Das neue Kryptodrama

Ein neues Drama erschüttert die Kryptowelt. Nachdem im Mai 2022 die Kryptowährung Terra/Luna ins Bodenlose und das Kryptouniversum ins Chaos gestürzt war, meldete am vergangenen Freitag die drittgrößte Kryptobörse FTX Insolvenz an. Auf die klassischen Börsen hatte der Crash von FTX und der Absturz am Kryptomarkt übrigens keine Auswirkungen. Sie verzeichneten Kursgewinne. Bis zuletzt hatte SBF, wie Sam Bankman-Fried in Kryptokreisen genannt wird, versucht, sein Unternehmen zu retten. Allerdings war niemand bereit zur Rettung zu eilen, auch nicht seine Promi-Freunde, zu investieren.

FTX is Down

FTX is Down (Bild: Bybit.com / Flickr)

Wer ist Sam Bankman-Fried?

Sam Bankman-Fried galt als das Wunderkind der Kryptoszene. Seine Markenzeichen sind ein dunkler Wuschelkopf und ein betont lockeres Auftreten. Statt Anzug und Krawatten trägt er lieber Badelatschen und Shorts. SBF, wie Sam Bankman-Fried in Kryptokreisen genannt wird, wurde am 6. März 1992 in Stanford, Kalifornien geboren. Seine Eltern sind Juraprofessoren an der Stanford Law School. SBF studierte am MIT (Massachusetts Institute of Technology) Mathematik und Physik. Nachdem er sein Studium abgeschlossen hatte, führte ihn sein Weg in die Finanzbranche. Er arbeitete bei Jane Street Capital, die mit internationalen ETF's handeln. Dort blieb er insgesamt vier Jahre, bevor er 2017 Alameda Research gründete. Sein Vermögen machte er, laut eigenen Angaben, mit dem Arbitrage-Handel. Hier wird, vereinfacht erklärt, ein Vermögenswert (im Fall von SBF war es Bitcoin) auf einem Markt günstig gekauft und auf einem anderen Markt teurer wieder verkauft. SBF kaufte Bitcoin in den USA und verkaufte diese wieder in Japan. Angeblich hätte er damit seine ersten Millionen verdient. Schon während seines Studiums begann SBF, sich mit effektivem Altruismus zu beschäftigen. Während er bei Jane Street Capital arbeitete, spendete er die Hälfte seines Gehalts an gemeinnützige Organisationen.

FTX Filed Bankruptcy

FTX Filed Bankruptcy (Bild: Bybit.com / Flickr)

Die Gründung von FTX

2019 gründete Sam Bankman-Fried dann FTX. Ein besonderes Merkmal der Börse waren die vergleichsweise niedrigen Gebühren und dass Anleger beziehungsweise Händler sogar mit FIAT-Geld Kryptos kaufen konnten. Einer der ersten Investoren in das Unternehmen war übrigens Binance, deren Chef Chanpeng Zhao am späteren Niedergang von FTX nicht ganz unbeteiligt war. Weitere Investoren waren unter anderem Blackrock, Tiger Global und Sequoia Capital. Auch der Firmensitz auf den Bahamas war geschickt gewählt. Somit konnte die Börse außerhalb des Zugriffs der SEC arbeiten. 2020 eröffnete er allerdings auch eine kleine FTX-Niederlassung in den USA und betrieb Lobbyarbeit für Kryptowährungen im Kongress. Anfang 2022 wurde die Börse noch mit 40 Milliarden US-Dollar bewertet.

Der schöne Schein

Noch im April dieses Jahres fand auf den Bahamas, dem offiziellen Sitz von FTX, eine große Pressekonferenz statt. Dazu eingeladen war die Prominenz der alten und neuen Finanzwelt. Zu Gast waren unter anderem Kevin O'Leary, Anthony Lewis oder Cathy Wood.

Auf der Bühne stand unter anderem der Premierminister der Bahamas, Anthony Scaramucci. Er bewarb die Insel als den Standort für Start-ups. Zahlreiche Prominente und Profi-Investoren hatten in die Kryptobörse investiert, darunter Tom Brady und seine Exfrau Giselle Bündchen und Kevin O'Leary (bekannt aus Shark Tank). Eine Eintrittskarte kostete mehr als 3.000 Dollar.

