(Bild: © Klaus Bogon)

Lebensraum Höhle - eine echte Herausforderung

Was eine Höhle ist, das weiß wahrscheinlich jeder und wer es nicht weiß, dem erklärt es das Lexikon ganz einfach: Eine Höhle ist ein größerer Hohlraum in der Erde oder im Gestein. Auch Keller und Bergwerksstollen zählen zu den unterirdischen Lebensräumen.

Was eine Höhle ausmacht: Vor allem ist es dort ziemlich dunkel! Und feucht. Weil es in einer Höhle kein Sonnenlicht gibt, können keine Pflanzen existieren, die ja erst durch Licht (Photosynthese) in der Lage sind, Nährstoffe zu bilden. Einige Algen, Moose und Farne kommen höchstens im Eingangsbereich oder in Schauhöhlen in der Nähe von Beleuchtungsanlagen vor: Man bezeichnet diese Pflanzen deshalb auch als Lampenflora.

Nährstoffe können also nur von außen durch die Erdoberfläche, durch Luft und Wind, in eine Höhle eindringen.

Höhlengäste, Höhlenfreunde und echte Höhlentiere

Wer dort unten im Dunkeln leben will, der muss erstens anpassungsfähig sein und zweitens ziemlich genügsam.

Und das sind sie, die Höhlentiere: Vor allem diejenigen, die ihr ganzes Leben dort verbringen und nur durch Zufall mal an die Erdoberfläche kommen – die Eutroglobioten, die echten Höhlentiere.

Die höhlenliebenden Tiere sind die Eutroglophilen ("Höhlenfreunde"): Sie halten sich regelmäßig in Höhlen auf, können aber auch auf der Erdoberfläche leben.

Die sogenannten Höhlengäste dagegen zieht es nur zu bestimmten Zeiten oder unter bestimmten Voraussetzungen unter die Erde: Sie nutzen die unterirdischen Hohlräume zum Beispiel in der Paarungszeit, als Winterquartier oder bei großer Sommerhitze als Schutz vor Austrocknung.

Welche Tiere leben in Höhlen – und warum?

Tatsächlich leben in Deutschland mehr als 3000 verschiedene Tier- und Pflanzenarten in Höhlen. Und vermutlich werden in Zukunft noch weitere Arten entdeckt, denn die Erforschung dieses geheimnisvollen Lebensraumes steht noch ganz am Anfang.

Speläologie ist der Fachbegriff für die Höhlenforschung oder Höhlenkunde. Sie wird auf rein ehrenamtlicher Basis betrieben und von Wissenschaftlern unterstützt. Dabei ist es wichtig, sehr behutsam vorzugehen, denn die Höhle ist ein sensibles Ökosystem – schon minimale Eingriffe wie das Betreten einer Höhle können die dort lebende Flora und Fauna aus dem Gleichgewicht bringen.

Es wäre schade, diesen faszinierenden Lebensraum zu gefährden. Am dem 1. April 2018 werden deshalb auch die Höhlen endlich als besonders schützenswerte Biotope in Deutschland unter Schutz gestellt.

Warum Tiere überhaupt in Höhlen leben?

Die Experten erklären es uns so: Weil ihre Lebensbedingungen so extrem sind, gelten Höhlen als besonders konkurrenzarme Nischen. Und weil die Temperatur in einer Höhle über das Jahr hinweg nicht schwankt, ist dort außerdem eine ganzjährige Fortpflanzung möglich.

Echte Höhlentiere haben sich perfekt an das Leben in der Dunkelheit angepasst. Logisch, Augen sind im ewigen Dunkel weniger wichtig - auf einen feinen Tast- und Geruchssinn kommt es aber an! Weil die Nahrung in Höhlen eher knapp ist, sind Höhlentiere meist ziemlich klein. Sie bewegen sich langsam, um Energie zu sparen, und können ihren Stoffwechsel herabsetzen, um den Kalorienverbrauch zu drosseln.

(Bild: © Klaus Bogon)

Der Schwarze Schnurfüßer ist das Höhlentier des Jahres 2018

Einer, der bestens in Höhlen, aber auch an der Erdoberfläche zurechtkommt, ist der Schwarze Schnurfüßer, das Höhlentier des Jahres 2018.

Er ist eine europäische Art der Tausendfüßer und sein wissenschaftlicher Name Tachypodoiulus niger bedeutet ins Deutsche übersetzt: Schnellfüßiger Julide (= Schnurfüßer). Im Gegensatz zu seinen "Verwandten" ist der Schwarze Schnurfüßer mit seinen etwa 100 Beinpaaren tatsächlich fast schon rasant unterwegs: Mit 87 Metern pro Stunde (0,09 km/h) ist der Schnellste unter den in Deutschland einheimischen Schnurfüßern.

