Wenn der Partner Gewalt anwendet - Physische und psychische Gewalt in homosexuellen Partnerschaften

Gewalt in gleichgeschlechtlichen Beziehungen ist, ebenso wie in heterosexuellen Partnerschaften, noch zu oft ein Tabuthema. Leider wird diese Problematik nicht nur in der Gesellschaft allgemein vernachlässigt, sondern auch in der LGBT-Community (Lesbisch-Gay-Bi-Transgender-Szene) noch zu wenig beachtet. Die Ursache dafür sind Ängste, dass man als gesellschaftliche Randgruppe durch dieses Thema noch weiter ins Abseits geraten könnte.

Häufigkeit von Gewalt in gleichgeschlechtlichen Beziehungen

In etwa 20 bis 25 Prozent aller homosexuellen Beziehungen kommt es zu Gewalt zwischen den Partnern. Dies entspricht der Häufigkeit von Gewalt in heterosexuellen Partnerschaften. Diese Tatsache untermauert die Erkenntnis, dass die sexuelle Ausrichtung zumindest keinen großen Einfluss auf das gewalttätige Verhalten von Partnern hat. Sowohl schwule als auch lesbische Beziehungen sind von Gewalt innerhalb der Partnerschaft betroffen.

Gründe für Gewalt in homosexuellen Beziehungen

Befasst man sich eingehender mit den Gründen von Gewaltanwendung in Beziehungen, so muss konstatiert werden, dass es verschiedene Ursachen haben kann, dass ein Mensch gewalttätig gegen seinen Partner wird. Ein Grund für ein solches Verhalten kann beispielsweise selbst erlittene Gewalt in der Kindheit oder Jugend sein. Denn sehr oft überträgt sich solch ein Erleben auf das eigene Verhalten. Eine weitere Ursache kann das eigene Rollenverständnis eines Partners sein. Vor allem Männer oder Frauen, die sich als dominant verstehen, neigen dazu, dem Partner ihren Willen aufzuzwingen und dies auch durch Anwendung von Gewalt.

Weitere Ursachen können Jähzorn, Frustration, Eifersucht oder Verlustängste sein, die sich in manchen Fällen zu einem pathologischen Verhalten ausweiten können und dann in verschiedenen Formen von Gewalt gegenüber dem Partner niederschlagen können. In lesbischen Beziehungen gibt es nicht selten eine dominierende Partnerin, die für sich die Rolle des starken "Partners/Mannes" in Anspruch nimmt. Bei Angehörigen der schwul-lesbischen Szene hat sich deshalb für solche Frauen der etwas klischehafte Ausdruck "Kampflesbe" entwickelt. Mit diesem Rollenverständnis geht nicht nur das Bestreben einher, sich männlich zu kleiden oder sehr maskuline Frisuren zu tragen, sondern auch der Wunsch, die typischen Verhaltensweisen des Mannes zu übernehmen. Daraus kann sich Gewalt gegenüber der Partnerin entwickeln.

Gewaltformen in homosexuellen Beziehungen

Wenn es in homosexuellen Beziehungen zu Gewalt gegen den eigenen Partner kommt, beschränkt sich diese meist nicht nur auf eine Form, sondern findet ihren Ausdruck unter anderem in sexualisierter, wirtschaftlicher psychischer oder physischer Weise.

Sexualisierte Gewalt unter Schwulen und Lesben

In homosexuellen Beziehungen treffen häufig unterschiedliche Vorlieben für sexuelle Spielarten aufeinander. Dazu gehört nicht selten der Hang zu außergewöhnlichen Sexpraktiken bis hin zum Sadismus. Beim Sex zwischen homosexuellen Partnern sind die Grenzen meist klar abgesteckt und werden eingehalten. Wann immer sie aber ohne das Einverständnis des Partners überschritten werden, spricht man von sexualisierter Gewalt. Diese Nichteinhaltung von Grenzen kann sich bis zur Vergewaltigung in homosexuellen Beziehungen entwickeln, die eine Straftat darstellt.

Wirtschaftliche Gewalt - Abhängigkeit vom Partner

Gerade in homosexuellen Beziehungen gibt es häufig ein (auch finanzielles) Abhängigkeitsverhältnis zwischen den Partnern, wobei ein meist sehr viel jüngerer Partner von einem älteren so genannten "Sugardaddy" finanziell unterstützt wird. Nicht selten wird aber vom finanziell besser gestellten Partner dieser Umstand dazu benutzt, den Lebenspartner unter Druck zu setzen (Androhung von Entzug finanzieller Mittel), um ihn (auch sexuell) gefügig zu machen, spricht man von wirtschaftlicher Gewalt, wobei diese sehr häufig auch psychische Gewalt darstellt, denn der durch wirtschaftliche Gewalt aufgebaute Druck beeinflusst auch die psychische Verfasstheit des Opfers.

Psychische Gewalt in homosexuellen Beziehungen

In vielen gleichgeschlechtlichen Partnerschaften gibt es psychische Gewalt, die dazu dienen soll, den Partner gefügig zu machen, ihn nach dem eigenen Willen zu beeinflussen, sein Verhalten zu kontrollieren oder ihn schlichtweg zu verletzen. Zur psychischen Gewalt in gleichgeschlechtlichen Beziehungen gehören beispielsweise massiver Kontrollzwang und Einengung der Freiräume des Partners aufgrund übersteigerter Eifersucht, Mobbing als exzessivste Form negativer Einflussnahme, Androhung von negativen Konsequenzen bei Fehlverhalten oder, was bei ungeouteten Homosexuellen besonders gravierende Folgen haben kann, die Androhung eines unfreiwilligen Coming-out.

Zudem kann sich psychische Gewalt in einer Beziehung dadurch manifestieren, dass dem Partner nicht zugehört wird und seine Wünsche und Bedürfnisse einfach missachtet werden. Aber auch das völlige Ignorieren des Partners beziehungsweise die Missachtung von getroffenen Absprachen gehört in diesen Bereich der Gewalt, denn dies trägt zu einer massiven Abwertung der Person und ihrer natürlichen Autorität bei. Psychische Gewalt findet sich häufig in Beziehungen zwischen einem sehr stark Ich-bezogenen und einem labilen Partner. Zudem werden oft Männer oder Frauen zu Opfern dieser Gewaltform, die ein hohes Maß an Verlustangst in sich tragen und die sich psychischer Gewalt aus Angst vor dem Verlust des Partners unterwerfen.

Physische Gewalt in lesbischen und schwulen Partnerschaften

Die sichtbarste Form von Gewalt in gleichgeschlechtlichen Beziehungen ist die physische Gewalt. Zu solchen physischen Gewaltausbrüchen, die durchaus mit massiven Verletzungen des Opfers enden können, kommt es, weil der Täter nicht in der Lage ist, Konflikte durch Kommunikation zu lösen. Die Opfer von physischer Gewalt in homosexuellen Beziehungen sind ihrem Partner meist tatsächlich physisch unterlegen (dies gilt für Schwule und Lesben) beziehungsweise fühlen sich aufgrund von mangelndem Selbstwertgefühl nicht in der Lage, sich zu widersetzen. Das Wissen um diese Defizite wird dann vom Täter ausgenutzt. Auch physische Gewalt in gleichgeschlechtlichen Beziehungen ist eine Straftat und sollte angezeigt werden.

Beratung bei Gewalt in homosexuellen Beziehungen

Wer von Gewalt in seiner schwulen oder lesbischen Beziehung betroffen ist, der hat die Möglichkeit, sich in einer Beratungsstelle Hilfe zu holen.

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