Das "süsse Salz der Päpste"
Wieder entdeckte Kostbarkeiten aus den Salinen von Cervia an der italenischen AdriaküsteKostbares Salz (Bild: sks)
Eigentlich waren diese Salinen zu einem Industrie-, besser: Zu einem Kulturdenkmal geworden. Der Abbau hatte sich angesichts billiger industriell gewonnener Konkurrenz nicht mehr so richtig gelohnt. Mit einer Gesamtfläche von 827 Hektar sind die Salinen von Cervia eine Naturoase mit einer sehr charakteristischen Vegetation und einer außerordentlich reichen Artenvielfalt an heimischer Fauna. Im Jahr 1971 wurden sie unter Naturschutz gestellt, acht Jahre später endgültig zum Naturreservat erklärt. Für Touristen wurden Rundwege angelegt; hier können charakteristische Salz liebende Pflanzen bewundert werden, beispielsweise Queller, Saliornia veneta, oder Salsola soda.
Und jetzt wieder das Salz selbst im Mittelpunkt. Die Arbeit der Alten in den Salinen war wohl ein bisschen eine Art Trotzreaktion: "Die Jungen hängen lieber am Strand rum oder verdienen rasches Geld mit den Touristen", hieß es, und so ließen sie die Tradition der handgeschöpften Salzgewinnung wieder aufleben. Sehr zur Freude des Vereins "Parco della Salina".
Sonne, Wind und Feuchtigkeit
Dank des besonderen Klimas an diesem Teil der Adria – mit dem steten Wechsel und Zusammenspiel von Sonne, Wind und Feuchtigkeit – ist das in Cervia produzierte Salz eines der besten Meersalze Italiens. Es handelt sich um ein reines Rohsalz von feinster Qualität. Die Verarbeitung erfolgt durch einen physischen und mechanischen Prozess; das heißt, Auslese, Waschgang durch hochkonzentriertes Wasser und Ausscheiden des Wassers bis zu einer Maximalfeuchtigkeit von zwei Prozent. Die Eigenschaften des Meersalzes bleiben somit voll erhalten, ohne jeglichen Zusatz von Trennmitteln oder sonstigen Chemikalien. Dank dieses Prozesses besteht das "süße Salz von Cervia" zu 97,5 Prozent aus Natriumchlorid, mit einem Minimalgehalt so genannter "bitterer" Salz wie Magnesiumsulfat oder Kaliumchlorid, die sich separat ablagern. Deshalb ist es ein besonders mildes Salz, das den Geschmack von Gerichten nicht überdeckt, sondern ihn hervorhebt.
Kurz gesagt, das Salz von Cervia ist ein natürliches Meersalz, das nicht künstlich getrocknet wird und alle Bestandteile des Meerwassers, wie Jod, Zink, Kupfer, Mangan, Eisen, Magnesium und Kalium enthält.
Es wurde zum "Salz der Päpste"
Die alten "Salinare", so nennen sich die Salinenarbeiter, bezeichnen dies edle Produkt noch heute als "Salz der Päpste". Und das hat seine Logik. Seit 1440, als Pietro Barbo – später Papst Paul II – Bischof von Cervia wurde, ist dieses Salz, vor allem die "erste" Ernte, an den Hof des Papstes nach Rom geschickt worden; es war das "Sal Fiore. Diese Tradition bestand über 430 Jahre hinweg, solange die Region Romagna und Cervia selbst dem Kirchenstaat gehörten. Im Jahr 1870 endete diese Tradition mit der Einheit Italiens und dem Ende der Beziehungen zwischen dem Kirchenstaat und dem Königreich Italien. Im Jahr 2003 übernahm die Kommune Cervia, heute ein mondäner Badeort, die Naturoase. Und jedes Jahr, meistens am ersten September-Wochenende, findet auf der Piazzale Salinari das Salzfest "Sapore di Sale" (Geschmack des Salzes) statt.