"High Tension": Psychothriller von Alexandre Aja
Psychothriller aus Frankreich: Mit "High Tension" legte Regisseur Alexandre Aja (Remake von "The Hills Have Eyes") eine erste Talentprobe ab.Hochspannung, von Alexandre Aja inszeniert
Ehe er mit dem Remake von "The Hills Have Eyes" sowie dem überraschend unterhaltsamen Tierhorrorfilm "Piranha 3D" in den USA reüssierte, buk Alexandre Aja in Frankreich kleinere Baguettes. Mit dem Psychothriller "High Tension" (im Original: "Haute Tension") sorgte er für Aufsehen und Kontroversen. Denn auch in diesem Streifen widmete sich Aja seiner Lieblingsbeschäftigung: Dem lustvollen Brechen von Tabus...Ungesundes Landleben
Die befreundeten Studentinnen Alex (Maïwenn Le Besco) und Marie (Cécile De France) stehen vor einem schwierigen Examen. Um sich in Ruhe darauf vorbereiten zu können, fahren sie zum abgelegenen Landhaus von Alex' Eltern, die die burschikose Marie herzlich begrüßen. Doch die scheinbare ländliche Idylle trügt: Spät abends klopft ein unbekannter Mann an die Haustür und schlägt den Familienväter, der die Tür öffnet, ohne Vorwarnung nieder. Geschockt muss Marie mit ansehen, wie der Psychopath eine Spur des Todes legt. Zunächst schneidet er der Familienmutter die Kehle durch, anschließend erschießt er gnadenlos den jungen Tom.
Alex wird – vorerst – geschont: Der Unbekannte fesselt sie, schleift sie zu seinem Truck und sperrt sie in der Ladefläche ein, in die sich Marie zuvor hineingeschlichen hat. An einer Tankstelle sieht Marie ihre Chance gekommen, die Polizei zu rufen. Doch mit der unerbittlichen Grausamkeit und Verschlagenheit des Psychopathen hatte sie nicht gerechnet
Psychothriller „High Tension“: Gnadenloses Gemetzel
"High Tension": Gewaltorgie?
Es verwundert nicht, dass die Originalfassung von "High Tension" in Deutschland indiziert ist. Drastische Gewalt und ein unerhörter Tabubruch (ein Kind wird eiskalt erschossen) tragen nicht gerade dazu bei, sich bei hiesigen Jugend- und Erwachsenenwächtern beliebt zu machen. Eine ärgerliche Heuchelei, ganz so, als würde Gewalt durch Rezeption hervorgerufen werden. Dabei war und ist Gewalt ein Teil der menschlichen Natur und der Gesellschaft, die in der Kunst lediglich bruchstückhaft reflektiert wird.
Bewusst verweigerte sich der zum Produktionszeitpunkt (2003) blutjunge Alexandre Aja jeglichen Zugeständnissen an den Mainstream. Stattdessen inszenierte er eine perfide Gewaltorgie ohne Respekt vor jeglichen Geschmacksgrenzen. Das Ergebnis ist schlichtweg einer der spannendsten und ergreifendsten Psychothriller des neuen Jahrtausends. Im atmosphärisch dichten Geflecht aus Gewalt, nervenzerfetzender Spannung und Rachegelüsten ist kein Platz für augenzwinkernde Ironie oder altbekannte Klischees. Wie auch später in seinem Hollywood-Film "The Hills Have Eyes" kennt Alexandre Aja keinen Spaß. Seine Werke sind der blutige Ernst eines ungeschönten Realismus.
Sterbebegleiter Kamera
Die Morde und sonstigen Gewaltakte werden von der Kamera unerbittlich eingefangen und versetzt den Zuschauer in den wenig schmeichelhaften Rang eines Voyeurs. Anklagend und durchdringend starren sterbende und später tote Augen in Maries Gesicht - und somit in jenes des Rezipienten.
Denn die komplette Handlung wird aus der Perspektive der jungen Frau geschildert. Dabei wird Marie jedoch nicht zur makellosen Heldin stilisiert. Bezeichnenderweise masturbiert sie im Gästezimmer unmittelbar vor den ersten Morden. Lust und Tod - das vertrug sich im Horror immer schon bestens! In "HIgh Tension" ergibt die seltsame Masturbationsszene nachträglich Sinn, da der Plot so manche Überraschung bereithält...
Ein Psychothriller wie Ajas erster großer Erfolg steht und fällt mit den schauspielerischen Leistungen. Die burschikose Cécile De France zeigt als Marie ganz große Klasse und stellt gewissermaßen das Gegenstück zu den US-Scream-Queens dar.
Intensiver Soundtrack mit "New Born" von "Muse"
Den richtigen Riecher - oder vielmehr das richtige Gehör - bewies Aja bei der Auswahl der Stücke für den Soundtrack. Diese verleihen dem düsteren Streifen das passende akustische Ambiente. In kaum einer anderen Szene in der Filmgeschichte passte ein Song perfekter zum Geschehen auf der Leinwand, als während des Showdowns der Titel "New Born" der britischen Kultband "Muse".
"High Tension" ist ein kompromissloser Höllentrip durch ein mit Blut, Leid und Gewalt gefülltes Universum. Anschnallen hilft bei dem Tempo, das Aja anschlägt, exakt gar nichts. Diesen Film kann man nicht genießen, sondern muss ihn über sich ergehen lassen und lange, sehr lange verdauen. Falls man nach rund 90 Minuten nackter Gewalt dazu noch in der Lage sein sollte ...
Daten zu "High Tension"
Originaltitel: "Haute Tension"
Regie: Alexandre Aja
Produktionsland und -jahr: Frankreich, 2003
Filmlänge: ca. 85 Minuten (gekürzte Version)
Verleih: Sony Pictures Home Entertainment
Veröffentlichung auf DVD: 22. März 2007
Bildquelle:
http://www.amazon.de
(Horrorfilme: Nach wahrer Begebenheit oder frei erfunden?)