1. Versteckte Kalorien

Jetzt klinge ich wahrscheinlich wie Tante Emma, Onkel Heinrich, die Kollegin und die Friseurin, wenn ich sage: Wenn Sie trotz kargen Portionen nicht abnehmen, stehen die Chancen gut, dass es immer noch zu viele Kalorien sind. Vielen Dingen sieht man die Kalorien einfach nicht an und wenn Sie sich einen gesunden grünen Salat mit French Dressing genehmigen, haben Sie sicher nicht das Gefühl, ein Schlemmer-Mahl hinter sich zu haben. In 100g French Dressing stecken aber fast 350 kcal! Wenn Sie drei Esslöffel über Ihre große Portion Salat schütten, erwischen Sie also Daumen Mal PI so viele Kilokalorien wie in 150 Gramm gegarten Kartoffeln stecken! Und da sag noch einmal jemand, Kartoffeln seien Dickmacher! Versteckte Kalorien stecken vor allem in Fertiggerichten, da ist oft Zucker drinnen, Alkohol, Snacks, und sogar in vermeintlich gesunden Nahrungsmitteln wie Fruchtjoghurt. Dass in süßem Gebäck Zucker und bisweilen auch Fett steckt, ist ja allgemein bekannt, aber wie viel das ausmacht, weniger: Ein harmlos scheinendes, kleines Croissant entspricht einem üppigen Mittagsmenü mit steirischem Wurzelfleisch, Kümmelkartoffeln und Salat! Wenn Sie abnehmen und dabei genug essen und satt werden wollen, ist es wichtig, die verdeckten Dickmacher zu finden und zu vermeiden. Dabei kann ein Ernährungstagebuch helfen, wie Sie es zum Beispiel auf fddb.info kostenlos führen können. So bekommen Sie mit der Zeit ein Gefühl für versteckte Kalorien und eine Übersicht, wieviel Sie wirklich essen.

 

(Bild: condesign/Pixabay)

2. Sie essen zu wenig!

Gerade, wenn Sie sehr diszipliniert sind und jedes Gramm Fett aus Ihrem Speiseplan eliminiert haben, kann es sein, dass Sie nicht abnehmen, weil Sie zu wenig essen. Wenn der Körper zu wenig Nahrung kommt, schaltet er auf Hungerstoffwechsel um. Über die Jahrtausende hinweg hat unser Körper gelernt, auch Hungerperioden zu überstehen und sich daran anzupassen. 

Er schaltet dann einfach eine Stufe herunter, der Stoffwechsel verlangsamt sich und Sie brauchen weniger Energie. Dann wird weiteres Abnehmen schwierig. Besonders nachteilig ist auch, dass der Körper an die Reserven geht und das ist nicht nur das ungeliebte Fett, sondern auch Eiweiß. Eiweiß kommt aber vor allem aus dem Muskeln. Muskeln brauchen viel Energie und wer seine Muskeln durch übertriebene Diäten abbaut, verringert noch einmal seinen Energiebedarf. Wenn Sie jetzt einmal etwas mehr essen, erleben Sie unweigerlich den berühmten Jojo-Effekt: Ihr Körper denkt ja, Sie befinden sich in einer mittelalterlichen Hungersnot und wird jedes bisschen Energie, die Sie ihm geben, unweigerlich in Vorräte für schlechte Zeiten anlegen, sprich Fettdepots. 

Wer sehr kalorienreduziert lebt und jedes Fettauge aus der Suppe verbannt, riskiert zudem, dass wichtige Nährstoffe fehlen. Wir brauchen bestimme Fettsäuren und fettlösliche Vitamine, da sie unser Körper nicht selbst herstellen kann. Wer es mit der Diät also übertreibt, nimmt nicht nur nicht ab, sondern er schadet der Gesundheit. Wenn Sie zu dieser Gruppe gehören, nehmen Sie wieder ab, wenn Sie einfach wieder mehr und ausgewogener essen. Für die meisten Menschen gilt: Wer abnehmen will, darf keinen Hunger haben. Wer aus gesundheitlichen Gründen schnell und viel abnehmen muss, sollte das nur mit professioneller Beratung tun.

(Bild: Nemo/PIxabay)

3. Sie sind zu ungeduldig!

Täglich hüpfen Sie gleich in der Früh auf die Waage und könnten sich gleich die Haare raufen! Einmal 100 Gramm weniger, dann 400 mehr, dann wieder 200 weniger, so kann das nicht weiter gehen! Dabei kann es sein, dass Sie alles richtig machen. Vor allem normalgewichtige Menschen, die mittels gesunder Ernährungsumstellung nur ein paar wenige Kilo abnehmen wollen, um im Bikini zu wirken wie ein Bond-Girl, nehmen oft sehr langsam ab. Warum sollte Ihr gesunder Körper die gesunden, kleinen Fettpölsterchen auch freiwillig hergeben? Hollywood-Schönheitsideale hat er im Lauf der Evolution nicht gelernt, eher wohl, dass ein bisschen Fett polstert, wärmt und eine feine Energiereserve ist.

