Die D-Mark und der Euro im Vergleich

Die D-Mark war jahrzehntelang eine der stabilsten Währungen der Welt. Dies garantierte auch in Deutschland weitgehend moderate Inflationsraten. Und obwohl die D-Mark alles andere als eine "Weichwährung" war, war gehörte Deutschland immer zu den weltweit führenden Exportnationen. Die Deutschen waren stolz auf ihre Mark.

 

Doch mit dem Maastricht-Vertrag war das Schicksal der D-Mark und das aller anderen nationalen EU-Währungen besiegelt. Stattdessen wurde schrittweise eine Gemeinschaftswährung eingeführt, der vor allem die Deutschen von Anfang an skeptisch gegenüberstanden. Da auch frühere "Weichwährungen" wie die Lira oder die Drachme im Euro aufgehen sollten, trauten viele dem Euro vor allem nicht zu, eine ähnliche Stabilität zu entwickeln, wie sie die D-Mark immer bewiesen hatte. Stattdessen befürchteten viele eine mehr oder weniger starke Inflation.

 

Bereits 2006 wies das Statistische Bundesamt nach, dass diese Befürchtungen unbegründet waren: die Entwicklung der Preissteigerungsraten im Euroraum lagen im langfristigen Vergleich sogar unter dem Durchschnitt der Werte für die D-Mark.

 

Die "gefühlte" Inflation

Der Eindruck des "Teuro" hält sich dennoch bis heute. Und das aus zwei ziemlich einfachen Gründen:

 

Zum einen waren mit der Bargeldeinführung des Euro zum 01.01.2002 in einigen Branchen deutliche Preissprünge zu beobachten. Dies galt vor allem für die Gastronomie, aber auch für lokale Dienstleistungen wie z.B. Reinigungen oder Friseurbesuche. Diese wurden wesentlich stärker wahrgenommen als Preisrückgänge, wie sie z.B. bei langlebigen Konsumgütern (z.B. Fernsehern) oder einzelnen Lebensmitteln (u.a. Kaffee) aufgetreten sind.

 

Außerdem vergleichen viele Euro-Skeptiker die heutigen Preise immer noch mit den Preisen, die 2002 gegolten haben, ohne die zwischenzeitliche Preisentwicklung zu berücksichtigen. Wenn heute beispielsweise ein Auto 20.000 Euro kostet, rechnen viele den Betrag direkt in den damaligen DM-Preis um. Bei einem damaligen Umtauschkurs von 1 : 1,95583 ergeben sich damit rund 40.000 DM. Es wird also unterstellt, dass es zwischen dem Beginn der Euroeinführung 1992 bzw. der Bargeldeinführung des Euro 2002 keinerlei Preisänderungen hätte geben dürfen.

Dies ist natürlich falsch; auch zu DM-Zeiten hat es laufende (und auch völlig normale) Preiserhöhungen gegeben. So lag beispielsweise das Briefporto in den siebziger Jahren bei 50 Pfennig; als der Euro eingeführt wurde. 1982 betrug es 80 Pfennig und lag 1992 bei 1,00 DM. Heute liegt es bei 0,55 Euro, was einer Erhöhung von zehn Prozent innerhalb von knapp zwanzig Jahren entspricht. Zugegeben, ein extremes Beispiel. In anderen Bereichen sind die Preise in der gleichen Zeit wesentlich deutlicher gestiegen. Das ändert aber nichts an, dass diese fehlerhafte Umrechnung heutiger Preise einen falschen Eindruck erweckt. Die so errechneten Wertverluste hat es in dieser Höhe nicht gegeben.

 

Die Löhne und Gehälter sind natürlich ebenfalls nicht auf dem Niveau von 1992 bzw. 2002 geblieben, auch wenn es in den letzten Jahren zwischenzeitlich zu Reallohnverlusten gekommen ist. Aktuell steigen die Reallöhne wieder an. Die Gewerkschaften fordern derzeit weitere Lohn- und Gehaltszuwächse und werden dabei momentan auch von Seiten der Politik unterstützt.

