Die Fußball-Weltmeisterschaft 1970 in Mexiko - viele Neuerungen
In Mexiko wurden Regeln eingeführt, die heute nicht mehr wegzudenken sind.Die Qualifikation und der "Fußball - Krieg"
Erstmals fand das Turnier weder in Südamerika noch in Europa statt. Mexiko hatte sich bei der Entscheidung über die Vergabe des Turniers knapp gegen Argentinien durchgesetzt.
Bereits vor dem eigentlichen Turnier hatte es in den europäischen Qualifikationsgruppen einige Überraschungen gegeben. Spanien und Jugoslawien mussten Belgien den Vortritt lassen. Bulgarien setzte sich gegen die Niederlande und Polen durch. Aber diese beiden unterlegenen Mannschaften sollten beim nächsten Turnier für Furore sorgen.
In der Südamerika-Qualifikation scheiterte Argentinien an Peru, auch dies hatte vorher kaum jemand erwartet.
Nach dem entscheidenden Qualifikationsspiel zwischen El Salvador und Honduras kam es zu Unruhen, die auch mehrere Todesopfer forderten. Die Ausschreitungen waren zusätzlich von den Medien auf beiden Seiten aufgeheizt worden Die salvadorianische Luftwaffe begann mit Angriffen auf honduranisches Gebiet und marschierte danach mit Bodentruppen ein. Nach fünf Tagen wurde der Krieg auf Druck der Organisation Amerikanischer Staaten beendet. Insgesamt starben etwa 2.100 Menschen etwa 6.000 wurden verwundet.
Die Vorrunde
16 Mannschaften trafen in vier Vorrundengruppen aufeinander. Die Gruppenersten und -zweiten qualifizierten sich für das Viertelfinale.
Auch Mexiko qualifizierte sich für die nächste Runde, wobei der Gastgeber nicht zuletzt von der für die anderen Mannschaften ungewohnten Höhenlage profitierte. Die Gastgeber wurden bei jedem ihrer Spiele vor mehr als 100.000 Zuschauern frenetisch unterstützt, und im entscheidenden Gruppenspiel der Mexikaner gegen Belgien half auch der argentinische Schiedsrichter kräftig mit. In der Gruppe wurden sie am Ende durch Losentscheid Zweiter hinter der Sowjetunion.
Italien reichte zum Weiterkommen ein einziges Tor in seinen drei Gruppenspielen zum Gruppensieg vor Uruguay. Schweden schied aus; gegen Uruguay gewannen sie mit 1:0, hätte aber ein 2:0 zum Weiterkommen gebraucht.
Die größte Überraschung der Vorrunde. gab es in Gruppe 3: Vizeweltmeister Tschechoslowakei schied sang- und klanglos nach drei Niederlagen aus, während Brasilien und England das Viertelfinale erreichten.
Deutschland qualifizierte sich für die K.o.-Runde, ohne jedoch wirklich zu überzeugen. Gegen Marokko und gegen Bulgarien hatten sie bereits zurückgelegen, konnte beide Spiele aber noch gewinnen. Nach dem Sieg gegen Peru, womit Deutschland neben Brasilien die einzige Mannschaft war, die ohne Punktverlust das Viertelfinale erreichte.
Das Viertelfinale - mit einem Klassiker
Das Spiel Deutschland - England wurde eines der spannendsten Partien des Turniers. Die Engländer führten bis zur 67. Minute mit 2:0, ehe Beckenbauer das Anschlusstor erzielte. Acht Minuten vor Schluss sorgte Uwe Seeler mit dem Hinterkopf für den Ausgleich - eines der berühmtesten Tore der deutschen Fußballgeschichte. Gerd Müller machte in der 108. Minute die "Revanche für Wembley" perfekt; der Titelverteidiger war ausgeschieden.
Uruguay schlug in seinem Viertelfinalspiel die Sowjetunion nach Verlängerung durch ein Tor in der 117. Minute mit 1:0.