Eine gesunde, langsame Gewichtsabnahme sieht man aber nicht von Tag zu Tag auf der Waage. Die Tagesschwankungen sind einfach zu hoch. 

Wieviel Sie wiegen, hängt nicht nur von Ihrem Hüftgold ab, sondern auch davon, wieviel gerade in Ihrem Darm ist oder davon, ob Ihre Kohlehydratspeicher gerade leer oder voll sind, denn Kohlehydrate binden viel Wasser. Außerdem spielen Hormone eine Rolle, die meisten Frauen sind gegen Ende des Zyklus etwas schwerer. Lassen Sie sich also nicht von ganz normalen Gewichtsschankungen aus dem Konzept bringen! Wiegen Sie sich einfach seltener. Wenn die langfristige Tendenz stimmt, dann passt es!

4. Zu wenig Bewegung

Gut, das ist jetzt eine Binsenweisheit: Wer abnehmen will, muss sich bewegen. Bewegung verbrennt Kalorien. Muskelmasse verbrennt Kalorien. Ausdauersport hilft, Fett abzubauen. Muskelaufbau hilft, den Energiebedarf insgesamt zu erhöhen. Das weiß jeder und sportliche Menschen können hier eine Menge bewirken.

Das Problem für unsportliche Menschen ist, dass es für ihre Verhältnisse sehr viel Sport braucht, um sehr wenige Kalorien abzubauen. Eine halbe Stunde langsames Joggen verbrennt nicht einmal eine Wurstsemmel und für wirklich untrainierte Menschen ist diese halbe Stunde schon sehr viel oder gar nicht erreichbar. Und da sind wir noch lange nicht beim berühmten Training im "Fettverbrennungspuls". Das heißt jetzt nicht, dass untrainierte Menschen sich nicht bewegen sollen, weil es ihnen ohnehin nicht beim Abnehmen hilft: Auch Kleinvieh macht Mist. Wer täglich 200 kcal mehr durch Bewegung verbrennt, hat in einem Jahr 10 kg Fett verbrannt. Treppen steigen, Rad fahren statt Auto und Sport, der Spaß macht und nicht überfordert: 200 kcal sind etwa eine Stunde spazieren gehen oder eine halbe Stunde Boden schrubben, das ist realistisch. Eine Umstellung zu einem bewegungsreicheren Leben passiert meistens nicht von heute auf Morgen und Bewegung, die dann auch gemacht wird, bringt mehr als das Fitnessstudio-Abo, das dann wegen Überforderung nicht genützt wird.

5. Hormone

"Ich kann nicht abnehmen, ich hab's mit den Hormonen!" Wie leicht klingt das nach Ausrede und doch trifft das oft zu. Hormone bestimmen, ob wir Hunger haben oder nicht und was der Körper mit den Nährstoffen, die wir ihm zuführen, anfängt.

In diesem Zusammenhang wichtige Hormone sind Insulin und Glukagon: Die beiden sind Gegenspieler, sie regulieren den Blutzuckerspiegel.

  • Insulin wird in der Bauchspeicheldrüse gebildet, wenn wir kohlehydratreiche Nahrung und Zucker (Glucose) zu uns nehmen. Es ist das Hormon des Hortens und Sammelns und bewirkt, dass überschüssige Glucose, die nicht direkt zur Energiegewinnung gebraucht wird, in unserem Körper gespeichert wird: Entweder als Glycogen in Leber und Muskeln oder als Fett. Insulin verhindert auch, dass Fett aus Fettzellen freigegeben wird. Ein typisches Problem bei Übergewicht ist die Insulinresistenz: Muskel-, Leber- und Fettzellen reagieren dann schwerer auf Insulin. Die Bauchspeicheldrüse reagiert auf diese Schwierigkeiten wie ein gestresster Angestellter, der Angst um seinen Job hat: Sie arbeitet mehr und bildet mehr Insulin, so wird noch mehr gehortet und gespeichert. Mehr Gewicht bedeutet mehr Insulinresistenz. Der Teufelskreis schließt sich und Abnehmen wird immer schwieriger.
  • Glukagon bewirkt genau das Gegenteil: Glykogen und Fett werden abgebaut und die Nährstoffe dem Körper zur Verfügung gestellt. Glukagon wird ausgeschüttet, wenn unser Blutzuckerspiegel sinkt.