Es gab schon früher Anzeichen

 Dass es bei FTX nicht ganz so großartig läuft, wie SBF der Öffentlichkeit verkaufen wollte, zeichnete sich allerdings ab. Es gab immer wieder Berichte, dass die Börse finanziell auf sehr wackeligen Füßen steht. Anfang November 2022 folgte dann der Super-Gau. Bilanzzahlen von Alameda Research waren durchgesickert und die zeigten, dass das Unternehmen, nun ja, auf sehr wackeligen Füßen stand. Ein großer Teil des Vermögens von Alameda war in den FTT-Token gebunden, also der nativen Kryptowährung von FTX.

Der Clinch mit Binance Gründer Changpeng Zhao

Die Pleite von FTX ist gleichzeitig auch der Showdown im Streit zwischen dem Binance Gründer (der größten Kryptobörse der Welt) und Sam Bankman-Fried. Hinter nicht ganz so verschlossenen Türen munkelt man, dass es pure Absicht von CZ war, FTX so in Bedrängnis zu bringen, um einen Konkurrenten auszuschalten. Fakt ist, dass CZ einen nicht unerheblichen Anteil am Niedergang der Kryptobörse haben dürfte. Anfang November 2022 kündigte er in einem Tweet an, dass Binance sämtliche Bestände an FTT die die Börse zu diesem Zeitpunkt noch gehalten hat, zum Verkauf anbieten wird. Grund seien die "jüngsten Enthüllungen" - damit meinte er vermutlich die durchgesickerten Bilanzzahlen. Außerdem wolle er keine Leute supporten, die Lobbyarbeit hinter dem Rücken anderer Branchenakteure betrieben, so CZ in einem weiteren Tweet sinngemäß.

Der sowieso schon nervöse Kryptomarkt reagierte sofort und die Anleger zogen ihr Geld bei FTX ab, mit den bekannten Folgen. 2019 investierte der Binance Chef allerdings noch in FTX. Danach begannen sich die Fronten zwischen den beiden Kryptosuperstars allerdings zu verhärten. Ein Grund könnte sein, dass Sam Bankman-Fried die Regulierungsversuche der US-Behörden versuchte, mit seiner Lobbyarbeit zu beeinflussen. Wobei man an dieser Stelle sagen muss, dass SBF der Regulierung positiv gegenüberstand, während CZ diese rundweg ablehnte. Die beiden lieferten sich auch das ein oder andere Wortduell auf Twitter. CZ hatte übrigens in Aussicht gestellt, dass Binance eventuell FTX aufkauft, nach Prüfung der Bücher ist man allerdings von dieser Idee zurückgetreten.

Der neue CEO von FTX stellt SBF kein gutes Zeugnis aus - vorsichtig gesagt

Der neue Chef bei FTX ist John Ray, welcher unter anderem mit der Abwicklung des US-Konzerns Enron betraut war. Der Mann hat über 40 Jahre Erfahrung und ist über den Zustand von FTX entsetzt. Er habe noch nie so ein komplettes Versagen an Unternehmenskontrolle und so einen Mangel an vertrauenswürdigen Finanzunterlagen, sagt Ray. Das Verhalten von SBF und seiner Führungsriege sei schlicht und einfach inakzeptabel (Quelle: Der Spiegel). Währenddessen spielt Sam Bankman-Fried weiterhin das "Unschuldslamm". Nachdem er sich bei seinen Kunden entschuldigt hat, sagt er nun, dass es ein Fehler war einen US-Insolvenzantrag zu stellen. Mittlerweile sind allerdings auch die Gelder auf den Bahamas eingefroren. Fakt ist, dass durch das Verhalten von Sam Bankman-Fried und dem Crash von FTX und dem Zusammenbruch von Terra/Luna das Vertrauen in die Kryptowelt nachhaltig beschädigt sein dürfte. Weiterhin steht der Vorwurf im Raum, dass SBF Kundengelder veruntreut hat.

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