Im Weste(r)n viel Neues

Westworld: DVD-CoverIn nicht allzu ferner Zukunft: Was heute "Disneyworld" darstellt, ermöglicht dann der Vergnügungspark "Delos", nämlich das Eintauchen in eine Phantasiewelt. Allerdings ist das Angebot von "Delos" nicht jugendfrei und nur für reiche Gäste leistbar. Für tausend Dollar am Tag können sich Vergnügungssuchende als edle Ritter, römische Herrscher oder Revolverhelden im Wilden Westen betätigen.

Die Besonderheit daran: Sämtliche Rollen werden von Robotern übernommen, die darauf programmiert sind, den Gästen jeden Wunsch von den Lippen abzulesen - oder sich, wie im Falle der "Westworld" - mit ihnen anzulegen und als Verlierer vom Platz zu gehen.

 

Auch die beiden Freunde Peter Martin (Richard Benjamin) und John Blane (James Brolin) entscheiden sich für die "Westworld", um ein paar Tage lang den Stress und Ärger des Alltags hinter sich zu lassen. Prompt werden sie unmittelbar nach der Ankunft in der täuschend echt dem Wilden Westen nachgebauten Kunstwelt vom schwarz gekleideten Gunslinger (Yul Brynner) zum Duell aufgefordert. Wie vorgesehen zieht die Maschine den Kürzeren und Peter und John vergnügen sich in der Nacht mit hübschen Roboter-Dirnen.

 

Der nächste Tag bringt allerdings eine Wendung mit sich: Ein Computervirus legt das System von "Delios" lahm und ändert die Programmierung der Roboter dahingehend, dass sie die Gäste töten sollen. Ein erneutes Duell mit Gunslinger endet für John folglich mit dem Tod. Zu überlegen ist die Maschine, die nun dem letzten noch lebenden Gast nachsetzt: Martin...

Drehbuch und Regie: Michael Crichton

Nie war die Science Fiction aufregender und verspielter als in den frühen 1970er Jahren: Angefangen von Dystopien wie "Soylent Green" über diverse Sequels von "Planet der Affen" bis hin zu Avantgarde-Produktionen wie George Lucas' "THX 1138" reichte die Palette der Filmwerke. Einer der erfolgreichsten und bis heute beliebtesten Streifen jener ganz besonderen Ära stellt "Westworld" dar. Nicht zuletzt dank des Drehbuchs von Michael Crichton stach diese Genreproduktion hervor.

 

Was er später in seinen Romanen verfeinern und perfektionieren sollte, findet sich in den wesentlichen Grundzügen in "Westworld" wieder: Die Warnung vor der allzu menschlichen Hybris in Form der völligen Auslieferung an Technik. Dabei schreckte der viel zu früh verstorbene Michael Crichton vor simpler Schwarzweiß-Malerei zurück. Er verstand Technik als großartige Hilfe für den Menschen, deren Auswirkungen und möglichen negativen Konsequenzen viel zu wenig beachtet werde.

 

 

Science-Fiction-Klassiker "Westworld"

Keinesfalls verdammte er den technologischen Fortschritt, ganz im Gegenteil: Seine Romane lasen und lesen sich wie Lobgesänge auf den Erfindungsreichtum des Menschen. Doch wie im Falle des auf den ersten Blick harmlos wirkenden "Westworld" geraten Unschuldige in die Mühlen eben jenes Fortschritts und werden darin zermahlen oder entkommen dem Mahlwerk als drastisch Geläuterte. Im Spielzeugland der Erwachsenen droht das Ungemach in Form des Entfesselung der Technik. Wie bei Frankenstein wendet sich die Schöpfung gegen ihre Erschaffer.

 

Trotz des düsteren Untertons funktioniert "Westworld" als pures Entertainment und wartet mit zur Entstehungszeit sensationeller Tricktechnik auf, die heute natürlich verstaubt wird. Insbesondere die Anfangssequenz an Bord eines Hovercraft wirkt geradezu putzig. Die naive Technikgläubigkeit wandelt sich rasch in blankes Entsetzen, als die Gäste von den außer Rand und Band geratenen Robotern massakriert werden. Hierbei sticht Yul Brynner in seiner Paraderolle als cooler Westernheld hervor und spielt den restlichen Cast locker an die Wand.

 

 

Blaupause des "Terminator"

Dabei weiß nicht nur die fesselnde Story zu überzeugen. Mehr als ein Jahrzehnt vor James Camerons "Terminator" liefert Yul Brynners Gunslinger die Blaupause für eine unaufhaltsame, tödliche Maschine ab. Stoisch verfolgt der Roboter sein Ziel der Eliminierung von Menschen. Kugeln und selbst Feuer kann einer solchen Maschine wenig anhaben. Bemerkenswert ist auch das erstmals verwendete Konzept eines Computervirus, der zwar nicht als solcher benannt, aber unverkennbar entsprechend beschrieben wird. Kenner von "Jurassic Park" werden verblüfft sein, wie viele Kernelemente der Dino-Park sowohl in der literarischen Vorlage als auch im Steven-Spielberg-Film übernommen hat.

 

Futureworld

Futureworld mit Peter FondaAuf Grund des großen Erfolges konnte eine Fortsetzung nicht ausbleiben, die drei Jahre später unter dem Titel "Futureworld" und mit Peter Fonda in der Hauptrolle in die Kinos kam. Yul Brynner absolviert einen Gastauftritt, der - wie kaum anders zu erwarten - den Film nachhaltig im Gedächtnis verankert.

Überhaupt bot das Sequel kein simples Remake, sondern eine clevere und damals originelle Plotprämisse. 1980 folgte sogar eine TV-Serie, die allerdings wenig erfolgreich war und nach nur fünf ausgestrahlten Folgen eingestampft wurde. 2012 soll ein Remake erfolgen, das übrigens bereits in den 1990er Jahren hätte produziert werden sollen, damals mit Arnold Schwarzenegger in der Hauptrolle. Was durchaus passend gewesen wäre: Die Verkörperung des T-800 hatte ihn berühmt gemacht, der wiederum unverkennbar auf dem Gunslinger aus "Westworld" basierte.

 

Fazit: Trotz einiger logischer Ungereimtheiten ist dieser Science-Fiction-Klassiker noch heute pures Sehvergnügen und kann nicht nur Fans des Genres ans Herz gelegt werden.

Originaltitel: "Westworld"

Regie: Michael Crichton

Produktionsland und -jahr: USA 1973

Filmlänge: ca. 85 Minuten

Verleih: Warner Home Video

Deutscher Kinostart: 24. Januar 1974

FSK: Ab 16 Jahren freigegeben

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