Sehr geehrte Frau Merkel!

Auf der vom Bundeskanzleramt initiierten Website www.dialog-ueber-deutschland.de bitten Sie die Bürgerinnen und Bürger um "konkrete Handlungsvorschläge" für den "gesamtgesellschaftlichen Austausch über die nahe Zukunft unseres Landes". Weiters suchen Sie den direkten Dialog in Form von so genannten Bürgergesprächen. Leider kann ich diese Termine nicht wahrnehmen. Ebenso wenig sehe ich Sinn darin, meine Vorschläge für ein friedlicheres, einträglicheres Zusammenleben auf der angeführten Website zu präsentieren. Die GDas Brandenburger Tor: Ein Symbol für niedergerissene Grenzenründe hierfür sind ebenso simpel, wie nachvollziehbar: Die Fragestellungen und in konsequenter Fortführung die "Anregungen" und "Vorschläge" der Bürgerschaft, folgen bedingungslos der etatistischen Doktrin.

Bereits die Formulierungen der Fragen machen deutlich, in welche Richtung sie abzielen: Eine Ausweitung des staatlichen Einflusses. Ich kann die Logik dahinter sehr gut nachvollziehen. Lassen Sie mich einen in den USA gerne verwendeten Spruch zitieren, der auf den berühmten Psychologen Abraham Maslow zurückgeht: "If all you have is a hammer, everything looks like a nail."

Oder anders formuliert: Wenn man alle Macht der Welt - oder in diesem Fall eines mittels willkürlich gezogener Grenzen Erdteils - besitzt, hält man Gewalt automatisch für die Universalmedizin aller Probleme.

Lassen Sie mich dies eingehender erklären und uns somit dem Kern der Unmöglichkeit, einen seriösen Dialog zu betrieben, nähern. Wie Sie bereits anhand meiner Ansprache gemerkt haben, weigere ich mich, Sie als Bundeskanzlerin zu titulieren. Bitte erachten Sie dies nicht als Ausdruck der Unhöflichkeit. Ich respektiere Ihre in jedem Interview offenkundige Intelligenz und weiß, dass Sie erfolgreich ein Physikstudium an der Universität Leipzig absolvierten. Zum Zeitpunkt Ihres Studiums hieß die Universität noch "Karl-Marx-Universität" und ich kann den Grad an Irrsinn sozialistischer Indoktrination in der ehemaligen DDR nicht einmal ansatzweise abschätzen. Leider scheinen sich die menschenverachtenden Lehren der kommunistischen Vordenker so unlöschbar in die Gehirne vieler ungemein intelligenter Menschen eingeprägt zu haben, dass die Opfer dieser Indoktrination ein bizarres Stockholm-Syndrom entwickelt haben dürften. Anstatt die einzig logischen Schlussfolgerungen aus den bedrückenden Erfahrungen zu ziehen, nämlich jene, dass der Staat seine Macht missbraucht, ja, nachgerade missbrauchen muss, da dies systemimmanent bedingt unvermeidlich ist, glauben die Überlebenden des "real existierenden Sozialismus" ungebrochen an die Legitimität des Staates.

Sehr geehrte Frau Merkel: Sie sind nicht "meine" Bundeskanzlerin, genauso wenig, wie ich Ihr "Mitbürger" bin. Der geographische Zufall, dass wir beide auf ein und demselben Erdteil geboren wurden und leben, ist die einzige Gemeinsamkeit zwischen uns. Weshalb dies Gehorsamkeit meinerseits verlangt, war und ist mir ein völliges Rätsel. Dennoch wird von mir verlangt, nach den Regeln und Gesetzen innerhalb einer bestimmten Landmasse zu leben.

Lassen Sie mich gestehen, dass ich gelogen habe. Natürlich ist mir klar, weshalb ich einem bestimmten Staat und seinen Vertretern in Legislative und Exekutive willfährig sein muss. Es fällt mir lediglich sehr schwer, dies zu akzeptieren. Allerdings nicht deshalb, weil ich von bösartigem Charakter wäre und mit meinen Mitmenschen nicht in Frieden und Harmonie leben wollte, sondern ganz im Gegenteil: Weil mir klar ist, dass der Staat alles dazu beiträgt, eben dies zu verhindern.

Ein ungeheurer Gedanke, wohl wahr, und einer, den man in der Öffentlichkeit nicht äußert, aus Angst, wie einer jener Steinzeitmenschen zu wirken, die in Komödien gerne mal nach mehreren tausend Jahren aus einem Eisblock, in dem sie eingeschlossen waren, befreit werden und sich plötzlich in einer ihnen radikal veränderten Welt zurechtfinden müssen. Und dennoch ist es die Wahrheit. Eine unangenehme, niederschmetternde Wahrheit, die wir uns nicht eingestehen wollen.

Erlauben Sie mir, eine Fragestellung der eingangs angeführten Website zu zitieren: "Wie können wir im Alltag Werte vermitteln?"

Hinter dieser unschuldig klingenden Frage verbirgt sich ein moralisches Ungetüm. Denn sehen Sie: Die Antwort ist von entrückender Simplizität! Jedes Kind kennt die Antwort darauf. Sie lautet: Indem man diese Werte vorlebt.

Fast allen Kindern dieser Welt werden moralisch wunderbare Werte eingebläut, die ebenso klar verständlich, wie auch zur Schaffung einer weitgehend friedlichen Gesellschaft geeignet sind: Sei nett zu anderen! Nimm dem Kind in der Sandkiste nicht den Spielzeugbagger weg, wenn er nicht dir gehört! Bedrohe nicht andere, um das zu bekommen, was du möchtest! Nutze nicht die Schwächen anderer aus! Lüge nicht, um dir Vorteile zu verschaffen!

