Sprecher werden

Eine schöne Stimme allein reicht nicht

Eine schöne Stimme ist vergleichbar mit einem Instrument, wenn Sie darauf nicht spielen können, nützt es nichts. Oma und Tante Lisbeth sind kein objektives Publikum

 

So oder So?

Ungefähr 100 Synchronsprecher und –sprecherinnen gibt es in der Bundesrepublik, meistens Schauspieler. Aber sie machen nur einen geringen Prozentsatz aus.

Nachrichtenfilme im TV ohne eine begleitende Stimme? Radiowerbung nur mit Musik unterlegt? Gibt's nicht. Ohne Sprache wären wir wieder in der Stummfilmzeit. Im Folgenden wird Ihnen erklärt, in welchen Arbeitsbereichen ein Sprecher tätig wird, wie man diesen Beruf ausüben kann, welche Technik Sie benötigen, was ein Profi können muss und welche Verdienstmöglichkeiten es gibt. Der Begriff "Sprecher” ist nicht geschützt, jeder darf sich so nennen. Eine geregelte Ausbildung gibt es nicht.

Diese Grundvoraussetzungen sollten Sie mitbringen:

  1. ein klare deutliche Aussprache, frei von Dialekten

  2. keine Scheu vor dem Mikrofon

  3. möglichst Fremdsprachenkenntnisse, um die gängigsten Begriffe perfekt aussprechen zu können

 

Selten sind Sprecher Autodidakten. Besuchen Sie entsprechende Seminare oder buchen Sie einen Sprech-Coach. Adressen finden Sie im Internet. So vorbereitet können Sie jetzt Erfahrungen sammeln. Bürgerfunk-Gruppen, Uni-und Krankenhaussender oder Internetradios haben häufig Bedarf an Sprechern. Hier können Sie die ersten Sprechversuche wagen. Sehen Sie es als Praktikum. Neulinge lernen, auf Rotlicht ins Mikrofon zu sprechen und kleine Pannen zu überspielen. Wer alles noch vertiefen möchte, der sollte sich um ein Volontariat bei einem privaten Radio-Sender bemühen. Das Praktikum dauert 18 bis 24 Monate. Hier lernt der Volontär nicht nur die Arbeit vor dem Mikrofon, sondern solides journalistisches Grundwissen. Sie erfahren hier, wie Sie einen Text hörfunkgerecht umschreiben, wie Sie ein Interview führen oder wie eine Audioproduktion entsteht. Sehr gute Tipps finden Sie hier: http://amzn.to/1eBaMQG

 

 

 

Jetzt beginnt Ihre Vermarktung

Sie haben Wissen und Können angehäuft und möchten jetzt selbstverständlich damit Geld verdienen. Als Sprecher sollten Sie unbedingt eine eigene Webseite haben. Kostenlose Baukastensysteme finden Sie im Internet.

  1. Nehmen Sie einige Demos auf, vielleicht haben Sie ja auch Mitschnitte aus der Zeit Ihres Volontariats oder den Sendern bei denen Sie beschäftigt waren. Bitte unbedingt das Urheberrecht abklären, damit es nicht zu Schwierigkeiten kommt!

  2. Senden Sie an große Tonstudios per email einige Demos. Pro Demo nie länger als 3 Minuten. Meistens sind Studios immer auf der Suche nach neuen Stimmen.

  3. Ein Eintrag in eine Sprecher-Datenbank ist eine weitere Möglichkeit. Manche sind kostenlos, einige verlangen ein geringes jährliches Entgelt.

Bei einer Datenbank erstellen Sie ein Profil. Zeigen Sie dabei Ihre sprecherische Bandbreite. Diese Datenbanken sind recht gut bei Google platziert, deshalb könnte bereits kurz nach Ihrem Eintrag das erste Sprechercasting anstehen. Ein Auftraggeber kann Sie so schnell und unkompliziert buchen.

 

Das Equipment 

Das benötigen Sie für Ihre eigene Sprachaufnahme

Außer der eigenen Stimme, sind natürlich einige technische Geräte unerlässlich. Hier eine Übersicht der notwendigen Ausstattung: 

Mikrofone

Ein Minimikrofon für 50 Euro kann keine Super Aufnahmen machen, auch wenn manche "Hobbykünstler” dies behaupten. Sie wollen schließlich auf Dauer mit Ihrer Stimme Geld verdienen, deshalb muss auch das Arbeitsmaterial hochwertig sein. Die Firmen Brauner und Neumann geben unter den Mikrofonen nach wie vor den Ton an. Hier liegen die Preise zwischen 1000 und 3500 Euro. Die Firma AKG liefert auch einige sehr gute Mikrofone zu einem Preis deutlich unter 1000 Euro. Holen Sie sich Rat von einem Toningenieur oder suchen Sie ein gutes Fachgeschäft auf. Ihr Mikrofon sollte einen ausgewogenen, verzerrungsfreien Klang, präzise Mitten und Höhen und geringes Eigenrauschen haben. Am gebräuchlichsten sind Mikros mit Nieren oder Super-Nierencharakteristik. Röhrenmikrofone klingen zwar meist satter und weicher, rauschen aber mehr. Unentbehrlich für jede Sprachaufnahme ist der Poppschutz. Ein netzartiges Gebilde - sieht meistens aus wie ein kleiner Stickrahmen - das vor dem Mikro angebracht wird

