Bekanntlich hat man als Optimist mehr vom Leben. Aus Sicht der Filmstudios wäre die Kinokasse somit auch 2015 nicht halbvoll oder halbleer, sondern proppenvoll. Zwar blieb der sich selbst als König der Welt inthronisierte James Cameron mit "Avatar" und "Titanic" unantastbar. Doch 2015 sah gleich mehrere Milliardenhits, größtenteils überraschender Natur.

"Jurassic World": Wir sind die Rebooter!

Lange hatte es gedauert, viele Fans zweifelten bereits daran, aber 2015 war es dann endlich soweit: 14 Jahre nach dem gründlich missratenen "Jurassic Park III" (auch bekannt als: "Lalala, es gibt nur zwei ‚Jurassic Park‘-Filme, lalalaaa") feierten die gefräßigen Dinos ihr Kino-Comeback. Inszeniert vom bis dato eher unbekannten Colin Trevorrow, trampelten die Raptoren und der Indominus Rex in "Jurassic World" sämtliche Konkurrenz an den Kassen nieder. Das Ergebnis: Der bislang dritterfolgreichste Film aller Zeiten, trotz Absenz der einstigen Zuschauerlieblinge Jeff Goldbloom und Sam Neill. An Neills Stelle statt gab "Guardians of the Galaxy"-Star Chris Pratt den Raptoren-Flüsterer. Mit Erfolg, obwohl die menschlichen Darsteller eher in den Hintergrund gedrängt wurden.

Alleine in den USA spielte das Spektakel rund 700 Millionen Dollar ein und wird mindestens zwei Fortsetzungen nach sich ziehen. Wie mittlerweile üblich, verstand sich "Jurassic World" als Reboot der 2001 hoffnungslos in den Sand gesetzten Serie. Gerade Superheldenverfilmungen exerzieren vor, wie man ein und denselben Plot alle paar Jahre "auffrischen" kann, und das Dino-Abenteuer wird keine Ausnahme davon sein. Im Wesentlichen auf "Dinos laufen Amok und fressen Leute" reduzierbar, dürfte das Interesse an den Riesenechsen auch in Zukunft ungebrochen sein.

"Furious 7": Postumer Kassenknüller

Weniger überraschend war hingegen die starke Performance des zweiten "Avengers"-Teils: "Age of Ultron" konnte auf die Fanbasis vertrauen und übersprang locker die magische Milliardengrenze. Der nächste Teil wird nicht lange auf sich warten lassen, nachdem sogar die "Batman"-Reihe abgehängt werden konnte.

Sensationell hingegen war der überragende Erfolg von "Furious 7". Der Grund für das selbst kühnste Hoffnungen sprengende Einspielergebnis dürfte morbider Natur sein, war doch Hauptdarsteller Paul Walker Ende 2013 bei einem Autounfall getötet worden, was insbesondere in China zum ungewöhnlichen Interesse an einem nüchtern betrachtet bieder in Szene gesetzten Durchschnitts-Actioner führte. Tatsächlich gewinnt China für die US-Studios immer mehr an Bedeutung, was sich auch am Erfolg von "Furious 7" ersehen lässt: Der Streifen spielte in China mehr als in den USA ein. Kein einzigartiges Phänomen, konnte doch bereits "Transformers: Ära des Untergangs" ein Jahr zuvor das eher maue US-Einspielergebnis am chinesischen Markt ausbügeln. Die "klassische" Markaufteilung – Nordamerika, Europa, Rest der Welt – wird immer weiter aufgeweicht und die "neuen" Märkte wie eben China, aber auch Indien oder Russland gewinnen an Bedeutung. Hierbei darf mit einer weiteren Glättung potenziell kontroverser Stoffe gerechnet werden, um bloß niemanden zu verprellen.

In seiner Eigendynamik im Gefolge von Paul Walkers Tod erinnert der Riesenerfolg von "Furious 7" an das frühe Ableben des Stummfilm-Sexsymbols Rudolph Valentino, dessen postum veröffentlichtes Werk "Der Sohn des Scheichs" auf Grund der tragischen Umstände zum Kassenknüller geriet.

Rudolph Valentino

Rudolph Valentino (Bild: https://pixabay.com)

Seine Zugkraft als Superstar stellte einmal mehr Tom Cruise unter Beweis: "Mission: Impossible – Rogue Nation" vermochte die Erwartungen voll und ganz zu erfüllen, indem es einer der Kinoknüller des Filmjahres wurde. Ein sechster Teil dürfte sicher sein, nachdem 2014 der SF-Kracher "Edge of Tomorrow" nur haarscharf am eklatanten Misserfolg vorbeigeschrammt war. 

Frisch aus dem Nagelstudio: "Fifty Shades of Grey"

Pixars "Alles steht Kopf" (treffenderer Originaltitel: "Inside Out") stellte hingegen den gewohnten Doppelstreich des Animationsstudios dar: Sowohl bei Kritikern, als auch beim Publikum reüssierte der Streifen. Ebenso wie der weitaus harmlosere "Minions", der erstmals die kleinen gelben Kerlchen aus den "Ich – Einfach unverbesserlich"-Filmen in den Vordergrund rückte. Auf ein kindliches Publikum zugeschnitten erwies sich der erste und gewiss nicht letzte "Minions"-Film als perfektes Kino-Äquivalent für gestresste Eltern zum Kinderparadies im IKEA, um eineinhalb Stunden ohne den entzückenden Nachwuchs verbringen zu können.