Übrigens: Kein Tausendfüßer hat tatsächlich 1000 Füße bzw. Beine. Mit 700 Beinpaaren hält ein Tausendfüßer in Kalifornien den weltweiten Rekord.

Mal ganz tief unten und mal ganz hoch oben ...

Hat man ihn wohl schon mal irgendwo in freier Wildbahn gesehen, den Schwarzen Schnurfüßer?

Kann gut sein: Denn er ist in ganz Deutschland verbreitet, versteckt sich allerdings gerne. In Höhlen – logisch – aber auch unter Steinen, in Kellern, unter Laub, sogar auf Baumkronen klettert er.

Man muss schon genau hingucken, um ihn zu erkennen: Er kann 15 - 39 Milimeter lang werden und hat einen schwarzen, glänzenden Körper. Durch die Luftpolster zwischen den einzelnen Körpersegmenten wirkt es manchmal so, als wäre er weiß geringelt. Auffallend sind auch die hellen Beine. 

Überall dort, wo es feucht ist und wo es Laub, Rinde oder Moos gibt, gefällt es dem Schwarzen Schnurfüßer gut. Denn er ernährt sich von abgestorbenen Pflanzenteilen, mag auch Bodenalgen und Früchte.

Vor allem in der Streuschicht, der obersten Bodenschicht von Laubwäldern, findet man ihn häufig. Und dort übernimmt er eine besonders wichtige Aufgabe: Er arbeitet als "Müllverwerter" des Waldes – kaum weniger effektiv als der so ausgesprochen nützliche Regenwurm

Man könnte behaupten, der Schwarze Schnurfüßer ist im größten Recyclingunternehmen der Welt angestellt - schon mal etwas von Edaphon gehört?

Sehr kurzweilig wird uns das auf forstcast.net ("Waldwissen zum Hören") erklärt:

"In einer Handvoll Waldboden gibt es mehr Lebewesen als Menschen auf der Erde. Diese Bodenlebewelt wird als Edaphon bezeichnet. Ohne das Edaphon würden wir gerade im Wald in den ganzen Abfällen – Nadeln, Blätter, Äste, Zapfen aber auch Tierleichen – ersticken. Diese groben Bestandteile zerlegt das Edaphon und zersetzt sie."

Nützlich, harmlos und ganz friedlich ...

Der Schwarze Schnurfüßer ist also ein sehr nützlicher und ganz friedlicher Pflanzenfresser. Nicht zu verwechseln mit den räuberischen Hundertfüßern, die mit ihren Giftklauen Jagd auf Insekten, Spinnen und andere kleine Lebewesen machen – Schnurfüßer, zum Beispiel.

Fühlt sich der Schwarze Schnurführer bedroht, dann rollt er sich ähnlich einer Schlange zu einer kleinen Kugel zusammen. Außerdem kann er hochgiftige Blausäure absondern, um sich gegen Angreifer zu wehren.

Geht alles gut, kann ein Schnurfüßer in freier Wildbahn ein Alter von etwa 6 bis 7 Jahren erreichen. Dabei fängt auch er ganz klein an: Mit kaum mehr als 6 Beinen schlüpft er im Frühjahr aus dem Ei, mit jeder neuen Häutung wird er etwas größer. Schnurfüßer betreiben sogar Brutpflege und bauen Eikammern für ihren Nachwuchs.

Übrigens: Die Tausendfüßer gehören nicht zu den Insekten, sondern bilden innerhalb der Wirbellosen eine eigene Tiergruppe, die Tracheentiere. Wie Insekten und manche Spinnenarten atmen Tausendfüßer durch Röhren, die man Tracheen nennt.

Tausendfüßer soll es auf der Erde schon seit mehr als 400 Millionen Jahren geben und weltweit sind sie mit 7000 Arten verbreitet.

Harmlos und friedlich? Es sei denn, es ist Halloween! ;)

Jetzt bleibt natürlich nur noch eine Frage offen: Was macht ein so geheimnisvoll lebender dunkler Geselle wie der Schwarze Schnurfüßer eigentlich in der Gespensternacht zu Halloween?

Begleiten wir ihn doch ein Stück auf seiner nächtlichen Wanderung …

Lust, einen weiteren Blick in das unterirdische Dunkel der Höhle zu riskieren?

Vielleicht auch das Höhlenlangbein oder die Vierfleckhöhlenschlupfwespe kennenzulernen?

Ein Ausflug auf die sehr ansprechend gestaltete Website der Initiative "Höhlentier des Jahres" lohnt sich!

Michaela, am 09.03.2018
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Bildquelle:
Bildautor: © Die Persönliche Note (Die Steckrübe: Gemüse des Jahres 2017/18)

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