Wieder ein neuer Austragungsmodus - dafür aber ein bekannter Gastgeber

Mexiko richtet als erstes Land eine WM zum zweiten Mal aus

Erstmals wurde die WM von einem Land ein zweites Mal ausgetragen. 1974 war das Turnier an Kolumbien vergeben worden. Doch 1982 gab Kolumbien bekannt, dass es nicht die notwendigen Mittel zur Ausrichtung des Turniers habe. Mexiko, Gastgeber der WM 1970, sprang als Ausrichter ein. 

Der Austragungsmodus

24 Mannschaften nahmen teil und wurden in sechs Vierergruppen aufgeteilt.

Ein längerer K.o.-Modus hielt wieder Einzug in das Turniergeschehen. Seit 1974 hatte es bis zum Halbfinale nur Gruppenspiele gegeben, nun wurde wieder eine K.o.-Runde eingeführt, die mit einem Achtelfinale begann.

Die jeweils Gruppenersten und -zweiten erreichten die K.o.-Phase, dazu kamen die vier besten Dritten der sechs Vorrundengruppen. Kritisch dabei: Die Wertung der Gruppendritten konnte natürlich nicht berücksichtigen, wie stark die jeweiligen Vorrundengruppen besetzt waren. Weiterer Nebeneffekt: Von 24 Teilnehmern kamen 16 weiter, nur acht Mannschaften schieden nach der Gruppenphase aus.

Die Gruppenspiele

Die Gruppenspiele

In der Gruppe A setzte sich Argentinien vor Italien durch. Bulgarien erreichte als einer der besten Gruppendritten ebenfalls das Achtelfinale, obwohl die Mannschaft keines ihrer Gruppenspiele gewann.

Mexiko gewann die Gruppe B vor Paraguay und Belgien. Die Spieler des Irak Gruppenletzter aus.

Die Zeit der Austragung des Turniers fiel teilweise mit dem Ramadan zusammen. Allerdings brauchten die irakischen Spieler sich nicht an die Regelungen des Fastens im Ramadan zu halten, da der Koran gestattet, dass Reisende nicht zu fasten brauchen. Die Spieler des Irak zeigten zwar drei gute Spiele, schieden aber dennoch als Gruppenletzte aus.

In der Gruppe C wurde der amtierende Europameister aufgrund der schlechteren Tordifferenz überraschend nur Zweiter hinter der Sowjetunion. Hier schied Ungarn als Gruppendritter aus, Kanada wurde punkt- und torlos Letzter.

Brasilien gewann die Gruppe D mit drei Siegen ohne Gegentor. Allerdings profitierten sie von einer Fehlentscheidung des Schiedsrichters, der beim 1:0-Sieg gegen Spaniern den Iberern ein reguläres Tor aberkannte.

Dänemark gewann die Gruppe E ohne Punktverlust und hatten dabei Deutschland mit 2:0 besiegt. Den Deutschen reichte ein 0:0 gegen Uruguay, um Gruppenzweiter zu werden; Uruguay kam als einer der vier besten Gruppendritten ebenfalls weiter. Letzter der Gruppe wurde Schottland trotz eines Unentschiedens gegen Uruguay.

Größte Überraschung der Gruppenspiele war der erste Platz der Mannschaft aus Marokko, die in der Gruppe F ungeschlagen blieb und England, Polen und Portugal hinter sich ließ. England als Zweiter und Polen als Dritter erreichten ebenfalls das Achtelfinale, Portugal musste als Gruppenvierter die Heimreise antreten.

Die Portugiesen hatte großes Pech in dem Turnier. Stammtorwart Bento brach sich im Training das Bein und spielte danach nie wieder für die Nationalmannschaft und auch mehr für seinen Verein.

Das Achtelfinale

Einen der Höhepunkte der Achtelfinalspiele lieferte der Mexikaner Negrete, dessen Traumtor im Spiel gegen Bulgarien bei einer Internetabstimmung zum schönsten WM-Tor aller Zeiten gewählt wurde. Mexiko gewann das Spiel mit 2:0.

Dramatisch ging es im Spiel zwischen der Sowjetunion und Belgien zu, das als einziges Spiel erst in der Verlängerung entschieden wurde. Insgesamt ein glücklicher Sieg für Belgien, das zweimal zurücklag, bevor sie in der Verlängerung mit einem Doppelschlag das Spiel für sich entschieden. 

Brasilien kam durch ein 4:0 gegen Polen ins Viertelfinalem wobei das Ergebnis den Spielverlauf nicht wiedergibt. Polen war über weite Strecken das besserer Team, konnte sich aber keine echten Torchancen herausspielen. Brasilien profitierte unter anderem von einem fragwürdigen Elfmeter, der zum 1:0 führte. Nach dem 2:0 mussten die Polen die Offensive verstärken und musste dadurch zwei Kontertore hinnehmen

Spanien besiegte Dänemark trotz 0:1-Rückstand klar und relativ problemlos mit 5:1. dabei erzielte Butrageno für die Spaniern vier Tore; das hatte vor ihm nur Just Fontaine bei der WM 1958 im Spiel um Platz 3 gegen Deutschland geschafft.

