Stieglitz (Bild: a.sansone)

Stieglitz aka Distelfink, Carduelis carduelis

Der Teilzieher mit seinem hübschen und markanten bunten Kleid, rot, gelb, braun und weiß, gehört zur Familie der Finken (Fringillidae).

Etwa 12 cm groß, rote Gesichtsmaske mit schwarz-weißem Hinterkopf, leuchtend gelbe Flügelspiegel und so mit keinem anderen der Finkenvögel zu verwechseln, begeistert er jeden Gartenbesitzer, wenn er sich bevorzugt (siehe Namen!) an Disteln (Cirsium spp., Carduus spp.), Karden (Dipsacus spp.) oder anderen aussamenden Blumen gütlich tut. Im Winter werden Erlensamen, im Frühjahr Kiefern- und Lärchensamen gefressen. Sobald die Samen frühblühender Korbblütler, z.B. Huflattich oder Löwenzahn, verfügbar sind, werden diese bevorzugt. Nur in der Aufzuchtzeit wird nahrhaftes eiweißhaltiges Futter, sprich Maden und Insekten, mit verwendet. Zumeist wird aber mit einem vorverdauten Samen-Knospen-Brei gefüttert.

Typisches Merkmal: Sie besitzen nur neun große Handschwingen in jedem Flügel; der zehnte ist verkümmert.

  • Für einen Finken hat er einen relativ spitzen und langen Schnabel. Näheres dazu weiter unten.
  • Im Herbst und auch im Winter sind sie meist paarweise oder in kleinen Trupps zu finden.
  • Der Stieglitz brütet von Westeuropa bis Mittelsibirien und Nordafrika.

 

Wo bekam der "Stieglitz" seinen Namen her?

Hat die Stiege etwas mit dem Vogel zu tun? Oder trägt er eine Litze um den Hals, so hübsch bunt wie er ist? Stammt daher der eher schwer auszusprechende Namen?
Alles falsch. Den zweiten deutschen Namen neben Distelfink hat sich der Vogel über seinen markanten Ruf selbst gegeben. Die nach "Stiglit" klingenden hellen Flugrufe standen Pate für seinen Namen.

Kommen wir gleich zu seiner fachlich richtigen Bezeichnung Carduelis carduelis. Da drängt sich sofort die Karde als namensgebene Quelle auf. Der wissenschaftliche Name "Carduelis" leitet sich tatsächlich von lat. "carduus = kratzig, Distel", ab; seiner Leibspeise, die allerdings keine eigentliche Distel ist.
Lesetipp: Distel.

(Bild: jasongillman / Pixabay)

Hey, das sind meine Familienangehörigen

Der Stieglitz-Stammbaum

  • Ordnung: Sperlingsvögel (Passeriformes)
  • Unterordnung: Singvögel (Oscines)
  • Familie: Finken (Fringillidae)
  • Unterfamilie: Stieglitzartige (Carduelinae)
  • Gattung: Stieglitzartige (Carduelis )
  • Art: Distelfink/Stieglitz (Carduelis carduelis)

Der Stieglitz ist sowohl Mitglied als auch Namensgeber der Gattung Carduelis, zu Deutsch "die Stieglitzartigen". Zu ihr gehören weltweit 33 Arten, acht davon leben auch in Deutschland. Unter der heimischen Verwandtschaft sind Zeisige, Hänflinge und Grünfinken am häufigsten.

Als Finken werden aber mehrere Gruppen samenfressender Vögel bezeichnet, die in 5 Familien aufgeteilt sind. Alle Finken haben eine konische Schnabelform, aber nicht alle ernähren sich ausschließlich von Samen.