Schalldämmung

Jeder Raum hat seinen eigenen Klang. Badezimmer oder Treppenhäuser haben eine andere Raumakustik als ein Wohnzimmer. Bei einer professionellen Aufnahme sollte kein Raumklang vorhanden sein. Was also tun? Türen und Fenster müßen Gummidichtungen haben, selbst Schlüssellöcher sollten Sie bei einer Aufnahme verstopfen. Ein sogenannnter MIC-Screen ist ein Hilfsmittel, das direkt hinter dem Mikrofon platziert wird. Es ist eine Kombination aus Absorber-Schaumstoff im vorderen Bereich, der auf einer Metalllochplatte befestigt ist. Er lässt sich mittels eines Scharniers je nach Bedarf weiter oder enger einklappen. Im Fachhandel gibt es auch aufstellbare Absorber, die hinter dem Sprecher platziert werden und für einen trockenen Raumklang sorgen. Eine externe Sprecherkabine ist natürlich das Maß aller Dinge. Fertige Profi-Kabinen sind bereits ab 4000 Euro erhältlich.

Vorverstärker/Soundkarte/Computer

Sie haben nun alle diese Dinge angeschafft und fragen sich jetzt, wie Ihr gesprochenes Wort denn nun in den Computer geschickt wird? Hier schlägt die Stunde für Vorverstärker, Aufnahmegerät und Soundkarte. Z.B. der Focusrite Scarlett ist ein kleines kompaktes Gerät mit dem Sie bestens ausgerüstet sind. Verbinden Sie dieses Gerät mit dem Mikrofon und ihrem PC oder Mac. Ihr Computer sollte am besten mit einer Chip-Karte ausgestattet sein. Ein Gerät mit einer Festplatte braucht einen Lüfter und der gibt bekanntlich Nebengeräusche ab. Jetzt fehlt nur noch eine geeignete Software zum Aufnehmen und Schneiden. WaveLab, Soundforge, Cubase und ProTools sind ausgezeichnet geeignet. Im Netz gibt es auch ein kostenloses Programm namens Audacity. Mit welcher Software Sie am besten zurechtkommen, ist halt eine Geschmacksfrage.

Kopfhörer

Um die Sprachaufnahme zu kontrollieren, brauchen Sie einen Kopfhörer. Hier bieten sich Kopfhörer mit einem geschlossenen System an. Führend sind hier AKG-Kopfhörer.

APT-X

Viele Sprecher nutzen heute APT-X. Das sind Audio-Übertragungen mit den APT-X Codecs über das öffentliche ISDN-Netz. Das Besondere dabei: Kunde X sitzt in Hamburg, Sie selbst in Köln. Den Text, den Sie sprechen, zeichnet das Hamburger Studio in Echtzeit auf. Also, genau so, als wären Sie vor Ort. Dadurch können Sie direkt mit dem Kunden bzw. dem Toningenieur kommunizieren. In der Zwischenzeit arbeiten auch viele Sprecher über Skype.

 

Allrounder oder besser spezialisieren?

Nicht jeder gute Sprecher muss auf allen Gebieten gleich gut sein. Wichtig ist, dass Sie sich selbst realistisch einschätzen und Ihre Stärken kennen.

Synchronsprecher

Synchronsprecher leihen den Filmstars ihre Stimme. Wenn Sie für einen bestimmten Star die Stimme sind und dieser oft auf der Leinwand erscheint, dann können Sie natürlich auf gute Gagen hoffen. Es gibt rund 30 Synchronstudios in Deutschland, die Mehrzahl in Berlin, Hamburg, München und Köln. Die Takes, so werden die zu sprechenden Sätze genannt, werden meist mit 5 bis 10 Euro pro Take vergütet. Sprachliche Sicherheit, Schauspieltalent und ein hohes Maß an Konzentration sind die Voraussetzungen. Für Anfänger ist es extrem schwer in diesem Metier Fuß zu fassen. Studiozeit ist teuer und Aufnahmeleiter gehen ungern Risiken ein. Also bleiben der Masse nur die kleineren Einsätze. Einzelne Sätze oder sogenannte Massetakes, Gruppen von Menschen, die schreien, keuchen, brüllen, wimmern usw. Die meist gezahlten 50 Euro für diese Einsätze sind nicht gerade üppig bemessen.

Tipp: Achten Sie auf Schulungen, die im Internet angeboten werden.