Besonders schnell steigt der Insulinspiegel, wenn wir puren Zucker zu uns nehmen. Der Blutzuckerspiegel sinkt dann aber auch schnell wieder und wir sind wieder hungrig, das hat sicher jeder schon einmal ausprobiert. Auch Kohlehydrate werden zu Glucose abgebaut, das braucht aber − je nach Sorte mehr oder weniger − Zeit und entsprechend verläuft auch die Insulinausschüttung harmonischer.

Darauf zielt auch der Tipp ab, Nudeln al dente zu kochen, wenn man abnehmen will: Durch das kürzere Kochen wird Stärke (ein Kohlenhydrat) weniger stark aufgespalten, wodurch der Blutzucker langsamer und ansteigt. Heutzutage zielen viele Diäten allerdings darauf ab, Kohlehydrate überhaupt zu reduzieren und stattdessen mehr Eiweiß zu essen.

(Bild: geralt/pixabay)

Doch es sind nicht nur Insulin und Glukagon, die mitreden, was denn mit dem Kuchen passieren soll, den wir gegessen haben. Wir werden in den folgenden Kapiteln noch von Cortisol, Schilddrüsenhormonen, Leptin, Ghrelin, und Melanotonin hören und das ist nur eine Auswahl. Auch unsere Geschlechtshormone bestimmen, wie viel Fett wir einlagern und an welchen Stellen, wenn es in den Wechseljahren zu Verschiebungen im Hormonsystem kommt, spüren wir das ganz deutlich. Wichtig ist an dieser Stelle: Es gibt Erkrankungen, die das Hormonsystem betreffen. Wer also unter unerklärlichen Gewichtsschwankungen leidet, sollte daran denken, dass es sich nicht einfach nur um schlechte Ernährungsgewohnheiten handeln könnte, sondern um eine handfeste Erkrankung.

6. Schilddrüsenunterfunktion

Hier geht es auch um Hormone und oranisatorisch gesehen, gehört das Thema Schilddrüse ins vorige Kapitel. Ich habe mich aber entschlossen, der Schilddrüse ein eigenes Kapitel zu widmen, weil das Problem bei einer bestimmten Bevölkerungsgruppe einfach so häufig ist: Etwa ein Viertel aller Fauen ab 40 ist betroffen. Bei einer Schilddrüsenunterfunktion läuft der ganze Organismus praktisch langsamer: Die Leute leiden unter Müdigkeit, Antriebsschwäche, vielleicht gar Depressionen, sie frieren leicht, der Herzschlag ist verlangsamt, der Blutdruck vermindert, die Verdauung träge − und sie nehmen zu. Meist fangen die Symptome schleichend an, es müssen auch nicht alle vorhanden sein und in diesem Alter denkt frau oft zuerst an beginnende Wechseljahre. Mit einer Schilddrüsenunterfunktion abzunehmen ist sehr, sehr schwierig. Wer sich mit dem oben genannten Symptomen identifizieren kann, sollte also aufhören, sich selbst zu kasteien, sondern die Geschichte lieber beim Arzt abklären lassen. Hier geht es nicht nur ums Gewicht, sondern um allgemeines Wohlbefinden und Gesundheit.

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7. Zu viel Stress

Das Thema Stress schließt direkt an das Thema Hormone an, denn Stress bringt unseren Hormonhaushalt ordentlich durcheinander. Wenn wir über Stress reden, müssen wir akuten Stress von chronischem Stress unterscheiden: Wenn wir uns plötzlich einer bedrohlichen Situation gegenüber sehen, werden Cortisol und Adrenalin ausgeschüttet und vom Körper Energie für eine Reaktion bereitgestellt: Blutdruck, Puls und Atmung erhöhen sich, der Stoffwechsel und der Energieverbrauch erhöhen sich. Wir sind bereit, uns zu verteidigen oder zu flüchten. So hat es die Natur vorgesehen. 

Dass wir das heutzutage oft nicht tun können, weil der Stress nicht mehr in einem Angriff eines Mammuts besteht, sondern im mammutartigen Verhalten des Chefs, von dem wir abhängig sind, steht auf einem anderen Blatt.

Wenn wir nun, so wie es heutzutage fast zum guten Ton gehört, ständig unter Stress leiden, bleiben verschiedene Hormonspiegel erhöht, darunter Cortisol, das in den Nebennieren produziert wird. Cortisol macht uns das Abnehmen aber enorm schwer:

  • Cortisol schwächt die Wirkung des Sättigungshormons Leptin
  • Cortisol begünstigt eine Insulinresistenz mit allen weiter oben beschriebenen Folgen.
  • Cortisol steigert vor allem die Zunahme des inneren Bauchfetts, das als Hauptrisikofaktor für Herz-Kreislauferkrankungen gilt.