Die "echte" Inflation

Wie hoch die Inflationsraten in den Jahren seit 1956 in Deutschland gewesen sind, lässt sich hier finden:

 https://de.inflation.eu/inflationsraten/deutschland/historische-inflation/vpi-inflation-deutschland.aspx

 Nominal kann man aus dieser Statistik folgende Werte ermitteln: 

  • Inflationsrate von 1956 bis 2001 (vor der Euro-Bargeldeinführung): durchschnittlich 3,0 %
  • Inflationsrate von 2002 bis 2017 (nach der Euro-Bargeldeinführung): durchschnittlich 1,4 %

Auch wenn diese Durchschnittswerte nicht exakt die Preissteigerungsraten abbilden: Die Tendenz als solche geben diese Zahlen eindeutig her.

Gerade in den letzten zehn Jahren lässt sich noch etwas beobachten, was die These des "Inflationstreibers Euro" widerlegt:

Der Leitzins der EZB lag im Jahr 2008 noch zwischen 3,5 und 4,5 Prozent. Seit 2012 fiel er von 1,5 Prozent auf 0,0 Prozent.

Aber was würde passieren, wenn es wirklich einen inflationären "TEuro" gäbe? Die Leitzinsen würden steigen, um das "überschüssige" Geld aus dem Markt zu ziehen und damit für mehr Preisstabilität zu sorgen. Aber das Gegenteil passiert – der Markt wird durch die extrem niedrigen Zinsen mit Bargeld geradezu "geflutet".

Um ein Abrutschen in eine Deflation zu verhindern, gibt es seit langem ein Inflationsziel von 2,5 Prozent. Kumuliert würde das (mit Zins und Zinseszins) auf eine Verdoppelung des Preisniveaus innerhalb von zwanzig Jahren hinauslaufen – historisch gesehen ein normaler Wert. Diese Zielgröße dient dazu, ein Abrutschen in eine Deflation zu verhindern. Aber wir sind derzeit weit, weit davon entfernt, diese Rate zu erreichen.

Warum wäre die die Rückkehr zur D-Mark so gefährlich?

Die Krise verschiedener Euro-Länder wie z.B. Griechenland hat bei manchen dazu geführt, dem Euro ein baldiges Ende vorherzusagen. Aber sollte Deutschland aber wirklich die D-Mark wieder einführen, hieße dies zum einen, dass sich die exportorientierten deutschen Unternehmen wie zu D-Mark-Zeiten durch Kurssicherungsgeschäfte gegen Wechselkursrisiken absichern müssten. Dies bindet finanzielle Mittel, die dann für Produktion und Handel nicht mehr zur Verfügung stehen – abgesehen davon, dass der innereuropäische Handel durch die einheitliche Währung wesentlich vereinfacht wird.

Eine noch größere Gefahr liegt darin, dass es dann vermutlich auf den internationalen Devisenmärkten verstärkt zu Spekulationen gegen die D-Mark kommen dürfte. Nicht nur die Euroländer würden mit solchen Spekulationen versuchen, den Euro auch nach einem Ausstieg Deutschlands aus dem Euroraum zumindest gegenüber der D-Mark stabil zu halten.

Als Folge würden sich in Deutschland die Importe wesentlich verteuern. In diesem Fall gäbe es für Deutschland auch kaum Ausweichmöglichkeiten; insbesondere auf den Import von Rohstoffen wie z.B. Erdöl Deutschland zwingend angewiesen.

Einen ähnlichen Fall hat es 1992 bereits gegeben, als George Soros und andere Investoren gegen das britische Pfund spekulierten. Das Europäische Währungssystem wäre dadurch fast zusammengebrochen.

Derartige Risiken einzugehen, nur um den Euro loszuwerden, würde an wirtschaftspolitischen Wahnsinn grenzen. Aber den Euro-Skeptikern zu Trost: Die Euro-Cent dürfen in Deutschland nämlich offiziell auch als "Pfennige" bezeichnet werden – auf diese Weise ist uns wenigstens die Unterwährung der D-Mark erhalten geblieben.

 

Kettenhund, am 15.08.2018
0 Kommentare Melde Dich an, um einen Kommentar zu schreiben.


Bildquelle:
Bild: freestockgallery.de (Wendepunkte der Geschichte – was wäre gewesen, wenn?)

Laden ...
Fehler!