Inhaltsverzeichnis

  1. Sydney Pollack - ein Regisseur für hohe Ansprüche
  2. Nicole Kidman - die Dolmetscherin und Sean Penn - der Secret Service Agent
  3. Politthriller und Sex sells - aber nicht bei Syndey Pollack
  4. Fernsehprogramme besser als ihr Ruf

Sydney Pollack ...

Im Jahre 2008 verstarb ein großer Regisseur der Sonderklasse an Magenkrebs - Sydney Pollack. 

Die Verfilmung vieler erstklassiger Romane liefen unter seiner Regie. 

Geboren 1934 sammelte er in den 60er Jahren seine schauspielerischen Erfahrungen. Pollack brillierte mit seinem Wechsel ins Regiefach, das ihm empfohlen wurde, in vielen Genren der Filmbranche. So war sowohl bei Western erfolgreich wie auch bei Literaturverfilmungen. Sein Können stellte er auch bei Politthrillern und Komödien unter Beweis. Doch seine Filme waren immer geprägt von seinem ganz eigenen Stil, den er ihnen aufdrückte und der seine Filme einzigartig machte. 

Vor allem waren seine Filme dadurch gekennzeichnet, dass sich der Held immer mit der bestehenden Gesellschaft auseinandersetzt, sich sogar von ihr bedroht fühlt oder von ihr im wahrsten Sinne des Wortes bedroht wird. Jeder seiner Helden durchlebt einen Reifungs- und Erkenntnisprozess, der ihn am Ende zu einer Selbsterkenntnis führt. Und genau das ist es, was die Filme von Sydney Pollack so einzigartig macht und die das Geheimnis für seinen Erfolg sind. 

Als Mensch kennzeichnete sich Sydney Pollack durch seine Charakterstärke aus, die ihn sowohl bei den Schauspielern als auch bei Kollegen beliebt machte. Sein Privatleben war nie durch große Skandale in den Vordergrund getreten. 

So ist es nicht verwunderlich, dass er für seine Filme immer herausragende Schauspieler gewinnen konnte. So auch in seinem 2005 erschienenen Film "Die Dolmetscherin".

Nicole Kidman - die Dolmetscherin ...

Die Dolmetscherin Sylvia Broome, die als Dolmetscherin bei den Vereinten Nationen arbeitet, hört eine nicht für ihre Ohren bestimmtes Gespräch. Mit dem Wissen, dass ein Anschlag auf den Staatschef des südafrikanischen Landes Matobo geplant ist, wendet sie sich an den Secret Service. Dabei gerät sie zwischen die Fronten. Der vom Secret Service beauftragte Agent Tobin Keller wird misstraurisch, da er in Erfahrung bringen kann, dass Sylvia in Matobo aufgewachsen ist und hier ihre gesamte Familie verloren hat. Die Ereignisse scheinen sich zu überschlagen. Gerade als Keller beginnt, Sylvia zu trauen, da sie selbst auch in Gefahr ist, ereignet sich ein Bombenattentat in einem Bus. Sylvia überlebt das Attentat wie durch ein Wunder. Doch sie muss auch erfahren, dass ihr Bruder dem Regime von Zuwanie zum Opfer gefallen ist. Überfordert von all den Ereignissen erklärt sie Keller, dass sie zurück in ihr Land geht. Nun scheint sich die Aufgabe des Secret Service auf die Abwendung de geplanten Attentats zu beschränken, da der Staatschef von Matobo, Zuwanie, vor den Vereinten Nationen eine Rede halten möchte, um sich vor dem Internationalen Gerichtshof nicht verantworten zu müssen. 

Der jedoch zuvor eingereiste Sicherheitschef Zuwanies ist der Drahtzieher all dieser Aktionen. Er soll, wen wundert es, den Attentäter kurz vor der Vollendung des Attentats stellen. Damit will Zuwanie seine Vorgehensweise in seinem Land rechtfertigen. Doch dabei haben alle Beteiligte Sylvia Broome vergessen. Sie hat es sich zum erklärten Ziel gemacht, nicht nach Hause zu fliegen, wie sie es auch Keller mitgeteilt hat, sondern sie will ihre Familie rächen.