Im Spiel zwischen den Ex-Weltmeistern kam Argentinien gegen Uruguay mit einem 1:0-Sieg ins Viertelfinale. In dem recht schwachen Spiel mit vielen Unterbrechungen hätte Argentinien auch höher gewinnen können.

Marokko machte es den Deutschen schwer. In einem der schlechtesten Spiele des Turniers gewann Deutschland mit 2:0; Matthäus entschied das Spiel drei Minuten vor Schluss durch einen Freistoß aus 30 Metern.

Im Spiel zwischen Italien und Frankreich trafen der amtierende Weltmeister und der amtierende Europameister aufeinander. Frankreich dominierte das Spiel von Beginn an und gewann mit 2:0, danach trat Italiens Trainer Enzo Bearzot zurück.

Im Spiel zwischen England und Paraguay dominierten zwar die Südamerikaner zu Beginn das Spiel, aber nach einem Abwehrfehler Paraguays kamen die Briten zum 1:0. In der ersten Viertelstunde des zweiten Durchganges erzielten die Engländer die Treffer zum 3:0. Paraguay hatte kurz vor dem 2:0 Glück, dass der Schiedsrichter eine Tätlichkeit übersah und deshalb der eigentlich gerechtfertigte Platzverweis nicht ausgesprochen wurde.

Die Viertelfinalspiele - mit zwei legendären Partien

Die Viertelfinalspiele dieser WM waren teilweise geschichtsträchtig - nicht nur, weil drei der vier Spiele erst im Elfmeterschießen entschieden wurden.

Zwei Spiele sind bis heute fester Bestandteil der Fußball-Geschichte:

Zum einen das Spiel zwischen Brasilien und Frankreich; einem der besten WM-Spiele überhaupt. Zum anderen das Spiel zwischen Argentinien und England wegen Maradona's legendären zwei Toren, durch die Spiel entschieden wurde.

Die beiden anderen Spiele waren dagegen vergleichsweise unspektakulär.

Das Spiel Belgien gegen Spanien wurde erst im Elfmeterschießen entschieden. Beide Mannschaften waren etwa gleich stark. Belgien ging früh in Führung. In der zweiten Halbzeit verhinderte Spaniens Torhüter Zubizarreta das 2:0 ehe den Spaniern kurz vor Schluss der Ausgleich gelang. Nach der torlosen Verlängerung behielt Belgien im Elfmeterschießen die Oberhand.

Auch die Partie zwischen Deutschland und Mexiko war im Vergleich zu den anderen Spielen eher langweilig, obwohl auch dieses erst im Elfmeterschießen entschieden wurde. Thomas Berthold flog in der 65. Minute vom Platz, dennoch kam Deutschland in Unterzahl in die Verlängerung. Nachdem in der 110. Minute auch der Mexikaner Aguirre vom Platz gestellt wurde und die Verlängerung torlos endete, musste auch in diesem Spiel das Elfmeterschießen entscheiden. Hier gewann Deutschland mit 4:1.

Frankreich gegen Brasilien - auch ein "Jahrhundert-Spiel"

Das Viertelfinalspiel zwischen Frankreich und Brasilien gilt als eines der besten WM-Spiele überhaupt, obwohl nur zwei Tore in den ersten 90 Minuten fielen

Auf beiden Seiten standen zwei Mittelfeldreihen, die bis heute zu den besten überhaupt gezählt werden: Platini, Tigana und Giresse für Frankreich, Alemao, Zico, Socrates und Junior für Brasilien.

Von Anfang an lieferten sich beide Mannschaftenn einen offenen Schlagabtausch mit vielen Chancen auf beiden Seiten. Brasilien hatte in der Anfangsviertelstunde gleich zwei Großchancen und ging nach 17 Minuten durch Careca in Führung. Dem Treffer war eine Kombination über zehn Stationen vorausgegangen. 

Die Brasilianer hatten auch die Chance auf das 2:0, Mittelstürmer Müller traf nach einem Konter (eingeleitet durch eine 40-Meter-Pass von Socrates) aber nur den Pfosten.

Platini erzielte noch vor der Pause den Ausgleich.

In der zweiten Hälfte wurde das Spiel noch besser; es gab viele Chancen auf beiden Seiten, Höhepunkt war der von Zico verschossenen Elfmeter.

Es blieb bis zum Spielende und auch nach der Verlängerung beim 1:1, so dass das Elfmeterschießen die Entscheidung bringen musste. Obwohl Platini seinen Elfmeter verschoss, setzte sich Frankreich durch, weil Socrates und Julio César für Brasilien verschossen hatten.

Argentinien gegen Brasilien - die "Hand Gottes" und ein "Jahrhundert-Tor"

Die erste Halbzeit des Spiels zwischen Argentinien und England bot wenig Spektakuläres. Dafür wurde die zweite Halbzeit umso dramatischer.

