CMA CGM Marco Polo im Hamburger HafenFrachtschiffe sind Wirtschaftsbetriebe und dienen zunächst nur einem Zweck: Sie sollen Ladung transportieren. Die Ladung hat immer Vorrang, und da ist für Sentimentalitäten oder auch für Sonderwünsche kein Platz! An Bord lebt der Gast mit der Mannschaft. Diese kommt überwiegend aus Asien. Häufig stammt nur der Kapitän aus Europa. Ein Unterhaltungsprogramm gibt es nicht. Man genießt das Meer, schaut der Mannschaft über die Schulter und freut sich auf den nächsten Hafen. Auch hier gibt es natürlich kein organisiertes Ausflugsprogramm. Zuerst muss man sich einen Weg aus dem Hafen bahnen (was manchmal gar nicht so einfach ist) und dann die Besichtigungen auf eigene Faust organisieren. Und das bei oft nur kurzen Liegezeiten.

Trotzdem sind Frachtschiffreisen ein ganz besonderes Erlebnis. Und die Auswahl ist keinesfalls gering: Von der Kurzreise zu den britischen Inseln bis zum mehrwöchigen Törn nach Afrika, Amerika oder Asien wird hautnahes Seefahrterlebnis geboten. Ob man auf ein modernes Küstenmotorschiff geht, bei dem man fast zur Besatzung zählt und der Komfort kleingeschrieben wird, oder auf einem großen Schiff die Eignerkabine mit Wohnraum, Schlafraum, Dusche und WC bucht und dort auch von einem Steward betreut wird, das liegt ganz im Geschmack des Einzelnen.

Auf einem Frachter bekommt man das Gefühl für Entfernungen, wenn man sich mit 12 bis 15 Knoten vorwärts bewegt. Man bekommt ein Gefühl für die Wellen; das Schiff und man selber auch werden kräftig durchgeschüttelt. Damit man nicht aus der Koje rollt, wählt man am besten die Bauchlage. Denn ein Frachter ist kein Kreuzfahrer! Er hat keine Stabilisatoren, die bei starkem Seegang die Schiffsbewegungen dämpfen, und er fährt auch nicht auf Schönwetterkurs, sondern auf dem schnellsten Weg, und der ist oft nicht bequem. Eine Seereise mit einem Frachtschiff ist nicht jedermanns Sache. Wenn Sie dennoch darüber nachdenken, hier einige Regeln.

Man muss seefest sein und gut auf den Beinen. Hier einige Tipps für Schlechtwetter: Die Tischdecke wird nass gemacht, damit Tassen, Teller und Gläser nicht rutschen. An Deck läuft man immer gegen den Neigungswinkel an und sucht festen Halt, damit man beim Überholen des Schiffes nicht zur Seite rutscht oder fällt. In der Kabine sollte man auch Keilkissen oder Bretter zwischen Matratze und Bettrand hochkant stellen; so kann man verhindern, dass man trotz Bauchlage aus dem Bett rollt. Möglichst quer zum Schiff legen, das gewährleistet eine ruhige Lage, birgt aber größere Gefahren hinsichtlich Seekrankheit. Zeitliche Verschiebungen muss man mit einplanen, denn kaum ein Frachter fährt wirklich zum angegebenen Termin. Meist wird es einige Tage später, und die Rückkehr lässt sich nur schwer voraussagen. Je nach Ladung läuft das Schiff weniger oder mehr Häfen an, ändert die Route, liegt länger oder kürzer am Pier. Das macht die Vorbereitung des Landgangs nicht leichter. Es wird gut gekocht, aber das Essen ist mit Kreuzfahrtschiffen nicht zu vergleichen. Die Küche an Bord ist auf die Nationalität des Schiffes oder des Koches zugeschnitten. Die Stimmung der Mannschaft und des Kapitäns ist sehr wichtig für das Gelingen einer Frachtschiffsreise. Es ist nicht jedermanns Sache, wochenlang mit einem kleinen Kreis von Menschen eng zusammenzuleben. Man sieht die gleichen Gesichter beim Essen, an der Bar, auf dem Sonnendeck, und das kann manchmal nerven. Man muss also tolerant sein und nicht unbedingt Trouble suchen, sonst ist man hier fehl am Platz.

Die Mannschaft hat häufig nicht allzu viel Verständnis für den Gast, der für so eine Kreuzfahrt auch noch bezahlt hat. Für die Mannschaft ist die Seefahrt der Beruf. Viele vermissen ihre Angehörigen. Sind Sie älter als 65 Jahre, müssen Sie ein ärztliches Attest vorweisen, aus dem wörtlich hervorgeht, dass ärztlicherseits keine Bedenken bestehen und dass der Passagier nicht behindert ist. Denn Frachtschiffe müssen, wenn sie nicht mehr als 12 Passagiere befördern, nach den internationalen Bestimmungen keinen Arzt an Bord mitführen. Zwar sind der Kapitän oder einer seiner Offiziere in Erster Hilfe ausgebildet, aber in wirklich ernsten Fällen müsste zeitraubend der nächste Hafen angelaufen werden, sofern nicht glücklicherweise gerade ein Kreuzfahrtschiff mit seinem Bordhospital in der Nähe ist. Voraussetzung ist, dass sich der Gast in die Borddisziplin fügt!

Im Übrigen gibt es genug Platz an Bord, da aufgrund der Fortschritte der Technik die Schiffe mit immer weniger Besatzungsmitgliedern auskommen. Und die modernen Frachtschiffe haben heute schon für die Besatzung Einrichtungen, die dem Passagier auch zu Gute kommen: Schwimmbäder, Sauna, Fernseh-und Videoräume, Volleyballplätze und manchmal sogar Fitnesscenter. Und es ist auch der Kontakt mit der Besatzung ein Erlebnis, das Frachtschiffreisen so beliebt macht.

Fährt man mit einem Containerschiff, so sind die Liegezeiten in den Häfen manchmal sehr knapp bemessen, so dass für die Passagiere nur wenig Zeit für einen Landgang bleibt, wenn überhaupt. Auch sind Containerhäfen langweilig, das Löschen und Laden wird von Computern gesteuert, das hat nichts mehr mit Romantik zu tun. Wer die Romantik liebt, sollte einen der zwar immer weniger werdenden Stückgutfrachter wählen, die möglichst noch Häfen der Dritten Welt anlaufen. Da wimmelt es auf den Kais von emsigen Schauerleuten, da quietschen die Winschen, wenn die Säcke mit Kakao- oder Kaffeebohnen an Bord gehievt werden.

CMA CGM Christophe Colomb (HHM M Lindner)Aus dem Bericht haben Sie vielleicht schon unsere Skepsis gegenüber Seereisen auf Frachtschiffen herausgelesen. Die können wir wirklich nicht verhehlen. Man muss Individualist sein, wie die anderen an Bord auch. Man bucht nicht pauschal mit Betreuung bis ins letzte, man orientiert sich selbst. Und wer mit sich selbst gut auskommen kann, der ist auf einem Frachter goldrichtig. Probieren Sie unbedingt zunächst einmal auf einer kürzeren Route aus, ob Ihnen diese Form der Seereise gefällt. Wenn ja, dann können Sie sich auch auf längere Seereisen einlassen. Wir bleiben bei unseren Kreuzfahrten. Soviel steht jedenfalls fest.

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