Aus diesem Grund begibt sie sich bereits am Abend vor der geplanten Ansprache in den Sicherheitsraum, der für Zuwanie bereit steht. Hier will sie ihre ganz eigene Verurteilung des Massenmörders vollenden. Kurz vor ihrem Ziel erkennt jedoch Keller, was sie geplant hat. Er erfährt immer mehr über Sylvias Vergangenheit, die selbst als Guerillakämpferin in Matobo aktiv war.  Durch den intensiven Kontakt, den beide im Vorfeld hatten, ist er der einzige, der Sylvia dazu bewegen kann, von ihrem Vorhaben Abstand zu nehmen.

Nur so kann Zuwanie, anders als von ihm selbst geplant, dem Internationalen Gerichtshof noch an Ort und Stelle übergeben werden. Sylvia wird aus den USA ausgewiesen. 

Politthriller und Sex sells ...

Anders als erwartet, ist dieser Film keine  Mischung aus Sex sells und Politthriller. Klar wird getrennt. Es geht hier nicht um diese Gefühle. Der Zuschauer merkt zwar schon, dass beide gewisse Gefühle zueinander haben. Doch sie sind Profis und landen nicht, wie man vielleicht erwartet, zusammen im Bett. Pollacks Film ist keine blanke Kopie eines James Bond Filmes, obwohl er nicht an Action vermissen lässt. Vielmehr zeigt Pollack, dass Menschen, die so einen Background haben wie Sylvia Broome, anders mit Gefühlen umgehen. Somit verleiht er seinem Film sehr viel Realtätssinn. Auch wenn die Existenz des Staates und der Sprache nur fiktiv sind, ist die Handlung glaubwürdig. Perfekt wird dies alles noch durch die Leistung der Schauspieler. Nicole Kidman und Sean Penn scheinen in ihren Rollen aufzugehen. Der Zuschauer kann sich in das Geschehen hineindenken. 

Was macht Pollacks Film so wertvoll? Einfach gesagt, der Film hat Realitätscharakter. Menschliche Schicksale werden nicht durch Sex entwertet, auch wenn man meinen möchte, dass Broome und Keller doch irgendwie zusammenfinden müssen. Sympathie und professionelles Vorgehen werden getrennt. Die Sympathie, die beide für einander empfinden, ist zwar spürbar, übernimmt aber nicht die Hauptrolle. Vielmehr spürt man, was ein unmenschliches Regime in der Seele von Menschen kaputt macht. Verstärkt wird dieser Eindruck durch den, wenngleich brutalen, aber doch gelungenen Einstieg des Filmes. Ungeschönt zeigt Pollack das Phänomen der Kindersoldaten, die zu Mördern werden. Auch Sylvias Einlassung, dass sie während ihres Kampfes ein Kind töten musste um nicht selbst Opfer zu werden, lässt das unmenschliche Regime (wenn auch nur fiktiv) mit all seiner Grausamkeit sichtbar werden. 

So ist Sylvias Racheplan nur allzu menschlich nachvollziehbar, wenn auch nicht zu rechtfertigen. 

"Die Dolmetscherin" ist kein Film, der nur der Unterhaltung dient. Vielmehr ist er ein gesellschaftskritisches Drama, das menschliche Schicksale in den Vordergrund stellt. Verluste geliebte Menschen, die durch ein Menschen verachtendes Regime verursacht werden, müssen verarbeitet werden, treibt Menschen an die Grenzen ihrer Belastbarkeit. 

Durch diese Umsetzung der Thematik verwundert es nicht, dass dieser Film für den Golden Trailer Award 2005 nominiert wurde.

Fernsehprogramme besser als ihr Ruf

Dass dieser hochkarätige Film bei RTL2 gezeigt wurde, lässt wieder einmal hoffen, dass unser Fernsehen doch besser ist als sein Ruf. Da scheint es noch mehr zu geben als Superstars und Supermodels und zweifelhafte Castingshows.

Darf man hoffen, dass eine Wandlung der Fernsehlandschaft bevorsteht? Es kann doch unmöglich sein, dass die Fernsehmacher ihr Publikum als so flach einschätzen, dass die Zuschauergemeinde mit derlei zweitklassiger Unterhaltung abspeisen. Doch die Ausstrahlung des Films "Die Dolmetscherin" hat wieder einmal bewiesen, dass es auch anders gehen kann. 

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