Wer hat an der Uhr gedreht?

Keiner mag es zu warten. Warten bedeutet Stillstand, nichts tun und der verzweifelte Versuch irgendwie die Zeit rumzubekommen bis das Hauptereignis eintritt. Das ist bei einem Konzert nicht anders: Das Anstellen für die ganz Pünktlichen zum Einlass, die darauffolgende Ticketkontrolle und schließlich das Warten auf die Band lassen einem manchmal zur Weißglut treiben. Einlass und Konzertbeginn des Hauptakts trennen mindestens zwei Stunden. Um das Warten den Fans ein bisschen zu versüßen setzt man auf Vorbands, die die Menge ablenken und als angenehmes oder aber auch unangenehmes Hintergrundgeräusch bei Unterhaltungen untereinander fungiert. Denn meist werden Vorbands leider vom Publikum als nichts anderes als Lückenfüller angesehen.

Gemeinsame Sache

Dabei kann es sich lohnen der Vorband ein wenig Aufmerksamkeit zu schenken. Meist kommt es vor, dass die Hauptband und die Support-Band aus ein und demselben Label stammen. Das dient vor allem für die Steigerung des Bekanntheitsgrades des Labels, aber natürlich profitieren auch die Bands, die als Gesichter die jeweiligen Labels präsentieren. Namentlich erscheinen die Vorbands bei Konzertrezensionen, teilweise auch auf den Tickets. Schwarz auf weiß prägt sich ein, wird archiviert und macht sich sicherlich gut in dem Lebenslauf der Bandkarriere.

Das gemeinsame Label bietet einen weiteren Vorteil: Den Hauptband ähnelnden Musikstil. Keiner will bei einem Metalkonzert einen Schlagerakt als Vorband oder umgekehrt. Die musikalische Nähe bindet und soll vermitteln "hey wir sind wie ihr." Und das kommt an. Nicht selten werden Vorbands gefeiert und das liegt nicht immer am steigenden Bierkonsum, der von Minute zu Minute zunimmt. Es kommt auch oft vor, dass die Vorband zum eigentlichen Highlight wird oder dass Konzerte nur wegen der Vorband besucht werden und der Hauptakt schon fast zur Nebensächlichkeit wird. Man darf nicht vergessen, dass auch Support-Bands eine – wenn auch kleinere – Fanbase haben, die die Band nur dann sehen können, wenn sie ein Ticket kaufen, wo ihr Name vielleicht nicht groß draufsteht.

Coldplay Concert Auckland (Bild: Grayskullduggery / Flickr)

No risk no fun - Gewinn und Verlust

Natürlich gibt es auch die andere Seite: gähnende Leere und eine Stimmung, die es nicht würdig ist überhaupt als Stimmung bezeichnet zu werden. Vor allem Local Supports, Bands, die aus dem Umland stammen, noch keine feste Fanbasis aufgebaut haben, scheinen an der Aufgabe Support-Band aka Einstimmungsband zu scheitern. Man kann es ihnen nicht immer verübeln, dass ihre Anheitzsprüche und Versuche das Publikum klatschmäßig zu motivieren auf keine Reaktionen stoßen. Es entsteht einfach keine Stimmung und manchmal kommt es vor, dass das Publikum noch zu verklemmt ist, zu zeigen, dass ihnen die Musik doch gefällt. "Als einziger aus der Reihe tanzen und laut jubeln? Das mach ich nicht." Stillschweigen heißt bei dem Publikum nicht immer Missfallen. Aus der Sicht der Band muss man ein Gefühl dafür entwickeln, wie viel dem Publikum wirklich zumutbar ist.

Es reichen dennoch schon ein paar Personen, die die Musik toll finden. Über soziale Netzwerke kann man leicht seine Meinungen kundtun und stets neue Fans dazugewinnen. Deswegen sind es auch oft die Vorbands, die sich nach dem Konzert in der Vorhalle noch einmal blicken lassen, um mit den Konzertbesuchern für ein gemeinsames Foto zu posieren. Genau das ist es, was die Vorbands letztendlich anstreben: Fans mit Sympathie gewinnen, in positiver Erinnerung bleiben, Konzerte als Sprungbrett benutzen und vor allem Connections knüpfen. Ein Konzert ist immer noch ein Event, an dessen Umsetzung mehrere, wichtige Personen beteiligt sind.

In eigener Sache

Bands sollten es sich trotzdem genau überlegen, ob sie als Vorband auftreten wollen, denn wer denkt, Bands könnten daran viel verdienen, liegt falsch. Oft müssen kleine Bands bezahlen damit sie überhaupt als Vorband einer namenhaften Band spielen dürfen. Hinzu kommen die Ausgaben für den Transport, die Fahrt und die Unterkunft, die auch alle von der Band selbst getragen werden müssen. Wer neuen potenziellen Fans auf einem Konzert noch Merchandise anbieten will, muss ebenfalls in die Tasche greifen: Die Standmiete wird einem nicht geschenkt. Da muss jede Vorband für sich selbst entscheiden, ob sich der Aufwand und die Mühe hinsichtlich der Ausgaben lohnt und welche persönlichen Prioritäten sie setzten: Spaß, Geld, Bekanntheit usw.

Fazit

Es gibt kein klares Ja oder Nein für das Mini Business "Support-Band". Die Gelegenheit seitens der Band und der Fans ist aber gegeben: Der Gewinn neuer Fans und das musikalische Vergnügen, eine neue Band entdeckt zu haben. Wer kein Spaß an Vorbands hat, sollte sich im Vornherein informieren wer auftritt, sich die Musik anhören und dann entscheiden, ob er nicht lieber erst eine Stunde später erscheinen soll – dann aber das Risiko eingeht, die Hauptband in den hinteren Reihen anhören zu müssen. Warten lohnt sich manchmal also gleich doppelt.

Janaklar, am 20.05.2016
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Bildquelle:
Vera Kriebel, 2018 (Reggae-Festival 2018, Dortmund)
Vera Kriebel, 2018 (Warum auf einen Mittelalter-Markt gehen?)
© Nicole Hanser ("Post City"– das Ars Electronica Festival 2015 in Linz (OÖ))

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