„Der größte Filmregisseur aller Zeiten“ – Die japanische Regielegende Kenji Mizoguchi
Kenji Mizoguchi war in den 50ern auch international einer der erfolgreichsten japanischen Filmregisseure. Privat war er eine komplizierte Persönlichkeit.Unstete Kindheit und Jugend
Geboren wurde Mizoguchi am 16.5.1898 in Tokyo. Als er sieben Jahre alt war, ging der Vater, ein Tischler, pleite, was nicht nur einen Umzug in ein ärmeres Viertel zur Folge hatte. Mit elf wurde er zu Verwandten nach Nordjapan geschickt. Im Ganzen ging er nur sechs Jahre zur Schule. Außerdem erkrankte er im Norden schwer an rheumatischer Arthritis, die eine schiefe Art zu gehen bei ihm hinterließ. Mizoguchis acht Jahre ältere Schwester wurde 1912 an ein Geishahaus gegeben. Sie hatte insofern noch Glück, als dass sie dort 1913 in einem Adligen einen festen Geliebten bekam, der sie später heiratete. Mizoguchis Mutter starb, als er siebzehn war, und er kam mit seinem Bruder zu seiner Schwester, die ihn seine ganze ziellose Jugend hindurch unterstützte. Sie besorgte ihm u.a. Ausbildung oder Arbeit. Doch nichts hielt er lange aus und führte vornehmlich ein Bohème-Leben, wobei er die Welt der Prostituierten und der Rotlichtviertel gut kennenlernte.
Erfolgreich beim Film
Zum Film kam Mizoguchi 1920 und hatte Glück, in eine Zeit der Veränderungen in der japanischen Filmindustrie zu geraten. Männliche Frauendarsteller wurden durch Schauspielerinnen ebenso ersetzt wie die Stummfilmkommentatoren durch Zwischentitel. 1922 führte er schon das erste Mal Regie in dem Film "Der Tag, an dem die Liebe wiederauflebt". In den nächsten 14 Jahren drehte er unzählige Filme, von denen die meisten nicht mehr existieren wegen der Bombenangriffe des 2.Weltkriegs.
1936 begann die Zusammenarbeit mit Drehbuchautor Yoshikata Yoda, die gleich in den zwei Erfolgen "Osaka-Elegie" und "Die Schwestern von Gion" mündete. Ihren Höhepunkt fand diese Kollaboration in den 50´er Jahren. Dies war dann die Zeit der internationalen Anerkennung Mizoguchis, wie der des japanischen Films allgemein. Vor allem die Auszeichnung in Venedig für Kurosawas "Rashomon" war für ihn persönlich eine Herausforderung. Schließlich war Kurosawa zwölf Jahre jünger!
Tatsächlich folgten Preise in Venedig. Zunächst gab es den Regiepreis für "Das Leben der Frau Oharu" (1952), die Geschichte des gesellschaftlichen Abstiegs einer Frau, die als Straßenprostituierte endet. Mit "Ugetsu – Erzählungen unter dem Regenmond" (1953) erhielt er den Goldenen Löwen. Mizoguchi zeigt die Schrecken des Krieges und wie Männer und Frauen verschieden darauf reagieren. Denselben Preis gab es noch einmal für "Sansho Dayu" (1954), eine Familientragödie über die Versuchung der Despotie und den Widerstand dagegen. Alle drei Filme sind in der Vergangenheit angesiedelt: Im 17., 16. und 11.Jahrhundert.
Dieses Meisterwerk Mizoguchis schildert die Geschichte von Genjuro, einem Töpfer, und seinem Schwager, dem Bauern Tobei. Die beiden leben mit ihren Frauen in einem kleinen Dorf,...
Mizoguchi's Ugetsu Monogatari [Tales of the Rain and Moon, aka Ugetsu] is a highly acclaimed masterwork of Japanese cinema. Based on a pair of 18th century ghost stories by Ueda...
Eine Welt der Schwachen und der Ausbeutung
Mizoguchis Filme handeln oft von der Verfolgung der Schwachen, vor allem der Frauen, die, wie in "Ugetsu", im Krieg vergewaltigt und ermordet werden oder, wie in "Das Leben der Oharu", als Prostituierte in männlicher Abhängigkeit existieren. Die Welt der Geishas ist ebenso zentral in seinem Werk. Gleichzeitig findet sich in seinen Filmen immer wieder die sich aufopfernde Frau, wie eine der Prostituierten in seinem letzten Film "Straße der Schande"(1956), die nur auf diese Weise ihren kranken Mann und ihr Kind ernähren kann.
Mizoguchis Filme werden von den zwei Polen Naturalismus, Realismus einerseits und Romantik, sogar mitunter Phantastik andererseits bestimmt. Besonders ausgeprägt erscheint dieser Zug in "Ugetsu", der nicht nur eine äußerst realistische Beschreibung des Grauens des Krieges ist, sondern gleichzeitig u.a. eine Episode mit einem bösen, weiblichen Geist enthält, ohne dass dies als Fremdkörper wirkt. Bei Mizoguchi wirken diese Pole nicht als Gegensätze, sondern harmonieren problemlos. Neben der detaillierten Beschreibung der Wirklichkeit sind seine Filme zumeist ergreifende Melodramen, die manchmal auch zur Tragödie tendieren.
Filme mit langen Einstellungen
Das Hauptstilmerkmal Mizoguchis sind Plansequenzen, lange Einstellungen ohne Schnitte, oft mit ruhigen, fließenden Kamerafahrten und -schwenks. Sein Wille zum Realismus erforderte die größtmögliche Kontinuität der Handlung. Nur dies ermöglichte ihm, sein Ziel zu erreichen: "Man muß den Menschen fassen, nicht in einigen seiner oberflächlichen Aspekte, sondern in seiner Gesamtheit."
Hierin liegt auch die Kompromisslosigkeit Mizoguchis begründet, die sich auf alle Bereiche, ob Kostüme, Dekors, Dialoge oder etwa Ton erstreckte. Er bestand z.B. auf dem Originalton, und musste schließlich doch nachsynchronisiert werden, dann nur in ähnlicher Umgebung.
Kenji Mizoguchi starb am 24.August 1956 um 1:55 Uhr an Leukämie. Er hinterließ eine Ehefrau mit zwei von ihm adoptierten Töchtern. Diese war die Witwe des 1943 gestorbenen Bruders seiner ersten Frau, die 1941 in eine Anstalt hatte eingewiesen werden müssen.
Er drehte über 80 Filme, davon 17 nach dem Zweiten Weltkrieg. Die Inschrift auf dem Grab lautet: "Der größte Filmregisseur aller Zeiten".
A Hundred Years of Japanese Film: A Concise His... |
Ugetsu, (AKA Ugetsu Monogatari, AKA Tales Of The Pale And Silvery Moon After The Rain), 1953 (Bild: 9342733)
Ugetsu, (AKA Ugetsu Monogatari, AKA Tales Of The Pale And Silvery Moon After The Rain), 1953 (Bild: 9342736)
Ugetsu, (AKA Ugetsu Monogatari, AKA Tales Of The Pale And Silvery Moon After The Rain), 1953 (Bild: 9342735)