Die Flucht von Jan Marsalek

Der Juni 2020 wird vermutlich ein denkwürdiger Monat bleiben, zumindest für Markus Braun, den Ex-CEO von Wirecard. In diesem Monat brach das Unternehmen zusammen, nachdem Scheinbuchungen in Höhe von rund 2 Milliarden Euro bei der Prüfung des Jahresabschlusses aufgetaucht waren. Im selben Monat verschwand auch der Ex-COO von Wirecard, Jan Marsalek spurlos. Von einem österreichischen Kleinflughafen Bad Vöslau flog er nach Minsk in Belarus, dann verliert sich seine Spur. Deutsche Behörden vermuten Marsalek in Russland, dort steht er angeblich unter dem Schutz des russischen Geheimdienstes FSB.

Bei der Flucht geholfen haben soll der Ex-FPÖ Abgeordnete Thomas Schellenbacher. Dieser war schon einige Stunden vor dem Abflug des Flugzeugs auf dem Kleinflughafen und machte fleißig Fotos, unter anderem auch von der dort ansässigen Polizeidienststelle. Ganz zufällig waren auch die Grenzpolizisten nicht zugegen, als Marsalek in den Flieger eincheckte. Schellenbacher sitzt in Österreich im Gefängnis. Er wurde wegen Betrugs zu zwei Jahren und neuen Monaten Haft verurteilt. Wie schon erwähnt waren sowohl Markus Braun als auch Jan Marsalek extrem gut vernetzt.

Ein weiterer Fluchthelfer soll Martin Weiss gewesen sein. Dieser arbeitete für den mittlerweile aufgelösten österreichischen Verfassungsschutz BVT. Den Vorwurf der Fluchthilfe weist er übrigens weit von sich. Laut seiner Auffassung ist Jan Marsalek offiziell und angemeldet ausgereist. Der Haftbefehl gegen Marsalek wurde übrigens erst zwei Tage nach seiner Flucht beantragt. Erst zu diesem Zeitpunkt war klar, dass es die 1,9 Milliarden Euro, die auf philippinischen Treuhandkonten liegen sollten, gar nicht gibt.

Wo ist Jan Marsalek? Bis heute gibt es nur Vermutungen

Jan Marsalek soll sich in Moskau, genauer gesagt in einem abgeschirmten Villenviertel mit dem klingendem Namen Meyendorff Gardens aufhalten. Dort befindet sich auch das Gästehaus des Kremls. Es existieren Aufnahmen, die Marsalek angeblich zeigen, wie er in ein Auto einsteigt. Außerdem soll er mittlerweile einen russischen Pass haben.

Die Staatsanwaltschaft hat sich mittlerweile an die russischen Behörden mit einem Inhaftnahmeersuchen gewandt. Das Problem dabei ist, dass Russland keine russischen Staatsbürger ausliefert und mit seiner neuen Identität, er nennt sich jetzt wohl German Bazhenov, gilt Marsalek als Russe. (Quelle: SZ) Dazu kommt die derzeit angespannte politische Lage zwischen Deutschland und Russland.

Es gab obendrein Hinweise, dass Marsalek auf die Philippinen geflogen ist und von dort aus weiter nach China gereist ist. Diese erwiesen sich allerdings als gefälscht.

 

Das Spiel mit den verschiedenen Identitäten

Der ehemalige Wirecard COO hat während seiner Flucht mehrmals die Identität gewechselt. Es gibt beispielsweise auch einen österreichischen Pass, der auf den Namen Maks Mauer läuft. Nur ist die Passnummer in Österreich gar nicht bekannt und man vermutet, dass die Moskauer Behörden ihre Finger im Spiel hatten. Denn durch die unterschiedlichen Identitäten kann Moskau behaupten, dass Jan Marsalek nie nach Russland eingereist ist.

Die deutschen Ermittler können momentan noch relativ entspannt bleiben. Bis zur Verjährung vergehen noch 20 Jahre. Gegen Jan Marsalek gibt es einen internationalen Haftbefehl.

Der ehemalige Baulöwe Jürgen Schneider (zu dem ich auch noch einen Artikel schreiben werde) wurde nach 13 Monaten auf der Flucht geschnappt und der ehemalige Hedgefondsmanager Florian Homm nach rund vier Jahren.

Wer weiß, vielleicht macht sich Marsalek ja eine gute Zeit mit Ruja Ignatova, die ja ebenfalls in Russland vermutet wird.

WebSummit 2019

WebSummit 2019 (Bild: Web Summit / Flickr)

Die rätselhafte Überweisung

Im Jahr 2021 gingen bei einem Vermieter, der eine Wohnung an Jan Marsalek vermietet hatte, rund 80.000 Euro ein - die komplette Jahresmiete im Voraus. In der Wohnung lebte zum damaligen Zeitpunkt die Freundin von Marsalek. Das Geld kam von einer Großbank in den arabischen Emiraten, der Name des Absenders lautete Jamil Uddin Ahmed.

Der Vermieter hat die Zahlung übrigens nicht akzeptiert und es ging eine Geldwäsche Anzeige der Fürst-Fugger-Bank ein.

2019 stand Marsalek übrigens schon einmal vor Gericht. Damals als Zeuge und nicht als Beschuldigter. Kurz zuvor hatte Dan McCrum von der Financial Times einen Enthüllungsbericht über Wirecard veröffentlicht. Darin ging es um Scheinumsätze und gefälschte Bilanzen. Das Unternehmen wies natürlich die Vorwürfe weit von sich und zeigte den Journalisten an. Es war sogar die Rede von einer Verschwörung krimineller Spekulanten. Dass McCrum wohl nicht ganz so falsch gelegen hat, zeigen die Ereignisse rund ein Jahr später.

Laden ...
Fehler!