Diese Werte sind gut, edel und schön. Aber spätestens mit dem Eintritt ins schulpflichtige Alter, lernen Kinder, dass man sie belogen hat. Denn in der Welt der Erwachsenen gelten all diese Werte nicht mehr. Ganz im Gegenteil: Wer ihnen naiv nachhängt, ist am Schluss fast immer der Gelackmeierte.

Jahrelang werden Kinder in staatlichen Bildungseinrichtungen indoktriniert. Ihnen werden treuherzig Lügen erzählt, die vermutlich die Lehrer selbst glauben. Etwa jene, dass unsere Gesellschaft auf Freiheit und Mitbestimmung beruhe. Derlei Sätze fallen in Klassenzimmern, die durch Zwangsabgaben finanziert wurden, vorgetragen von Menschen, deren Gehälter ebenfalls durch Zwang bezahlt werden, Menschen, denen die "freien" Kinder auf Gedeih und Verderb ausgeliefert sind. Kein Erwachsener sucht einen Arzt öfter als einmal auf, der ihm unsympathisch ist oder einen Autohändler, der ihn ganz offenbar übers Ohr hauen wollte. Aber Kinder müssen mit "ihren" Lehrern zurecht kommen und haben keine Möglichkeit, einfach den Lehrer oder die Schule zu wechseln.

Sie lernen schnell, und sie lernen nur von den Besten, nämlich, dass Gewalt das Fundament unserer Gesellschaft bildet. Wenn Gewerkschaften zu Massendemonstrationen aufrufen oder Gesetze, die kaum ein Normalbürger, mitunter die Abstimmenden selbst, nicht versteht, im Bundestag verabschiedet werden; wenn diese oder jene Steuer erhöht oder neu eingeführt wird, um die angeblich leeren Staatskassen zu füllen, wiewohl diese Jahr für Jahr praller werden und lediglich die Ausgaben dramatisch steigen; wenn "Interessensgruppen" Gefälligkeiten erwiesen werden; wenn Politiker, gleich welcher Couleur, von "wir" sprechen, die "wir" den Gürtel enger schnallen oder welche Opfer auch immer bringen müssen, und in Wahrheit anderen Menschen das Leben noch ein Stückchen schwieriger gestaltet. Kurzum: Sie lernen, dass Gewalt zum Erfolg führt, so man hierzu "autorisiert" wurde.

Glauben Sie, Frau Merkel, ernsthaft, dass noch mehr Gewalt irgendwann zu einer gerechteren Welt führen wird? Führen Sie sich doch einfach die bislang eingereichten Vorschläge auf der "Zukunftsdialog"-Website zu Gemüte und sagen Sie mir mitten ins Gesicht, dass diese nicht Ausdruck einer pervertierten Gesellschaft sind! "Bedingungsloses Grundeinkommen", Erhöhung dieser oder jener Steuer aus Gründen der Gerechtigkeit, mehr Geld für die Schulen, Bitte um Legalisierung von Cannabis, noch mehr Gesetze, Verbote und Regulierungen. Wir haben gelernt, dass wir unsere Forderungen, Wünsche und Vorstellungen umsetzen können, wenn wir uns mit dem Schulrowdy verbrüdern. Und hernach wundern wir uns, warum Jugendliche an Schulen für den Bezug von "Hartz IV" ausgebildet werden, zu sprachlicher oder körperlicher Gewalt greifen, unfähig sind, halbwegs vernünftige Konversation zu betreiben. Wo sollen sie es denn lernen? Und vor allem: Warum?

Alle "Zukunftsdialog"-Fragen würden sich in einer freien Gesellschaft keine Sekunde lang stellen. Da heißt es etwa: "Wie können wir neugierig und innovativ bleiben und damit Geld verdienen?"

Staatliche Schulen sind die Antithese zur Förderung von Neugierde! Wir leben in einer Gesellschaft, die Neuem gegenüber nicht aufgeschlossen, sondern geradezu hysterisch panisch reagiert. Europa ist gerade dabei, in Angststarre zu verfallen. Warum sind denn in fast allen europäischen Staaten die Geburtenzahlen dramatisch rückläufig? Weil die Menschen Angst haben. Sie haben Angst davor, dass ihre Kinder in einem neo-sozialistischen Moloch aufwachsen, dessen Konturen immer deutlicher hervortreten. Faktum ist, Frau Merkel, dass die Pensionen eben nicht sicher sind. Faktum ist, dass die Nachkriegsgenerationen auf Kosten künftiger Generationen leben. Jedes Neugeborene trägt kraft seiner Geburt die Bürde von vielen zehntausend Euro an Staatsverschuldung auf sich. Die ständige Ausweitung des Staates führt zwangsläufig zu noch höheren Abgaben, noch mehr Bürokratie, noch mehr Gängelung des Bürgers. Wie kann man angesichts dessen ernsthaft eine Frage wie oben angeführt in den Raum stellen?

Butter bei die Fische: Ich mag nicht die hellste Glühbirne - oder Energiesparlampe, um im Kontext der zentralwirtschaftlichen Verbote zu bleiben - im Raume sein. Natürlich bin ich mir darüber im Klaren, dass Sie diese Zeilen niemals lesen werden. Lassen Sie mich diesen Artikel als Ausdruck eines völlig unbedeutenden Menschen bewertet wissen, der irgendwo auf irgendeinem Einwohnermeldeamt als Randnotiz aufscheint und irgendwann aus dieser Datei gelöscht werden wird. Aus eben jenem Monolog wird niemals ein Dialog mit Ihnen entstehen können. Aber zumindest habe ich es versucht. Und das ist, in aller Bescheidenheit, mehr, als ich von vielen meiner Mitmenschen behaupten könnte.

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