Wer ständig unter Strom steht und Schwierigkeiten beim Abnehmen hat, sollte also weniger von einer Diät zur anderen hüpfen, sondern versuchen, das Problem an der Wurzel zu packen und von der Stress-Seite her anzugehen.

Übrigens: Auch Hunger bedeutet Stress! Woher soll unser Stress-System wissen, dass wir nicht in einer lebensgefährlichen Hungersnot stecken, sondern nur im fünften Anlauf zur Fünf-Kilo-weg-in-drei-Tagen-Diät?

8. Zu wenig Schlaf

Das Kapitel "Schlaf" hängt unmittelbar mit dem Kapitel "Stress" zusammen. Stress lässt uns wach liegen, grübeln, nachdenken. Oder halten wir uns gar mit hohen Dosen Kaffee wach, um bis zwei Uhr Nachts lernen oder bügeln oder für Pagewizz schreiben zu können? Dann sollten wir bedenken: In einer Studie waren Leute, die höchstens vier Stunden schliefen, mit 73 prozentiger Wahrscheinlichkeit übergewichtiger als jene, die zwischen sieben und neun Stunden schliefen. Fünf Stunden durchschnittlicher Schlaf steigerten das Risiko für Übergewicht um 50% und sechs Stunden auch noch um fast ein Viertel.

(Bild: Publicdomianpictures/Pixabay)

Warum Schlaflosigkeit dick macht, ist nicht ganz klar. Eine Hypothese ist, dass durch ständiges Aufwachen der Regelkreis von Hunger und Sattsein, der über die Hormone Ghrelin und Leptin vermittelt wird, durcheinander kommt. In anderen Ländern heiß diskutiert wird auch das Thema "Melatonin". Melatonin wird mancherorts als Nahrungsergänzungsmittel frei verkauft und soll helfen, ungesundes Bauchfett abzubauen. In Deutschland und Österreich gilt Melatonin als Arzneimittel und ist nicht so leicht zu bekommen, in dieser Indikation auch gar nicht zugelassen. Darüber müssen wir aber nicht traurig sein: Wir produzieren selber Melatonin, wenn wir schlafen. Wichtig ist, dass wir unserem Körper die Chance dazu geben, indem wir genug schlafen und wichtig ist, dass es dunkel ist. Laufende Computer, Fernseher und Straßenbeleuchtung stören die Melatoninproduktion. Wer mag, kann auch Fencheltee trinken, da ist Melatonin drinnen, aber auch in Kirschen oder Koriander, wobei Kirschen vor dem Schlafen gehen vielleicht nicht jedermanns Sache sind.

9. Falsche Darmbakterien

Ob wir dazu neigen, an diversen Stellen Fett einzulagern, hängt nicht zuletzt davon ab, mit welchen Bakterien unser Darm bevölkert ist. Darüber, wie die Bakterien das anstellen, gibt es mehrere Hypothesen: Eine besagt, dass sich Darmbakterien einfach in ihrer Fähigkeit unterscheiden, mit Kohlehydraten umzugehen und daraus Verwertbares zu machen. Andere Beobachtungen lassen die Vermutung zu, dass unsere Darmbakterien sogar unser Hungergefühl beeinflussen, indem sie Aminosäuren ins Blut abgeben, die dann ins Gehirn gelangen und mehr oder weniger Hunger auslösen.

Untersuchungen haben jedenfalls gezeigt, dass der Darm von Leuten, die zu Übergewicht neigen, von nur wenigen Bakterienarten bevölkert wird, vorwiegend von Bakterien der Familien Bacteroides, Parabacteroides und Ruminoccus. Dünnere Menschen haben eine wesentlich vielfältigere Bakteriengemeinschaft mit einem Überhang von Faecali-, Bifido- und Lactobazillen.

Die gute Nachricht ist, dass wir unseren "Bakterienzoo" beeinflussen können, indem wir ihn entsprechend füttern: Ballaststoffreiche Nahrung mit viel Obst und Gemüse lässt die Artenvielfalt in unserem Darm anwachsen. Bifido- und Lactobazillen mögen zum Beispiel inulinhaltige Lebensmittel wie Artischoken, Chicorée, Spargel, Knoblauch, Zwiebeln, Lauch und Weizenkleie, sowie resistente Stärke: Diese entsteht, wenn man Kartoffeln und Reis kocht und anschließend abkühlen lässt. Wer abnehmen will, kann also ruhig auch einmal Kartoffelsalat essen (solange er nicht gerade vor Mayonaise trieft). Wer ballaststoffarme Ernährung mit viel weißem Mehl, Nudeln und Pizza gewohnt ist, sollte die Umstellung allerdings langsam angehen: Die Bakterien stellen sich nicht von heute auf Morgen um und wer sich mit Ballaststoffen überlastet, wird es mit unangenehmen Blähungen zu tun zu bekommen. 

