Das Bewusstsein als Theaterbühne

Eine recht anschauliche Beschreibung des Bewusstseins gab B.J. Baars 1997 in seinem Buch: In the theatre of consciousness. Hier werden die am Bewusstsein beteiligten neuronalen Prozesse in der Metapher eines Theaters zusammengefasst: Der grösste Teil des Theaters liegt im Dunkeln und lediglich ein Teil der Bühne erstrahlt im Schweinwerferlicht. Die dieser Metapher zugrunde liegende Theorie nannte Baars Global Workspace, heute meist als GW zitiert. 

Die Global Workspace Theorie basiert auf der Überzeugung, dass das Gehirn analog zu den übrigen Zellen des Körpers seine Tätigkeit dezentral ausübt. Niemand ist da, der den einzelnen Zellen sagt, was sie tun sollen. Jede Zelle hat ihren eigenen molekularen DNA-Code. Jedes der Netzwerke, denen sie angehören, verfolgt seinen eigenen Zweck. Dennoch gibt es in diesem riesigen Konglomerat von Zellen und Netzwerken neuronale Flecken, an denen Bewusstsein aufflackert. Etwas, das die Tätigkeit der Netzwerke in die Beobachtbarkeit holt.

Die neuronale Verkabelung unseres Gehirns

Zwischen 20 und 100 Milliarden Neuronen sind in unserem Gehirn aktiv. Jedes Neuron hat 10.000 Eingangsverbindungen, aber nur wenige Ausgänge. Diese Neuronen sind so eng miteinander verflochten, dass jede einzelne Zelle mit jeder beliebigen weiteren Zelle im Gehirn in weniger als 8 Schritten in Verbindung treten kann. Die Neuronen bilden im Gehirn vielgestaltige Zusammenschlüsse: Reihen, Säulen, Haufen, Netzwerke, Kabel usw. Nicht, dass wir mehr als eine Anfangsvorstellung davon hätten! 

Jeder dieser Neuronenzusammenschlüsse erzielt Ergebnisse. Über die niemand einen Überblick hat. Die meisten von ihnen werden während der gesamten Dauer ihrer Existenz niemals vom Bühnenscheinwerfer erfasst. Niemals ins Licht des Bewusstseins getaucht. Sie gehen ihrer jeweiligen Tätigkeit völlig unbeobachtet nach.

 

Spot an für die einzelnen Bewusstseinsprozesse!

B.J. Baars präzisierte seine Metapher, indem er fünf Beteiligte benannte, die wesentlich sind für einen gelungenen Theaterabend: 

Da ist zunächst die Bühne selbst. Der Teil des Bewusstseins, der am besten beobachtet werden kann. Das Gedächtnis bei der Arbeit. Wie es mit sich selbst spricht. Wie es innere Bilder produziert. Wie es sich auf einzelne Szenen fokussiert. 

Dann sind da die Schauspieler. Mal agiert der eine, mal der andere. Das Bewusstsein wandert mit der Aktion. Es kann sich auch entschliessen, bei einem Akteur zu verweilen, der gerade pausiert. Dann wird die eigentliche Handlung versäumt. Erschrocken kehrt das Bewusstsein dann zur Handlung zurück. Schuldbewusst schaut es sich um, ob jemand sein Abschweifen bemerkt hat. 

Der Spotscheinwerfer der Aufmerksamkeit. Mit ihm wird ausgesucht, was auf der Bühne betrachtet werden soll. Diese Aufmerksamkeit muss nicht zwingend der Handlung folgen. Sie kann sich auch mit der Dekoration beschäftigen. Oder sonst einem beliebigen Detail. Der Spot hat eine abgeschattete Aura. Eine Art Vorbewusstsein. In seinem Schummerlicht wabern Schattenrisse der Dinge, sie werden aber nicht glasklar bewusst. 

Der Backstagebereich. Damit auf der Bühne überhaupt etwas stattfinden kann, bedarf es eines Teams. Von der Produktionssekretärin bis zum Regisseur. Die für Ausstattung, Dekoration und Kostüme sorgen. Die den Bühnenapparat bewegen. Den Schauspielern Text und Handlung vorgeben. Wer immer da aktiv ist, bleibt im Dunkeln. Im Unterbewusstsein. Im Unbewussten. 

Das Auditiorium. Die Zuschauer. Für die findet das Ganze statt. Ihnen wird auf den "Brettern, die die Welt bedeuten" ein winziger Ausschnitt dieser Welt in Szene gesetzt. In der Neuronengemeinschaft des Geistes, die aus Milliarden von Zellen besteht, spielt das Bewusstsein die Rolle eines Kommunikators, der ausgewählte Inhalte publiziert. Als ein Angebot. Wer davon Gebrauch macht, wissen wir nicht.

 

 

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