Ein umstrittener Austragungsmodus

Das Turnier wurde mit 16 Mannschaften gespielt, die in vier Gruppen die Viertelfinalteilnehmer ausspielten. Um ein frühes Zusammentreffen zu verhindern, wurden insgesamt acht Mannschaften gesetzt und auf die vier Gruppen verteilt. So spielten in jeder Gruppe zwei gesetzte und zwei ungesetzte Mannschaften.

Gleichzeitig sollte die Anzahl der Spiele reduziert werden. Deshalb wurde festgelegt, dass es nur Spiele gab, in denen jeweils eine gesetzte Mannschaft gegen ein ungesetztes Teams spielen musste. Dieser neue Austragungsmodus war zwar vor dem Turnier sehr umstritten, letztlich setzten sich aber die Befürworter dieser Regelung durch.

Die Vorrunde - viele Losentscheide und die List von Sepp Herberger

Die Ungarn waren wie erwartet die stärkste Mannschaft der Vorrunde. Keine andere Mannschaft gewann ihre Vorrundengruppe auch nur annähernd so überlegen die Ungarn. Sie bezwangen ihre Gruppengegner Türkei und Deutschland mit 9:0 und 8:3.

Allerdings waren die Deutschen in diesem Spiel mit einer besseren Reservemannschaft angetreten; Herberger kalkulierte bewusst eine Niederlage gegen die Ungarn ein, um diese über die eigentliche Stärke der deutschen Mannschaft im unklaren zu lassen. Deutschland wurde aufgrund der Niederlage gegen Ungarn Gruppenzweiter vor den punktgleichen Türken, die jedoch das Entscheidungsspiel gegen Deutschland mit 2:7 verloren. Südkorea war in dieser Gruppe chancenlos.

Jugoslawien gewann seine Gruppe vor den punktgleichen Brasilianer durch Losentscheid. Die Brasilianer hatten zwar die bessere Tordifferenz, diese wurde aber damals noch nicht als Kriterium für die Gruppenplatzierung herangezogen. Frankreich und Mexiko schieden aus.

Auch in der Gruppe 3 entschied das Los über den Gruppensieg. Dadurch wurde Österreich Gruppenerster vor Uruguay, obwohl auch hier die Südamerikaner die bessere Tordifferenz hatten. Die Tschechoslowaken und Schottland waren chancenlos.

In der Gruppe 4 gab es ein Entscheidungsspiel um Platz 2. Hier gewann die Schweiz gegen Italien mit 4:1, so dass der Gastgeber Gruppenzweiter wurde. Der Weltmeister von 1934 und 1938 war völlig überraschend ausgeschieden.

Belgien sorgte für eine zweite Überraschung in dieser Gruppe: Gegen den späteren Gruppensieger England erreichte der Außenseiter ein 4:4, schied aber dennoch als Gruppenletzter aus.

Insgesamt kamen von den acht gesetzten Teams fünf Mannschaften weiter. Die gesetzten Mannschaften aus Frankreich, Italien und der Türkei blieben auf der Strecke.

Die Viertelfinalspiele mit der "Hitzeschlacht von Lausanne" und der "Schlacht von Bern"

Es spielten jeweils die Gruppensieger gegen den Zweiten einer anderen Gruppe. Österreich besiegte die Schweiz nach einem 0:3-Rückstand noch mit 7:5. Das Spiel wurde später die "Hitzeschlacht von Lausanne" genannt.

Jugoslawien (durch Losentscheid Gruppensieger vor Brasilien) unterlag Deutschland unglücklich mit 0:2 und schied überraschend aus dem Turnier aus. England verlor gegen Uruguay mit 2:4.

Brasilien unterlag mit dem gleichen Ergebnis gegen Ungarn. Dieses Spiel ging später als "Schlacht von Bern" in die Annalen des Fußballs ein. Es gab drei Platzverweise, nach der Partie prügelten sich die Spieler noch in den Kabinengängen.

Das Halbfinale und das Spiel um Platz drei

Die Halbfinalspiele

Deutschland musste gegen die favorisierten Österreich antreten. Die österreichische Mannschaft war zwar zu Beginn des Spiels überlegen, scheiterte aber immer wieder an Toni Turek. Nach der 1:0-Führung der Deutschen drehte sich das Spiel; Österreich hatteim Viertelfinale beim Sieg gegen die Schweiz zu viel Kraft gelassen. Letztlich gewann Deutschland mit 6:1.

Ungarn gewann sein Halbfinale mit 4:2 nach Verlängerung gegen Uruguay, das als Mitfavorit auf den Titel gehandelt worden war.

 

Das Spiel um Platz drei

In einem schwachen Spiel besiegte Österreich den entthronten Weltmeister mit 3:1, nachdem es zur Halbzeit 1:1 gestanden hatte. Den Südamerikanern merkte man den Kräfteverschleiß aufgrund der Verlängerung im Halbfinale deutlich an.

Das Endspiel und seine Folgen für Deutschland

Die Geschichte dieses Spiels ist hinlänglich bekannt: Deutschland gewann nach 0:2-Rückstand mit 3:2. Kurz vor Spielbeginn hatte es begonnen zu regnen, was für die technisch besseren Ungarn einen entscheidenden Nachteil bedeutete. Außerdem verwendeten die deutschen Spieler erstmals Schraubstollen und konnten damit auch in der Halbzeitpause auf die sich ändernden Platzverhältnisse reagieren. 

Viele haben später das "Wunder von Bern" als die eigentliche "Geburtsstunde der Bundesrepublik Deutschland" bezeichnet. Auch wenn man diese Bezeichnung für überzogen halten mag, dass dieser Sieg auch zu einem gewissen "Wir-sind-wieder-wer"-Gefühl in Deutschland beitrug, ist unumstritten.

Die Hintergründe für den deutschen Erfolg

Sepp Herberger hatte vor der Weltmeisterschaft das Spiel zwischen England und Ungarn im Wembley-Stadion gesehen. Ungarn gewann das Spiel mit 8:3 und brachte den Briten in diesem Spiel ihre erste Heimniederlage seit 90 Jahren bei. Doch Herberger sah nicht nur die Stärken der Ungarn in der Offensive, sondern stellte auch Schwächen in der Defensive der Ungarn fest.

Aber viel wichtiger war, dass sich die Ungarn nach dem frühen Vorsprung und vor allem wegen des klaren Siegs in der Vorrunde ihrer Sache wohl zu sicher waren. Gerade das hatte der deutsche Bundestrainer bezweckt, als er im Gruppenspiel die "zweite Garnitur" gegen Ungarn antreten ließ.

Viele haben später das "Wunder von Bern" als die eigentliche "Geburtsstunde der Bundesrepublik Deutschland" bezeichnet. Auch wenn man diese Bezeichnung für überzogen halten mag, dass dieser Sieg auch zu einem gewissen "Wir-sind-wieder-wer"-Gefühl in Deutschland beitrug, ist unumstritten.

Taktische Neuigkeiten

Ungarn, amtierender Olympiasieger und seit 1950 in 32 Spielen ungeschlagen, wartete mit taktischen Varianten auf, die vorher nicht zu sehen waren. Insbesondere der "wandernde Mittelstürmer" Nandor Hindegkuti entzog sich der konsequenten Manndeckung, in dem er sich immer wieder ins Mittelfeld zurückfallen ließ.

Kettenhund, am 25.07.2018
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Bildquelle:
Bild: freestockgallery.de (Wendepunkte der Geschichte – was wäre gewesen, wenn?)

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