(Bild: Openclips/Pixabay)

10. Übergewicht als Krankheit

Ab einem Body Mass Index von etwa 30 bezeichnet man das Übergewicht in der Fachsprache als "Adipositas" und das Übergewicht wird wie eine Krankheit behandelt. Das ergibt durchaus Sinn: Irgendwann kommt es im Körper zu Umstellungen und Problemen in Stoffwechsel und Hormonhaushalt, die Abnehmen weiter erschweren und andere Gesundheitsprobleme nach sich ziehen. Ein häufiges Problem ist die schon im Kapitel "Hormone" beschriebene Insulinresistenz, die eine Vorstufe zu Diabetes ist. Oft kommen dann noch andere Probleme wie hoher Blutdruck und hohe Blutfette dazu. 

Doch nicht nur hohe Insulinspiegel machen in diesem Stadium das Abnehmen schwer: Auch das Sättigungshormon "Leptin" wirkt nicht, wie es soll. Leptin wird vor allem von Fettzellen gebildet und hemmt bei gesunden Leuten Hungergefühle. Bei krankhaftem Übergewicht entwickelt sich jedoch zunehmend eine "Leptin-Resistenz", das heißt, Leptin wird zwar noch gebildet, die Sättigungszentren im Gehirn verstehen die Botschaft aber nicht mehr und die arme Person bleibt hungrig.

Abnehmen ist unter diesen Umständen sehr, sehr schwierig und meist nur mit professioneller Unterstützung möglich. Sehen wir es einmal so: Wenn ich über eine Treppe falle und ich habe blaue Flecken, werde ich Eis auflegen und vielleicht im Internet nach Tipps und Tricks googeln. Wenn ich mir dabei das Bein breche, werde ich das nicht tun, sondern einen Arzt aufsuchen. Bei Übergewicht wird oft alles in einen Topf geworfen. Drei Kilo bis zur Bikinifigur kriege ich mit Internet-Tipps und Disziplin ohne Weiteres herunter. Dreißig Kilo krankhaftes Übergewicht mit Stoffwechsel- und Hormonstörungen eher nicht. Es ist eine Krankheit und da muss sich niemand schämen und sich Selbstvorwürfe machen, wenn das nicht so einfach mit der Frühlingsdiät aus der nächsten Frauenzeitschrift geht. 

11. Medikamente

Viele Medikamente machen dick. Am bekanntesten ist wohl Cortison, aber auch manche Antidepressiva und andere Psychopharmaka, bestimmte Blutdruckmittel (Beta-Blocker), die Pille, diverse Migränemittel und andere Schmerzmittel oder Medikamente gegen Epilepsie sind als Dickmacher bekannt. Wenn Sie das Gefühl haben, Sie nehmen Medikamente, die Ihr Gewicht in die Höhe treiben, sprechen Sie mit Ihrem Arzt darüber. Vielleicht lässt sich ganz unkompliziert eine Alternative finden.

Manchmal gibt es leider keine Alternative. Cortison ist in vielen Fällen lebensrettend. Eine schwere Depression oder eine Psychose ist schlimmer als ein paar Kilo zu viel. Dann kann eine Diätberatung helfen, das Problem wenigstens zu begrenzen. Und man kann Tante Emma und Onkel Fritz selbstbewusst entgegen treten, wenn sie wieder einmal meinen, Abnehmen wäre nur eine Frage der Disziplin. Es gibt Situationen, in denen Abnehmen wirklich sehr schwierig ist oder im Moment gerade nicht das wichtigste im Leben.

zum Nachlesen:

Helmut Hinghofer-Szalkay: Integrierte Auswirkungen von Stress auf Gehirn und Körper

Link zum Artikel bei der Meduni Graz

 

Kathrin Burger: Ist Zucker Gift?

Link zum Artikel auf Spektrum.de

 

Dick oder nicht dick: Die Darmbakterien entscheiden

Link zum Artikel auf Welt.de

 

Schlaf und Stoffwechsel

Schlafmedizinisches Zentrum München

 

Giulia Enders: Darm mit Charme: Ullstein Verlag 2014

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