Geschichte der 10 Lokomotiven der Bauart HG 3/4

Eine HG 3/4 erhält Wasser in OberwaldDie 10 Lokomotiven wurden 1913 und 1914 an die Brig–Furka–Disentis-Bahn geliefert und in verschiedenen Abschnitten der noch im Bau befindlichen Strecke eingesetzt. Nach dem Konkurs der BFD 1923 übernahm die neu gegründete Furka–Oberalp-Bahn diese Maschinen. Mit denen nahm sie 1926 den durchgehenden Betrieb von Brig nach Disentis auf.

Die 1941 erfolgte Elektrifizierung der Furka-Oberalp-Bahn machte die HG 3/4 teilweise überflüssig. Die Lok Nr. 7 wurde 1940 an die Bière–Apples–Morges-Bahn (BAM) abgegeben. Lok Nr. 6 kam 1941 an die Montreux–Berner Oberland-Bahn (MOB) und kehrte nach Kriegsende zur FO zurück. Beide Loks kaufte 1946 die Voies Ferrées du Dauphiné (VFD) und setzte sie auf Schmalspurstrecken bei Grenoble ein. 1952 wurden sie verschrottet.

1947 verkaufte die FO die Dampfloks 1, 2, 8 und 9 an die französische Kolonialverwaltung für den Einsatz auf der von der "Chemins de fer français de l'Indochine" betriebenen Zahnradbahn von Song Pha nach Da Lạt in Französisch-Indochina.

Für die Schneeräumung an Furka- und Oberalppass blieben die Loks 3, 4, 5 und 10 zunächst bei der Furka-Oberalp-Bahn. Lok 4 war zwischen 1956 und 1959 an die Rhätische Bahn (RhB) vermietet und in Chur als Rangierlok im Einsatz. Lok 5 wurde 1959 ausgemustert und 1968 verschrottet. Lok 10 wurde am 16. Mai 1965 bei der Schneeräumung in der Nähe von Gletsch von einer Lawine erfasst und zerstört. Dabei kamen drei Menschen ums Leben.

Die verbliebenen Lokomotiven 3 und 4 wurden mit der 1967 erfolgten Inbetriebnahme der Diesellokomotiven des Typs HGm 4/4 1967 für die Schneeräumung entbehrlich. Lok 3 wurde 1969 der Museumsbahn Blonay–Chamby (BC) übergeben. Lok 4 blieb als Reserve weiterhin bei der Furka-Oberalp-Bahn und beförderte Nostalgiezüge. 1972 wurde sie abgestellt. Ab 1988 wurde die Lok 4 für Sonderfahrten auf den Adhäsionsabschnitten im Goms eingesetzt.

Lok 1 bei der Einfahrt nach Realp (Bild: haros)

Renaissance der Lokomotiven der Bauart HG 3/4auf der Furka-Bergstrecke

Seit 1982 verkehrten die Züge der FO ganzjährig durch den Furka-Basistunnel. Die Furka-Bergstrecke sollte zurück gebaut werden. Doch Bahnfans verhinderten dies und erreichten den Wiederaufbau der Strecke. Doch für den Betrieb zwischen Realp und Oberwald mussten Lokomotiven beschafft werden.

Da erinnerten sich die Bahnfans an die nach Vietnam verkauften Lokomotiven HG 3/4. Die Dampfbahn Furka-Bergstrecke (DFB) ließ die vier dort vorhandenen Lokomotiven und zwei weitere vom Typ HG 4/4 wieder in die Schweiz zurück bringen. Die am besten erhaltenen Lokomotiven Nr. 1 und Nr. 9 wurden zwischen 1992 und 1993 im Dampflokwerk Meiningen der Deutschen Bahn AG wieder aufgebaut. Die beiden anderen Maschinen dienten als Ersatzteilspender. Beide Loks wurden mit neuen Kesseln, Zahnrädern, Führerhäuser und Wasserkästen ausgestattet. 1993 konnten die beiden Maschinen in Betrieb genommen werden.

Die Lok 4 der FO wurde 1997 an die DFB ausgeliehen und bis 2006 betriebsfähig aufgearbeitet. Zur Eröffnung des letzten Streckenabschnitts zwischen Gletsch und Oberwald schenkte die Matterhorn Gotthard Bahn 2010 (MGBahn, Nachfolgerin der FO) sie der DFB.

Technik der Loks der Bauart HG 3/4bis 1982

Blick in der FührerstandAb 1890 baute die Schweizerischen Lokomotiv- und Maschinenfabrik Winterthur Zahnradlokomotiven der Bauart HG 2/3 für die damalige Visp-Zermatt-Bahn. Sie lieferten die Grundlage für die Entwicklung der erheblich leistungsfähigeren HG 3/4. Die wurden für Steigungen bis 110 Prozent und eine Anhängelast von 60 Tonnen ausgelegt.

Die Lokomotiven haben drei in einem Außenrahmen gelagerte Kuppelachsen und eine Vorlaufachse in einem Bisselgestell. Der Antrieb erfolgt auf die mittlere Kuppelachse. Die hintere Kuppelachse ist um 23 Millimeter nach beiden Seiten verschiebbar. Die Zahnräder sind in einem eigenen Rahmen zwischen der ersten und zweiten Kuppelachse angeordnet.

Die außen liegenden Zylinder für den Adhäsionsantrieb sind als Hochdruckzylinder und die innen liegenden Zylinder des Zahnradtriebwerks als Niederdruckzylinder ausgeführt und mit Kolbenschiebern ausgestattet. Das Adhäsionstriebwerk hat eine Walschaerts-Steuerung, das Zahnradtriebwerk eine Steuerung der Bauart Joy. Die Lokomotive ist mit einer Gegendruckbremse sowie eine Saugluftbremse ausgerüstet. Zusätzlich gibt  es zwei auf beide Zahnräder wirkende handbetätigte Bandbremsen und eine auf die Treibachse wirkende Feststellbremse.

Der Kessel hat einen Durchmesser von 1218 Millimeter auf und verfügt über 103 Heiz- sowie 15 Rauchrohre. Die Feuerbüchse ist nach hinten hin geneigt. So ist auch Gefälleabschnitten eine ständige Überspülung mit Wasser gewährleistet. Die Lokomotiven können Gefälle bis 110 Promille mit dem Kessel voran befahren. Der Wasservorrat von 3,2 Kubikmetern befindet sich in Wasserkästen zu beiden Seiten des Kessels. Der Kohlevorrat von etwa 1 Tonne lagert über dem linken Wasserkasten.

Literatur zu den Lokomotiven der Bauart HG 3/4

  • Beat Moser, Peter Krebs u. a.: Erlebnis Furka-Bergstrecke. Zürich 2010. ISBN 978-3-909111-71-8
  • Johannes von Arx: Dampfbahn Furka-Bergstrecke. Abenteuer Furka. Herausgegeben von der Dampfbahn Furka-Bergstrecke, Oberwald 2000
  • Wolfgang Finke und Hans Schweers: Die Fahrzeuge der Furka-Oberalp-Bahn 1913–1999. Schweers + Wall Aachen 1999, ISBN 978-3-8949-4111-6
  • Hans Hofmann: Brig Furka Disentis Bahn - Dampflokomotiven. Calanda Verlag Chur 1993, ISBN 3-905-260-18-2

Mehr über die Lokomotiven der Bauart HG 3/4

  1. Rollmaterial der DFB
  2. Die Welt der Furka-Dampfbahn
Autor seit 11 Jahren
230 Seiten
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