Weitere überraschungsfreie Blockbuster waren die fast schon obligatorische Neuverfilmung von "Cinderella" (passenderweise durch Disney selbst), die Fortsetzung des Komödien-Hits "Pitch Perfect", der Spongebob-Film sowie die Verfilmung des "Hausfrauen aus deiner Umgebung wollen's versaut besorgt bekommen, trauen sich aber nicht so recht"-Romans "Fifty Shades of Grey". Nach dem alle Rekorde sprengenden Start war der Streifen schneller wieder aus den Kinos, als man "Safeword" sagen konnte. Der Schaden war allerdings bereits angerichtet: 600 Millionen Dollar spielte das BDSM (besonders dümmlicher Schmonzette-Mist)-Märchen für erotisch beim Verdreschen des bösen Krokodils durch den Kasper Hängengebliebene ein.

Safeword: "Aber ich bin doch ...

Safeword: "Aber ich bin doch besoffen und damit nicht für mein Handeln verantwortlich!" (Bild: https://pixabay.com)

"Fantastic Four"-Flopp: Sättigung an Superhelden?

Knapp am Flop vorbeigeschrammt: Der mittlerweile auch schon fünfte Ableger der "Terminator"-Serie, der verkrampft originell betitelte "Terminator Genisys". In den USA gnadenlos gefloppt, erwiesen sich wie schon beim vierten Teil die internationalen Märkte als Retter. Hier zieht die Marke immer noch, sodass selbst der von der Kritik – zu Recht – in der Luft zerrissene "Terminator Genisys" fast 400 Millionen Dollar einspielte. Es bedarf wohl kaum noch einer Erwähnung, dass es sich um ein Reboot handelt, also eine Art künstlerischen Freibrief, mit jedem selbstironischen Quark davonzukommen.

Ein kaum besseres Einspielergebnis erreichte die Comicverfilmung "Ant-Man". Dies ist nicht nur deshalb bemerkenswert, weil die Kritiken durchwegs positiv waren, sondern auch auf Grund der Fanbasis von Comics. Könnte langsam, aber sicher doch eine Sättigung an Superheldenverfilmungen eintreten? Immerhin legten die "Fantastic Four" (das Reboot eines Remakes – oder doch das Remake eines Reboots?) einen finanziellen Bruchstart hin und erwiesen sich als erster Superheldenflop seit "Catwoman" aus 2004 – ein berüchtigt katastrophaler Film, über den sich sogar Hauptdarstellerin Halle Berry immer wieder lustig machte (Anmerkung: Sie erhielt für ihre Darstellung den Anti-Oscar "Goldene Himbeere" und bewies genug Ironie, die wenig schmeichelhafte Auszeichnung entgegenzunehmen und sich zu bedanken).

Kein Solo für Onkel

Schlimmer erwischte es nur den einstigen Boxoffice-König Johnny Depp, dessen Gaunerkomödie "Mortdecai – Der Teilzeitgauner" international gerade einmal 30 Millionen Dollar einspielte. Nach "Dark Shadows" (2012), "Lone Ranger" (2013) und "Transcendence" (2014) der inzwischen alljährliche Mega-Flopp des immer noch hochbezahlten Schauspielers. Über den Misserfolg dürfte ihn die Ehe mit der knapp halb so alten Amber Heard hinwegtrösten.

Obwohl angesichts des relativ geringen Budgets kein Flop, enttäuschte das schwache Einspielergebnis der Fortsetzung des Vulgär-Komödienspektakels "Ted". Für Kopfschmerzen bei dem Produzenten dürfte hingegen Guy Ritchies Verfilmung der 1960er-TV-Serie "The Man from U.N.C.L.E." sorgen. In fast 4.000 US-Kinos gestartet, spielte der Streifen am ersten Wochenende gerade einmal 14 Millionen Dollar ein. Ein "Solo für O.N.C.E.L.", so der deutsche Titel der TV-Serie, sieht wohl anders aus.

Woher nehmen die Wachowskis bloß die 200-Millionen-Budgets?

Einmal mehr als One-Hit-Wonder erweisen sich die Wachowski-Geschwister: Das exorbitant kostspielige SF-Abenteuer "Jupiter Ascending" wäre mit "Jupiter Descending" passender betitelt gewesen. Wie die Wachowskis dennoch immer wieder 200-Millionen-Dollar-Budgets gewährt bekommen, obwohl lediglich die "Matrix"-Trilogie ein Kassenknüller war, könnte eine ganze "Akte X"-Folge füllen. Rational ist das genauso wenig erklärbar, wie der gewaltige Erfolg von Adam Sandler, dessen von der Kritik verrissenes Machwerk "Pixels" gerade noch die Erfolgskurve kratzte.

Ebenso übrigens wie der von ihm coproduzierte "Der Kaufhaus Cop 2" mit Busenfreund (daraus würde Sandler mindestens zehn flache Witze schnitzen) Kevin James, der auf der Kritikenwebseite "Rotten Tomatoes" einen sensationellen 0%-Score hinlegte. In Worten: Sämtliche Kritiken waren negativ. An den originellen "Dicke Leute fallen hin, hahaha!"-Witzen kann es nicht gelegen haben. Eine Verschwörung gegen das unverstandene Genie Adam Sandler muss vermutet werden. Fox Mulder, bitte dringend am NSA-Handy melden!

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