*Die Sperlingsvogel-Systematik ist je nach Quelle sehr unterschiedlich, nach neuesten Erkenntnissen geht es eher drunter und drüber.

ausgeflogen (Bild: Kaz / Pixabay)

Käfigvogel und Symbolvogel

  • Früher stellte der Stieglitz ein Symbol für Ausdauer, Fruchtbarkeit und Beharrlichkeit dar.
  • Wegen seiner Vorliebe für Disteln ist er noch heute ein christliches Symbol für die Passion und den Opfertod Jesu Christi. Disteln-Dornenkrone
  • Seinem hübschen Gesang hat er bis heute eine leidvolle Karriere als Käfigvogel zu verdanken. Wildfänge sind nach dem § 20d BNatSchG jedoch illegal. Besser ist es seinem Gesang in freier Natur zu lauschen.
  • Der Sage nach soll der kleine Stieglitz bei der Schöpfung still in einem Winkel gehockt sein. Schließlich kam er als letzter Vogel zu Gott, der aber nun keine Farbe mehr übrig hatte. Da kratzte dieser aus jedem Topf noch den letzten verbliebenen Farbrest. So kamen rot, schwarz, weiß und der blitzende gelbe Streifen auf dem vordem blassbraunen Vogel zustande. Eine tolle Resteverwertung kann man da nur sagen.

Dieser Vogel hat keinen festen Stand!

Der Stieglitz brütet in ganz Deutschland und Österreich in den niederen Lagen und vereinzelt auch noch in alpinen Gebieten bis 1.500 Höhenmeter. Als Teilzieher* überwintert er vor allem im Osten in kleiner Zahl, die Mehrheit zieht im Herbst ins Mittelmeer-Gebiet und kehrt ab Mitte März wieder in die Brutgebiete zurück.

Die Stieglitze sind nicht territorial; das heißt, dass es oft genug mehrere Stieglitznester in ein und demselben Baum geben kann.

Das sogenannte Napfnest wird meist in Astgabeln gebaut. Pflanzenhalme werden mithilfe von Spinnweben fest gemacht. Das Nestinnere wird mit tierischen oder pflanzlichen Haaren (Distelflughaare) ausgepolstert. Auch Papa Stieglitz beteiligt sich brav an der Aufzucht.

Besonderheit: In den ersten Nestlingstagen wird der Kot von den Eltern selbst gefressen. Nicht nur, dass damit das Nest rein gehalten wird, die noch recht unverdaute Nahrung wird so weiterverwertet und effektiv genutzt. Erst mit dem weiteren Wachstum wird der Kot, wie bei vielen anderen Vögeln, einfach über den Nestrand befördert.

Ich möchte kein Stieglitz sein - Mahlzeit!

Glossar:

  • Jahresvogel, auch Standvogel: Vogel ist das ganze Jahr anzutreffen.
  • Teilzieher: Nicht alle Individuen einer Population ziehen, einige bleiben als Standvogel. Je nach Winter (mild oder hart) eine gute oder falsche Entscheidung.

 

 

Warum ist der Stieglitz zum Botschafter gewählt worden?

Der Stieglitz (Carduelis carduelis) wird, wie viele andere Singvögel, durch die zunehmende Intensivierung der Landwirtschaft und die Bebauung von Brachflächen seiner wichtigen Nahrungs- und Lebensgrundlagen beraubt. 

Mit seiner Wahl zum Vogel des Jahres 2016 wollen die Naturschutzverbände den fortschreitenden Strukturverlust in unserer Kulturlandschaft ins Blickfeld rücken.

 

Stieglitz (Bild: judith74 / Flickr)

Der geschickte Akrobat am Blumenstängel

Wer so klug ist, in seinem Garten verschiedene Blumen für die Vogelschar stehen zu lassen, der kann sich an den verschiedensten "Erntetechniken" des Stieglitz erfreuen:

