteilt. Die zellulosereiche Nahrung kann bis zu einem Monat zur vollkommenen Verdauung brauchen. Wasser nehmen sie zu sich, indem sie den Tau von den Blättern lecken.

Sie verlassen ihre schützenden Baumwipfel nur einmal pro Monat bzw. pro Woche zum Koten oder um einen anderen Baum zu erreichen. Am Boden sind sie relativ hilflos, sie können sich durch ihre Klauen nur am Bauch liegend ziehend fortbewegen. Dabei brauchen sie für eine kurze Strecke von 200 – 300 m eine Stunde. Allerdings sind sie im Wasser gute Schwimmer. Faultiere sind zehn Stunden pro Tag aktiv und verbringen die restliche Zeit regungslos mit Verdauen. Dabei fällt ihre Körpertemperatur auf 24° um Energie zu sparen. Neue Studien bei den Faultieren liefern immer wieder wieder neue Erkenntnisse.

Wie paart sich das Faultier? Ganz langsam?

Wie geht der Witz? "Wie paaren sich Igel? - Äußerst vorsichtig!" Und Faultiere? Äußerst langsam?

Möcht'mal wissen, wie sich ein "Faultier" vermehrt! Schaue ständig Naturfilme, aber diese Frage wurde mir bisher noch nicht beantwortet! Weiß das jemand?

Bei den Dreifinger-Faultieren ist die Paarungsstellung noch nicht beobachtet worden, bei den Zweifinger-Faultieren hängen die Partner an den Armen und pressen die Bäuche aneinander. 

Faultiersex: Wir haben viel Zeit, Liebes...

"Einerseits ja, andererseits nein", sagt Mark Rosenthal, der für ein Artenschutzprogramm in Michigan arbeitet. Er hatte das sehr seltene Glück, den Faultiersex filmen zu können. Und sprach dazu einen Kommentar, der in seiner Erzählweise dem Vorgang angepasst ist: "Jetzt ... versucht er's. ... Sie ... hält still. ... Er ... versucht's noch mal. ... Liebe ... Zuschauer, ... habt Geduld. ... Es sind ... Faultiere."

Faultiere haben keine festen Paarungszeiten. Die Paarungsstellung ist Bauch an Bauch, hängend auf den Bäumen. Die Tragzeit variiert bei Dreifinger- und Zweifingerfaultier. Gemeinsam ist, dass es nur ein Junges gibt, das von der hängenden Mutter mit dem Kopf voran ohne Embryonalhaut heraus gepresst wird. Sobald es den Kopf frei hat, hilft es bereits kräftig mit. Sofort kriecht es am Bauch der Mutter weiter bis zu den Zitzen.

  • Das Junge ist kurzwollig behaart und hat Augen und Ohren bereits geöffnet. Sein Fell ist zuerst oberseits dunkel, damit es sich vom Bauch der Mutter nicht abhebt. Die Mutter trägt es bauchseits immer mit sich herum. Mit vier Monaten wechselt es die Färbung, mit einem ¾ Jahr verlässt es eigenständig den Körper der Mutter. Mit 2 1/2 bis 3 Jahren ist es geschlechtsreif. Faultiere erreichen ein Alter von 30 bis 40 Jahren.

Zweifinger-Faultiere

Zweifinger-Faultiere haben an den Vorderfüßen nur zwei Zehen (Finger). Sie sind weniger auf spezielle Nahrung festgelegt und wechseln daher häufiger von einem Baum zum anderen. Daher sind sie auch besser in Zoos zu halten. Das eigentliche Zweifinger-Faultier mit dem Namen "Unau" ist olivbraun bis olivgrau gefärbt, wird bis 70 cm lang und kommt in Guyana und Nordbrasilien vor.

Zweifinger-Faultiere (Choloepus):

  • Eigentliches Zweifingerfaultier oder Unau (Choloepus didactylus)
  • Hoffmann-Zweifingerfaultier (Choloepus hoffmanni)

 

Ist so ein Baby-Fautier nicht einfach zum Verlieben?

