Die ersten Bauten

Karl Schmidt beauftragte den Architekten Richard Riemerschmid mit dem der Werkstätten und einer Wohnsiedlung mit kleinen Wohnhäusern für seine Handwerker. Daneben entstanden geräumige Landhäuser, ein Markt mit Ladenlokalen, ein Wasch- und Badehaus, Praxen, Ledigenwohnheim, Schule und Schülerwohnheim.

Das Experiment Gartenstadt zog namhafte Architekten an. Neben Riemerschmid realisierten u. a. Heinrich Tessenow, Hermann Muthesius, Kurt Frick und Theodor Fischer ganze Häuserreihen oder einzelne Bauten.

Reformmagnet Hellerau

Die hier umgesetzten Reformgedanken begeisterten Menschen aus ganz Europa. Viele besuchten Hellerau. Andere blieben und wirkten hier.

Dazu gehörte vor allem Emile Jaques-Dalcroze. Der Schweizer Komponist und Musikpädagoge überzeugte Schmidt und Dohrn mit Aufführungen seiner "Rhythmischen Gymnastik". Die holten den Künstler nach Hellerau. Der gründete hier die "Bildungsanstalt für Rhythmische Gymnastik". Zunächst unterrichtete er im Schulsaal der Werkstätten. Der Architekt Heinrich Tessenow errichtete für ihn ein eigenes Gebäude, das heutige "Hellerauer Festspielhaus".

Um 1912 gründete Jakob Hegner den "Hellerauer Verlag". Der gab anspruchsvoll gestaltete Werke in höchster handwerklicher Qualität heraus.

Das Festspielhaus

Mit dem Festspielhaus samt dem großen Vorplatz, den Pensionshäusern, der Freiluftarena und den umlaufenden Licht- und Sonnenhöfen setzte Tessenow 1911 die Vorstellungen von Emile Jaques-Dalcroze und seines Bühnenbildners Adolphe Appia um. Bis 1914 wurden hier jährlich Festspiele geboten. Die zogen die europäische Kulturprominenz an. Zu den Gästen gehörten u. a. Emil Nolde, George Bernard Shaw, Franz Kafka, Oskar Kokoschka, Henry van de Velde, Djagilew und Stefan Zweig und Upton Sinclair.

Das Festspielhaus kam in der Zeit der Inflation in arge Nöte. Harald Dohrn erwarb es mit privaten Mitteln von Karl Schmidt. Schließlich musste auch Harald Dohrn aufgeben und verkaufte das Haus an den Staat.

1937 wurde das Ensemble des Festspielhauses zur Polizeischule. Auf beiden Seiten des Vorplatzes entstanden zwei Kasernenbauten. 1945 übernahm die sowjetische Besatzungsmacht diese Anlage und nutzte sie bis 1992.

Inzwischen ist das Festspielhaus wieder hergerichtet. Seit 2004 ist hier das "Europäische Zentrum der Künste" zu Haus. Die Forsythe-Company und das Theater DEREVO St. Petersburg-Dresden haben hier ihr Domizil. Mit einem umfangreichen Programm wird wieder an die Traditionen Helleraus als Hort der modernen Künste angeknüpft.

Der Erste Weltkrieg und seine Folgen

Im Februar 1914 kam Wolf Dohrn bei einem Skiunfall ums Leben. Nach Ausbruch des ersten Weltkrieges konnte Emile Jaques-Dalcroze nicht mehr nach Hellerau zurückkehren. Das Reformexperiment geriet ins Stocken.

Nach dem Krieg konnte Hellerau unter der Leitung von Harald Dohrn noch einmal mit reformpädagogischen Konzepten und kulturellen Projekten an die Erfolge der Gründungszeit anknüpfen. Im Festspielhaus nahm eine reformpädagogisch orientierte Schule ihre Arbeit auf, deren internationalen Zweig Alexander Neill im Dezember 1921 gründete. Dies gilt als Gründungsdatum der international bekannt gewordenen Schule Summerhill. 1925 verlegte dann die "Bildungsanstalt für Rhythmische Gymnastik" ihren Sitz nach Laxenburg in Österreich. 1950 wurde Hellerau nach Dresden eingemeindet.

Nach der Wende

In das Festspielhaus zog 2003 das Dresdner Zentrum für zeitgenössische Musik ein. Dessen damaliger Intendant, der Komponist Udo Zimmermann, trieb die Renovierung des Festspielhauses voran. Am 7. September 2006 konnte es nach zwei Jahren Bauzeit wieder eröffnet werde. Aus dem Zentrum für zeitgenössische Musik entstand dann das Europäische Zentrum der Künste. Das schaffte für die Tanztheatercompany des Choreografen William Forsythe hier eine Spielstätte und das Theater DEREVO St. Petersburg-Dresden haben fand hier sein Domizil. Mit einem umfangreichen Programm wird wieder an die Traditionen Helleraus als Hort der modernen Künste angeknüpft. 2009 übernahm der Kulturmanager Dieter Jaenicke die künstlerische Leitung des Festspielhauses. Mit zeitgenössischen Darbietungen und jungen Kulturschaffenden entwickelte sich das Festspielhaus zu einem der wichtigen Veranstaltungsorte in Dresden.

Die Deutschen Werkstätten Hellerau knüpften in neuen Werkhallen gegenüber ihrem Stammsitz an ihre handwerkliche Traditionen an und sind international im Innenausbau tätig.

Die historischen Räumlichkeiten der Werkstätten, das so genannte GebäudeEnsemble Deutsche Werkstätten Hellerau, werden von Ingenieur- und Dienstleistungsunternehmen genutzt.

Hellerau ist heute ein Flächendenkmal. Aber eines, in dem auch Neues entstehen darf. Der Verein "Bürgerschaft Hellerau" kümmert sich um die Weiterentwicklung der Siedlung und bemüht sich um die Aufnahme Helleraus in das Weltkulturerbe der UNESCO.

Rundgang

Der Beitrag "Hellerau - Rundgang durch die erste deutsche Gartenstadt" bietet einen Überblick zum Ort.

Literatur

  • Thomas Nitschke: Die Geschichte der Gartenstadt Hellerau. Hellerau-Verlag Dresden 2009, ISBN 978-3-938122-17-4
  • Ralph Lindner und Hans-Peter Lühr (Hrsg.): Gartenstadt Hellerau. Die Geschichte ihrer Bauten. Sandstein Verlag Dresden 2008, ISBN 3-940319-30-9
  • Peter Guth, Ute Starosta, Bern Sikora und Michael Haselbach: Hellerau – Festspielhaus-Ensemble. Wüstenrot-Stiftung Ludwigsburg 2002
  • Dresdner Geschichtsverein e. V.: Gartenstadt Hellerau. Der Alltag einer Utopie. Sandstein Verlag Dresden 1997, ISBN 3-910055-42-7
  • Michael Fasshauer: Das Phänomen Hellerau. Die Geschichte der Gartenstadt. Hellerau-Verlag Dresden 1997, ISBN 3-910184-25-1
  • Peter de Mendelssohn: Hellerau. Mein unverlierbares Europa. Hellerau-Verlag Dresden 1993, ISBN 3-910184-16-2
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Autor seit 11 Jahren
230 Seiten
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