Italien setzte sich gegen Mexiko trotz einen zwischenzeitlichen 0:1 - Rückstandes ungefährdet mit 4:1 durch. Auch Brasilien hatte beim 1:0. - Sieg gegen Peru wenig Mühe.
Die Halbfinalspiele - darunter eines für die Geschichtsbücher
Im Halbfinale lieferten sich Deutschland und Italien ein Spiel, das als eines der spannendsten WM-Spiele überhaupt gilt.
Erst in der Nachspielzeit glich Karl-Heinz Schnellinger die frühe 1:0-Führung der Italiener aus und erzwang so die Verlängerung, in der sich dann die Ereignisse überschlugen. Zunächst ging Deutschland mit 2:1 in Führung; die Italiener glichen jedoch zunächst aus, um danach selbst mit 3:2 in Führung zu gehen. Gerd Müller gelang mit seinem zweiten Tor in diesem Spiel erneut der Ausgleich, bevor Gianni Rivera eine Minute später den 4:3-Siegtreffer für Italien erzielte. Im Aztekenstadion ist heute noch eine Erinnerungstafel angebracht, die an dieses Spiel erinnert.
In dem anderen Halbfinalspiel setzte sich Brasilien gegen Uruguay mit 4:2 durch, nachdem es zur Pause noch 1:1 gestanden hatte. In der zweiten Halbzeit war Brasilien die bessere Mannschaft und setzte diese Dominanz auch entsprechend in Tore um.
Die Finalspiele
Deutschland wurde durch einen 1:0 - Sieg gegen Uruguay schließlich Dritter des Turniers.
Das Finale gewannen die Brasilianer verdient mit 4:1, wobei diese auch davon profitierten, dass den Italienern nach dem Halbfinale gegen Deutschland in der zweiten Halbzeit die Kraft ausging.
Regeländerungen und die stärkere Rolle des Fernsehens
Zulassung von Auswechslungen
Die Fifa hatte Bedenken, dass die Spieler wegen der klimatischen Bedingungen zu hohen Belastungen ausgesetzt werden könnten. Deshalb wurden erstmals Auswechslungen von Spielern gestattet. Jede Mannschaft durfte pro Spiel zwei Auswechslungen vornehmen.
Einführung der gelben und roten Karte
Bei der Fußballweltmeisterschaft 1966 wurde im Spiel zwischen England und Argentinien ein Argentinier vom Platz gestellt. Aufgrund sprachlicher Probleme hatte aber zunächst niemand wirklich verstanden, dass der Schiedsrichter einen Platzverweis ausgesprochen hatte. Solche Missverständnisse sollten durch die Karten zukünftig vermieden werden.
Tordifferenz statt Torverhältnis
Erstmals entschied bei Punktgleichheit nicht das Torverhältnis, sondern die Tordifferenz über die Platzierung, da das Torverhältnis tendenziell die Mannschaften benachteiligt, die mehr Tore schießt.
Beispiel:
- Mannschaft A erzielt 6 Tore und kassiert 2; dann ergibt sich ein Torverhältnis von 6/ 2 =3
- Mannschaft B erzielt 12 Tore und kassiert 6; dann lautete das Torverhältnis 12 / 6 = 2
Bei Anwendung der Tordifferenz wäre Mannschaft A besser qualifiziert, bei Anwendung des Torverhältnisses, ist Mannschaft B qualifiziert.
Die Austragung des Turniers berücksichtigt das Fernsehen
Zum ersten Mal wurden Fußballspiele aus Amerika in Europa live übertragen. Außerdem wurden alle Spiele in Farbe übertragen; auch dies hatte es zuvor noch nicht gegeben. Die Liveübertragungen wirkten sich während des Turniers auch auf die Anstoßzeiten aus; viele Spiele wurden um 12 Uhr angepfiffen, damit sie in Mitteleuropa um 19 Uhr zu sehen waren.
Bildquelle:
Bild: freestockgallery.de
(Wendepunkte der Geschichte – was wäre gewesen, wenn?)