 

Werbesprecher

Weitaus lukrativer gestalten sich die Honorare im Bereich der Werbung. Ob Hustenmittel, Tiernahrung oder Fluglinien – alle benötigen Sprecher für diese Produkte. Zwar gibt es auch hier viele Schauspieler, aber die schnelllebige Branche braucht immer wieder neue Stimmen. Auch im digitalen Zeitalter führen große Studios noch Castings durch. Den Bewerbern wird ein Text vorgelegt, der unter realen Bedingungen gelesen wird. Dabei kommt es darauf an, wie flexibel der Kandidat ist, ob er Anweisungen wie: etwas höher, schneller, verbindlicher, nicht zu werblich usw., gut umsetzen kann. Wenn der Sprecher dies schafft, kann er hoffen, demnächst gebucht zu werden. Die Gage für einen nationalen TV-Spot liegt je nach Bundesland zwischen 400 bis 600 Euro, für einen nationalen Hörfunkspot zwischen 300 bis 500 Euro.

 

Radiosprecher

Zur Zeit hat z.B. der WDR in Köln 20 festangestellte Sprecher und 25-30 Freie. Allerdings müssen Sie bei den öffentlich-rechtlichen harte Kriterien erfüllen, hier ein Auszug aus dem Kriterien-Katalog der öffentlich-rechtlichen Sender:

-abgeschlossene Sprechausbildung

- mikrofongeeignete Stimme

- große sprecherische Bandbreite

- Fähigkeit literarische und wissenschaftliche Texte umzusetzen

- Sicherheit im Umgang mit der deutschen Sprache (Hochlautung)

- sehr gute Fremdsprachenkenntnisse und Aussprache der wichtigsten Fremdsprachen

- möglichst ein abgeschlossenens Hochschulstudium

- große Fähigkeit zur freien Moderation, vor allem im klassischen Bereich

- sehr gute Allgemeinbildung

- Zuverlässigkeit, gesundheitliche Belastung und Flexibilität

- Bereitschaft zum Schichtdienst

Sie können wählen zwischen diesen beiden Möglichkeiten: Das Besetzungsbüro oder das Sprecherensemble

Ihre Bewerbungs-CD sollte Sprachproben und evtl Rollenausschnitte enthalten. Einen Erzähltext, einen Sachtext, aber auch Dialekte, Lyrik und Gesang sind gefragt.

Für das Sprecherensemble sollten auf der CD ein Nachrichtenblock, ein Kommentar und ein literarischer Text vertreten sein.

Ein stichwortartiger Lebenslauf gehört auf jeden Fall dazu.

Die Aussichten einen dieser begehrten Jobs zu ergattern sind nicht gerade rosig, aber einen Versuch ist es trotzdem wert.

Mehr Glück könnten Sie bei einem Privat-Radio haben. Bewerben Sie sich erst einmal als Freelancer, vielleicht wird daraus eine Festanstellung.

 

Was gibt es alles zu sprechen?

Sprachaufnahmen begegnen uns überall im Alltag, ob als Navigationsstimme, Warteschleifen oder Elearnings. Hier ein kleiner Überblick.

 

Elearnings

Die Anzahl der sogenannten Web Based Trainings (WBTs) hat erheblich zugenommen. Firmen stellen ihren Angestellten häufig elearning-Programme zur Verfügung. Die Zeit der teuren Seminare ist vorbei, heute lernt man am Firmen-Computer oder zuhause. Wenn Sie einen solchen Auftrag erhalten, wird oft auch erwartet, dass Sie nicht nur den Text sprechen, sondern dass Sie ihn auch in einzelne und benannte Files schneiden.

Anrufbeantworter/Warteschleifen

Anrufbeantworter gelten als Visitenkarte einer Firma, von der kleinen Ansage für eine Anwaltskanzlei bis zur Warteschleife eines Groß-Konzerns. Auch Info- und Servicelines gehören in diese Gruppe. 

Commercials

Ein Werbespot ist ein Commercial, genau wie Image- und Produktfilme oder Multimedia CDs. Auf unzähligen Webseiten mit einem auditiven Teil finden Sie kleine Produktfilme, auch Webvideos genannt. Die Länge dieser Filmchen liegt meistens zwischen 2 bis 5 Minuten. 

Trickfilm und Games

Sollte noch immer kein Anruf aus einem Synchronstudio gekommen sein, dann können Sie vielleicht die Zeit mit dem Sprechen von Video-Games und Trickfilmen überbrücken. Unter diese Kategorie fallen auch Kinderhörspiele. Die Verlage sind oft auf der Suche nach neuen Stimmen. Schauen Sie doch mal ins Internet.

 

Hörbücher

Das ist die Königsklasse, aber nur was die Qualität des Sprechens angeht, denn reich ist dabei noch niemand geworden. Weit über 600 Hörbuchverlage gibt es in Deutschland. Ausdrucksstark sollte Ihre Stimme sein und den Hörer fesseln. Auch hier gilt wie beim Synchronsprechen: Sie müssen einen langen Atem haben und es immer wieder versuchen. Verlage suchen zwar von Zeit zu Zeit nach neuen Interpreten, aber auch hier wird ganz offensichtlich das Bewährte genommen. Hörbuchproduktionen sind halt kostspielig und zeitaufwendig. Eine Alternative wären öffentliche Lesungen, einfach mal nachhaken.

 

Und jetzt ist Ihnen zu wünschen, dass Sie bald "On Air" sind!

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