Dreifinger-Faultiere

Die Hinterbeine aller Faultiere tragen drei Zehen, die Dreifinger-Faultiere haben an den Vorderarmen drei Finger. Dreifinger-Faultiere sind Nahrungsspezialisten; sie sind auf die Blätter und Früchte des Ameisenbaumes (Cecropia) angewiesen. Durch ihre Langsamkeit stellen sie für die Ameisen aber keinen Feind dar, werden deshalb von Ameisenbissen verschont. Das Weißkehl-Faultier erhielt den volkstümlichen Namen "Ai", weil es vor allem während der Paarungszeit einen derartig klingenden lang gezogenen Ruf von sich gibt. Es ist silbergrau gefärbt und wird etwa 50 cm lang, Vorkommen in Mittel- und Südamerika.

Dreifinger-Faultiere (Bradypus)

  • Kragenfaultier (Bradypus torquatus)
  • Braunkehl-Faultier (Bradypus variegatus)
  • Weißkehl-Faultier oder Ai (Bradypus tridactylus)
  • Zwerg-Faultier (Bradypus pygmaeus)

Ich pflanze mir ein paar Algen ins Fell!

Das ist eine besondere Spezialität des Dreifingerfaultiers Bradypus variegatus.

  • Jedes Faultierfellhaar hat kleine Kerben, in denen zur Regenzeit winzige Grünalgen der Gattung Trichophilus wachsen, dadurch werden die Faultiere fast unsichtbar in den Baumkronen. Als »Gegenleistung« finden die Algen in dem Fell ein feuchtwarmes Klima und damit äußerst günstige Lebensbedingungen vor. Es handelt sich hier also um eine echte Symbiose, eine Lebensgemeinschaft zum beiderseitigen Nutzen. Und zu guter Letzt profitiert auch noch ein weiteres Tier davon. 
  • Hier geht es dem Faultier leider oft an den Kragen:

  • Einmal pro Woche steigt das Dreifingerfaultier vom Baum herab, um dort seine Kothaufen abzusetzen. Nicht um speziell den Baum zu düngen, wie man bisher annahm, sondern als Nahrungsteppich für eine Mottenart, den kleinen Zünsler (Cryptoses spp.). Leider ist es in dieser Situation leckere Beute für all seine Fressfeinde. Kein Wunder, dass es sich mal seine Notdurft lange verkneift, oder?
  • Wissenschaftler fanden heraus, dass die Motten ihre Eier in den frischen Kot der Faultiere legen. Er dient den Larven als Nahrung, die - zu Motten herangewachsen – wieder zu einem Faultier fliegen. Die Insekten bringen Stickstoff- und Phosphorverbindungen ins Fell, die wiederum den winzigen Algen als Nahrungsgrundlage dienen, berichten die Forscher.
  • Zum Abschluss, bei der Fellpflege, bedeuten die Algen eine leicht verdauliche und fettreiche Ergänzung des sonst nährstoffarmen Speiseplans.

Deshalb scheiterte bis vor einiger Zeit die Aufzucht von Dreifingerfaultieren in Zoos, da man von dieser notwendigen Zusatzkost nichts wusste.

Wo gibt es Faultiere zu sehen?

Strubbelige Haare, schwarze Knopfaugen und eine Nase wie eine Steckdose: So lässt sich das kleine Faultier beschreiben. Es ist geschätzte 20 Zentimeter groß und wiegt rund 400 Gramm. Das Geschlecht kann derzeit noch nicht bestimmt werden. Für die beiden Zweifingerfaultiere Alberta und Einstein, die seit 2006 im Tiergarten Schönbrunn leben, ist es das dritte Jungtier.

Haltung in VDZ-Zoos: Berlin-Zoo, Chemnitz, Dortmund, Dresden,
HeidelbergDuisburg, Eberswalde, Frankfurt, Halle, Hannover, Heidelberg, Herberstein, Karlsruhe, Krefeld, Leipzig, München, Nordhorn, Osnabrück, Rostock, Schmiding, Schwerin, Straubing, Stuttgart, Wien, Wuppertal, Zürich.

 

 

Sie kennen nun das langsamste Säugetier ...

... wie wäre es mit Kennenlernen

Quellen

  • e.enyclopedia animal, Dorling Kindersley, London 2005
  • Unbekannte Tierwelt, Weltbild, 1997 Augsburg
  • Mein Bildlexikon Tiere, Weldon Owen; Xenos Verlag, 2013 Hamburg
  • Das A und O im Zoo, Sheridan; Schüling Verlag, 2011 Münster
Adele_Sansone, am 23.08.2015
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Bildquelle:
a.sansone (Kapern - Woher sie kommen, wie sie aussehen und wo sie besonders gu...)

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