  1. Nahrung wird vom Boden aufgepickt,
  2. er kann kopfunter am Ast oder Stängel hängend picken,
  3. dünne Halme drückt er wie Bud Spencer zu Boden, wobei er langsam schrittweise den Stängel hochhüpft, bis sich der Stängel durch sein Körpergewicht gegen den Boden neigt und abgeerntet werden kann,
  4. er bündelt auch mehrere dünne Halme mit seinem Schnabel, krallt sich daran fest und zieht weitere zu sich mit dem Schnabel heran; erst dann wird geerntet,
  5. auf großen Samenständen (Sonnenblume etwa) steht er mittig und meißelt die Kerne auf
  6. auf Disteln oder Karden krallt er sich seitlich am Blütenstand fest und zieht mit schwungvollen Seitwärtsbewegungen die Samen heraus
  7. Mit Kopfschutz und Pinzette -
    an Disteln zu ernten, kann schon mal schmerzhaft sein. Clever muss man da sein. Um sich vor den spitzen Haken der verschiedenen Disteln zu schützen, besitzt er borstige Federchen am Kopf. Nun dient ihm der für einen Finken lange dünne Schnabel als Pinzette; geschickt zupft "Doktor Stieglitz" die kleinen Samen heraus ...und wenn es gar nicht anders geht, herrscht rohe Gewalt; er zerquetscht unreife Samen ganz einfach mit dem recht kräftigen Schnabel.

Übrigens, Klein-Stieglitz lernt diese Methoden alle durch Zugucken und Nachahmen.

 

Wie können wir dem Stieglitz helfen?

"Allein in der Agrarlandschaft sind seit 1994 fast 90 Prozent aller Brachflächen mit ihrer heimischen Artenvielfalt verloren gegangen. Auch Randstreifen mit Blumen und Wildkräutern an Feldern und Wegen werden immer weniger und artenärmer. Im Siedlungsraum verschwinden wildblumenreiche Brachflächen, öffentliches und privates Grün wird zu intensiv gepflegt, Wildkrautvielfalt gar weggespritzt. Für unseren Jahresvogel wird es in Deutschland inzwischen eng", sagte NABU-Vizepräsident Helmut Opitz anlässlich der Vorstellung.

Schön und gut. Stellt sich sofort die Frage:

Was können wir als begeisterte Gärtner und Naturliebhaber aktiv tun?

Es gibt so einige Möglichkeiten, den Lebensraum des farbenfrohen Finken zu erhalten und zu erweitern. Fangen wir in den Gemeinden und im eigenen Garten damit an:

  • Unbelassene Ecken an Sport- und Spielplätzen erhalten. Das hilft nicht nur den Vögeln, sondern trägt auch zur Förderung unserer Kinder bei.
  • Strauchhecken und Blumenrabatten bei Schulen forcieren und die Blumen auch abgeblüht stehen lassen.
  • Ackerflächen oder Straßenränder mit bunten Wegrändern nicht nur dulden, sondern gezielt wieder bepflanzen.
  • Faule Gärtner vor! Sie sind die Rettung für viele Tierarten ....
  • ... im eigenen Garten "ungenützte, verwilderte" Bereiche mit aussamenden Stauden gestalten. Heimische Disteln stehen lassen.
  • ... im Herbst die samentragenden Blütenstände stehen lassen.

 

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Nachsatz: Meine Samenstände von Sonnenblume, Herbst-Anemone, Rudbeckia & Co bleiben über den Winter stehen und die Ernte-Manöver, welche die einfallenden Stieglitze Winter für Winter bieten, sind bestes Unterhaltungsprogramm.

Samenstände von Rudbeckia

NABU- Aktion "Bunte Meter für Deutschland".

Möglichst viele Meter wildkrautreicher Grünflächen sollen als neue Lebensräume für den Stieglitz und andere Singvögel geschaffen oder erhalten werden. Dazu soll der Vogel des Jahres 2016 beitragen.

Infomaterial vom NABU gibt es hier https://www.nabu.de/tiere-und-pflanzen/aktionen-und-projekte/vogel-des-jahres/stieglitz/19624.html

Je mehr mitmachen, desto besser.

Natur des Jahres 2016

 

Artikel und Porträts der Arten, die zur Natur des Jahres 2016 gewählt wurden:

Ein Dankeschön an alle Fotografen (pixabay/flickr/NABU), die Stieglitz-Fotografien zur Verfügung gestellt haben.

Adele_Sansone, am 09.10.2015
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Bildquelle:
a.sansone (Kapern - Woher sie kommen, wie sie aussehen und wo sie besonders gu...)

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