Beim 1:0 für Argentinien in der 51. Minute konnte sich Maradona in einem Kopfball-Duell nur durchsetzen, indem er den Ball mit der Hand über seinen Gegenspieler hinweg ins englische Tor beförderte. Der Schiedsrichter gab den Treffer trotz der Proteste der Engländer. Auf das Tor angesprochen, erklärte Maradona später: "Es war ein bisschen die Hand Gottes und ein bisschen Maradonas Kopf".

Vier Minuten später startete Maradona an der Mittellinie einen Sololauf über das halbe Feld, spielte sieben Engländer aus und schob den Ball unter Torhüter Shilton zum Endstand von 2:0 ein.

Der Argentinier Lionel Messi erzielte 2007 in einem Pokalspiel für den FC Barcelona ein Tor, das quasi eine Kopie des Maradona-Tores war:

https://www.youtube.com/watch?v=CXcl5q6H6p4

Das Halbfinale

Im ersten Halbfinale trafen Frankreich und Deutschland aufeinander - genauso wie bei der WM vier Jahre zuvor. Frankreich war nicht zuletzt nach dem spektakulären Sieg gegen Brasilien Favorit, da Deutschland während des Turniers bis zum Halbfinale nicht überzeugt hatte.

Nach der frühen Führung durch Andreas Brehme, die durch einen Torwartfehler begünstigt war, dominierte zunächst Frankreich das Spiel. Bis auf die erste Viertelstunde der zweiten Halbzeit waren die Franzosen auch während der zweiten Hälfte das bessere Team, ohne sich wirklich klare Chancen zu erspielen.

In der Folge mussten die Franzosen die Abwehr immer weiter auflösen. Diese Chance ließen sich die Deutschen nicht entgehen: Völler schloss in der Schlussminute einen Konter zum 2:0 ab.

 

Im zweiten Halbfinale zwischen Belgien und Argentinien waren letztere zwar die bessere Mannschaft, hatten aber Glück, dass der Linienrichter in der ersten Hälfte zwei Großchancen der Belgier wegen vermeintlicher Abseitsstellung zurückpfiff - in beiden Fällen zu Unrecht.

Maradona entschied auch dieses Spiel wieder fast im Alleingang. Er erzielte beide Tore zum 2:0 - Sieg, wobei seinem zweiten Tor ein ähnlicher Sololauf vorausging wie bei dem "Jahrhundert-Tor" im Viertelfinale gegen England.

Die Endspiele

Spiel um Platz drei

Bei der mit viel Einsatz geführten Partie zwischen England und Frankreich setzten Letztere zwar viele Reservisten ein. Die zwischenzeitliche 2:1 Führung der Franzosen konnten die Belgier zwar noch einmal egalisieren, letztlich setzten sich aber die Franzosen in der Verlängerung mit 4:2 durch.

 

Das Finale

Bei dem Aufeinandertreffen von Argentinien und Deutschland gingen die Südamerikaner in der ersten Halbzeit nach einem krassen Torwartfehler mit 1:0 in Führung und erhöhten in der 56. Minute auf 2:0. Damit schien das Spiel im Grunde schon entschieden, doch Rummenigge und Völler erzielten binnen acht Minuten jeweils nach einem Eckball den Ausgleich.

Die Deutschen versuchten, noch in der regulären Spielzeit das Spiel zu gewinnen, doch kurz nach dem 2:2 entschied Burruchaga das Finale für die Argentinier, er einen Traumpass von Maradona zum 3:2-Sieg abschloss. Argentinien war zum zweiten Mal Weltmeister.

Die "Suppenkasper - Affaire" und weitere Querelen im deutschen Team

Innerhalb der deutschen Delegation gab es vor und während des Turniers immer wieder zu Reibereien. Insbesondere zwischen den Spielern des FC Bayern und der "Kölner Gruppe" gab es immer wieder Grüppchen-Bildungen und Streitereien. Außerdem kamen immer wieder Details über die schlechte Atmosphäre im deutschen Team an die Öffentlichkeit. 

Beckenbauer, erstmals DfB-Trainer bei einem großen Turnier, war mit der Führung der Mannschaft überfordert. Nicht zuletzt, weil sich unter anderem DfB-Präsident Neuberger immer wieder seinen Einfluss geltend machte - und das oft genug gegen den Willen Beckenbauers.

So hatte offensichtlich Neuberger den Rauswurf von Ersatztorwart Uli Stein angeordnet, nachdem dieser Franz Beckenbauer (in Anlehnung an einen früheren Werbespot) als "Suppenkasper" bezeichnet hatte. Dass die Deutschen trotz dieser internen Unruhe Vizeweltmeister wurden, ist im Grunde überraschend, wirklich überzeugt hatte die Mannschaft (vor allem in der Gruppenphase) auch während des Turniers nicht gespielt.

Kettenhund, am 31.07.2018
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Bildquelle:
Bild: freestockgallery.de (Wendepunkte der Geschichte – was wäre gewesen, wenn?)

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