Das Notenbüchlein für Anna Magdalena Bach
Geschichten, Fakten und interessante Details rund um die Entstehung des bekannten NotenbüchleinsWer war Anna Magdalena Bach?
Anna Magdalena wurde 1701 in Zeitz als jüngste Tochter des Hoftrompeters Johann Caspar Wülcken geboren. Sie selbst bewies offenbar ebenfalls ein beachtliches Maß an musikalischen Fähigkeiten. Bereits in jungen Jahren erhielt Anna Magdalena eine gut dotierte Anstellung als Sopranistin an der fürstlichen Hofkapelle in Köthen. Dort lernte sie auch den Kapellmeister und Hofkomponisten Johann Sebastian Bach kennen und heiratete den 35jährigen Witwer am 3. Dezember 1721. Die Ehe muss recht glücklich verlaufen sein, denn das Paar hatte insgesamt 13 Kinder! Nach dem Tod ihres Mannes im Jahr 1750 verfügte Anna Magdalena allerdings nur noch über spärliche Einkünfte und starb verarmt am 27. Februar 1760. Bekannt ist die außergewöhnliche Frau heute jedoch vor allem durch das ihr von Johann Sebastian Bach gewidmete Notenbüchlein.
Das oder die Notenbüchlein für Anna Magdalena Bach?
Genau genommen ist diese Bezeichnung jedoch nicht richtig, denn uns sind eigentlich zwei "Notenbüchlein für Anna Magdalena Bach" überliefert. Die erste musikalische Sammlung dieses Namens stammt aus dem Jahr 1722 und enthält vorwiegend französische Suiten. Nach dem Umzug der Familie Bach nach Leipzig entstand 1725 das zweite, wesentlich umfangreichere Werk, welches heute meist gemeint ist, wenn die Bezeichnung "Notenbüchlein für Anna Magdalena Bach" verwendet wird.
Diese zweite Sammlung kleiner Stücke, in der älteren Literatur bisweilen auch "Clavierbüchlein" genannt, bietet eine vielfältige Fülle musikalischer Stilrichtungen und Schwierigkeitsgrade. Eröffnet wird das Notenbuch durch zwei spieltechnisch anspruchsvolle Partiten, denen mehrere leichte Stücke mit Übungscharakter folgen. An anderen Stellen hingegen weist die Sammlung Arien und weitere Gesangsstücke auf. Das Notenbüchlein von 1725 endet mit einem Gedicht und einer kurzen Ausführung des großen Komponisten zu grundlegenden Sachverhalten der Notenlehre.
Die Verfasser der berühmten Notensammlung
Bereits anhand dieser stilistischen Vielfalt lässt sich vermuten, was inzwischen längst belegt ist: Johann Sebastian Bach gilt zwar als Komponist des zweiten Notenbüchleins, doch auch andere Verfasser trugen zum Inhalt bei. Lediglich für zehn der insgesamt 42 Stücke gilt Bachs Urheberschaft als gesichert. Bei weiteren sechs Kompositionen besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass Johann Sebastian Bach sie geschrieben oder zumindest daran mitgewirkt hat.
Nicht bei allen anderen Stücken ist der eigentliche Urheber bekannt, doch einige Kompositionen stammen aus der Familie Bach selbst, welcher das Notenbüchlein offenbar zum Zwecke der Hausmusik und des Klavierunterrichts diente. So ist unter anderem die Beteiligung der Söhne Friedemann und Carl Philipp Emanuel belegt. Auch Anna Magdalena selbst steuerte mehrere Stücke bei. Zu den weiteren Verfassern gehörten der Lüneburger Organist Georg Böhm (1671 – 1733), der französische Komponist Francois Couperin (1668 – 1733) sowie wahrscheinlich ein italienischer Geiger namens Giovannini. Eine ältere Theorie deutet diesen Namen allerdings als Synonym für Johann (ital. Giovanni) Sebastian Bach selbst.
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Bekannte Stücke aus dem Notenbüchlein
Obwohl das Notenbüchlein für Anna Magdalena Bach häufig im Klavierunterricht Anwendung findet, ist es keineswegs ein reines Übungsheft, sondern birgt durchaus musikalische Perlen in sich, so unter anderem eine Bearbeitung von Bachs bekanntem Kirchenlied "Wer nur den lieben Gott lässt walten".
Selbst die Generationen von Klavierschülern wohlbekannten Nummern vier und fünf können unter Umständen einen ganz eigenen Charme entwickeln. Spielt man diese beiden Menuette für Anfänger beispielsweise auf einem Keyboard oder einem Digitalpiano in der Klangfarbe Cembalo sowie unterlegt mit Violinstimmen, erschließt sich aus den einfachen Melodien plötzlich die ganze Pracht barocker Tanzmusik.
Eine sehr bekannte Melodie verbirgt sich auch hinter der Nummer 29. Sie stammt aus Bachs großem Kompositionszyklus "Das Wohltemperierte Klavier", wo es als Präludium C-Dur an erster Stelle steht. Dieses unter anderem zur Untermalung von Filmszenen verwendete Stück ist heute oft in der bearbeiteten Fasssung des französischen Komponisten Charles Gounod zu hören. Jener ergänzte Bachs Komposition um eine Oberstimme und den Text aus dem Gebet "Ave Maria". Im Notenbüchlein fehlen dem Präludium allerdings vier Takte. Angeblich wurden sie von Anna Magdalena beim Abschreiben aus dem "Wohltemperierten Klavier" einfach ausgelassen...