Hostel 2: Splatterfilm, der in den Keller lachen und foltern geht
Blutüberströmtes Sequel des Eli-Roth-Blockbuster "Hostel". Auch in "Hostel 2" wird gefoltert und malträtiert. Mehr Splatter und mehr grimmiger Humor.Insofern erscheint jegliches Schuldbewusstsein am Konsum von Splatterfilmen paradox und ärgerlich bevormundend. Trotzdem kann es erwachsenen Menschen im 21. Jahrhundert offenbar immer noch nicht zugestanden werden, rein fiktionale Werke mit Kunstblut und Special Effects ungeschnitten zu genießen. Bei nüchterner Betrachtung der ungeschnittenen Version von "Hostel 2" löst sich jegliche moralinsaure Kritik daran in Schall und Rauch auf. Denn was Eli Roth abliefert, ist ein fieser Genrebeitrag mit viel grimmigem Humor und einer zarten Prise Gesellschaftssatire.
Im Grand-Guignol Hostel
Paxton (Jay Hernández) erwacht zu Hause, von Alpträumen an die grauenhaften Ereignisse aus dem slowakischen "Hostel" geplagt. Nach einem Streit mit seiner Freundin verlässt er das Schlafzimmer und setzt sich in die Küche. Wenig später befreit ihn eine Kettensäge von all seinen Alpträumen.
Derweil tummeln sich die amerikanischen Kunststudentinnen Beth (Lauren German), Lorna (Heather Matarazzo, "Willkommen im Tollhaus") und Whitney (Bijou Philips, "Almost Famous") zur Entspannung in Prag. Dort lernen sie das Model Axelle (Vera Jordanova, auch im zivilen Leben Model) kennen, das sie nach allen Regeln der rhetorischen Überredungskunst zu einem Ausflug in die Slowakei animieren kann. Die reiche, Männern gegenüber reserviert agierende Beth checkt mit der schüchternen Lorna und der kessen Whitney in einem Hostel ein. Während eines Volksfestes wird Lorna von einem Einheimischen zu einer romantischen Bootsfahrt verführt, die jedoch nicht mit Küssen, sondern mit einem Schlag auf den Kopf endet. Als sie aus der Ohnmacht erwacht, findet sie sich kopfüber von einer Decke hängend – nackt, gefesselt und geknebelt, um mit ihrem Blut die perversen Gelüste einer alternden Dame zu befriedigen …
Beth und Whitney ergeht es nicht viel besser. Ihr Aufenthalt in einem Spa entpuppt sich als Falle. Beide werden entführt und in die Todesfabrik verfrachtet, wo die Geschäftsleute Todd (Richard Burgi) und Stuart (Roger Bart) bereits darauf warten, sie zu Tode foltern zu können. Schließlich haben sie für die beiden jungen Frauen gutes Geld bezahlt. Doch ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt beginnt Stuart zu kneifen und löst damit eine unvorhersehbare Kettenreaktion der Ereignisse aus …
Jedes Menschenleben hat seinen Preis
Angeblich wurde Eli Roth vom Gefangenenlager Guantanamo zu "Hostel" inspiriert. Doch anstatt den einfachen Weg direkter Kritik an der US-Politik zu gehen, entschied sich Roth für eine weitaus gesellschaftskritischere Variation der Thematik. Die Schlächter und Folterknechte in "Hostel" sind keine Soldaten, die in weit entfernten Gefängnissen jegliche Menschenwürde mit Füßen treten, sondern ganz gewöhnliche Familienväter, die den besonderen Kick suchen – und sich diesen eine Stange Geld kosten lassen.
Denn alles hat seinen Preis. Eine zynische Sichtweise, die von der Realität seit jeher übertroffen wird, wie etwa die angebotenen Schadensersatzzahlungen für das Tanklastwagen-Bombardement von Kundus im Jahr 2009 belegen. Da erscheint die Prämisse aus "Hostel 2" lediglich eine konsequente Weiterführung der Frage nach dem Wert eines Menschenlebens. In einer der denkwürdigsten Szenen des Filmes wird eine "beschädigte" Entführte noch rasch billig verschachert. Gerade die kalte, berechnende Geschäftsatmosphäre der seriös auftretenden "Elite Hunting"-Agentur sorgt für den wahren Horror und stimmt nachdenklich. Unter der glänzenden Zivilisationstünche lauern Abgründe, denen sich auch die Protagonisten stellen. Der bedeutsame Unterschied: Die einen bezahlten dafür, sie den anderen zu offenbaren.
"Hostel 2": Spannende Dauerprovokation – und viel Humor!
Im von Quentin Tarantino produzierten Sequel zu "Hostel" jagt eine cineastische Provokation die nächste. Allerdings nur in der ungeschnittenen Fassung, In der Kinofassung fehlt beispielsweise die kaltblütige Hinrichtung eines Jungen, die das sterile und penibel auf Perfektion ausgerichtete Geschäftsgebaren des Unternehmens drastisch aufzeigt.
Verstörend dürfte auch das "Blutbad" der Mrs. Bathory wirken. Diese Sequenz ist eine Anspielung auf die historisch reale Figur der "Blutgräfin" Elisabeth Báthory, die im 16. Jahrhundert angeblich zahlreiche junge Frauen ermorden ließ, um in ihrem Blut zu baden. Allerdings könnte es sich bei diesen schauderhaften Überlieferungen um politisch motivierte Propaganda gehandelt haben.
Nicht zu kurz kommt in "Hostel 2" der für Roth typische grimmige Humor, der mitunter freilich im Halse steckenbleibt.
Nur für Horrorfans!
Obwohl die Hauptrollen fast ausschließlich von Frauen besetzt werden – die unter anderem eiskalte Lockvögel und Geschäftsleute spielen -, erweisen sich diese nicht als hilflose Dummerchen, die nur vom smarten, männlichen Helden gerettet werden können. Das Milla-Jovovich-Look-alike Lauren German kennt bei ihrem Überlebenskampf als Beth keinerlei Skrupel und besteht somit in einer bis dahin reinen Männerdomäne. Beths zart angedeutete Homosexualität steht dabei jedoch in keinem Widerspruch zu ihrer Weiblichkeit.
Fazit: "Hostel 2" ist ausschließlich Horrorfans und ebenso exklusiv in der ungeschnittenen Fassung ans Herz zu legen. Wer "solchen Filmen" nichts abgewinnen kann, möge sich eineinhalb Stunden visualisierten Grauens und so manche Alpträume ersparen.
Bildquelle:
Andreas Krämer
(Filmkritik zu Oblivion)