Kernspaltung - Was passiert da eigentlich?

Ein Reaktor wird mit einem spaltfähigen Material wie zum Beispiel Uran 235 bestückt und ist betriebsbereit. Ein Neutron, im Bild gelb dargestellt, trifft auf einen Urankern. Der Urankern wird instabil und zerfällt in zwei Teile, den sogenannten Spaltprodukten. Bei Uran 235 sind diese Spaltprodukte Krypton 89 und Barium 144. Bei diesem Spaltvorgang werden außerdem zwei bis drei neue Neutronen "frei" die mit hoher Geschwindigkeit davonschießen (10.000 km pro Sekunde!). Die frei gewordenen Neutronen müssen abgebremst werden, um weitere Spaltvorgänge auslösen zu können (auf 2,2 km pro Sekunde!). Bei dieser Kernspaltung entsteht Energie in Form von Wärme. Beide Funktionen, die Abbremsung der Neutronen und das Ableiten der Wärme, kann Wasser übernehmen. In der Fachsprache wird das Wasser Moderator genannt (Grafit könnte ebenfalls als Moderator verwendet werden, weil es gleichfalls Neutronen abbremst). Die in das Wasser abgeleitete Wärme erzeugt Wasserdampf und dient zum Antrieb der Stromgeneratoren. Da bei jeder Spaltung zwei bis drei neue Neutronen frei werden, kommt es zu einer Kettenreaktion. Diese Kettenreaktion würde natürlich explosionsartig außer Kontrolle geraten. Um das zu verhindern, braucht man einen Stoff, der die überschüssigen Neutronen einfängt. Ein solcher Stoff kann beispielsweise Bor sein. Häufig wird Borstahl für die Regelstäbe in Kernreaktoren genutzt, um die Kettenreaktion unter Kontrolle zu halten. Durch Ein- und Ausfahren dieser Regelstäbe wird der Reaktor kontrolliert und bei Bedarf auch abgeschaltet. Ein völliges Einfahren der Regelstäbe bedeutet, das die überschüssigen Neutronen komplett eingefangen werden und die Kettenreaktion zum völligen Stillstand gebracht wird. Deutlicher wird dies, wenn man sich das Schema eines Reaktors im nächsten Abschnitt anschaut.

Aufbau eines Reaktorkerns - am Beispiel Siedewasserreaktor

Grundsätzlich funktionieren alle brennstoffbetriebenen Kraftwerke zur Stromerzeugung nach einem einfachen Grundprinzip. Dabei ist es egal ob der Brennstoff Kohle, Gas (Biogas) oder Uran ist. Durch die Verfeuerung des Brennstoffs wird Wärme bzw. Wasserdampf erzeugt um Turbinen, die an Generatoren gekoppelt sind, zur Stromerzeugung anzutreiben. Die Technik wie die Wärme zur Wasserdampferzeugung abgeleitet wird, ob durch direktes Erhitzen von Wasser, oder über Wärmetauscher variiert je nach Bauart des Reaktors. Das Schaubild zeigt stark vereinfacht den Aufbau eines Siedewasserreaktorkerns. kernkraftDer Siedewasserreaktor ist im Grunde ein riesengroßer "Wasserkocher". Im Reaktorkern wird die Kernspaltung über die Brennstäbe (im Schaubild gelb dargestellt) in Gang gebracht und das umgebende Wasser wird erhitzt. Der entstehende Wasserdampf wird abgeleitet, um die Turbinen mit den Generatoren anzutreiben. Anschließend wird der Wasserdampf in einem Kondensator wieder vollständig abgekühlt (verflüssigt) und wieder in den Reaktorkern eingeleitet. Kühlwasser und das Reaktorwasser sind natürlich getrennte Kreisläufe, da das benutzte Reaktorwasser während des Betriebs radioaktiv wird. Das Wasser zum Kühlen wird beispielsweise aus einem nahe gelegenen Fluss entnommen.

Deswegen stehen Reaktoren immer in der Nähe zu Gewässern! 
Über Regelstäbe (die aus Borstahl bestehen können) wird die atomare Kettenreaktion in "Schach" gehalten. (Im Schaubild sind die Regelstäbe mit der Steuereinheit grün dargestellt.) Durch das Ein- und Ausfahren der Regelstäbe wird gleichfalls die Temperatur im Kern geregelt. Ein völliges Einfahren der Regelstäbe fängt alle freien Neutronen ein und bringt die Kernreaktion zum Erliegen. Der Reaktor wird abgeschaltet.
Der Aufbau eines solchen Siedewasserreaktors ist im Grunde tatsächlich recht simpel, da er nur über einen einfachen Wasser-Dampf-Kreislauf verfügt. Allerdings haben solche Reaktoren auch eine gewisse Trägheit. Bauartbedingte Leistungsschwankungen müssen ständig über die Pumpenleistung des Wasserkreislaufs ausgeglichen werden.
Je nach Bauart des Kernreaktors wird statt Wasser auch mit Helium oder flüssigem Natrium gekühlt. Die entstehende Wärme wird dann über Wärmetauscher geleitet, die den Wasserdampf zum Turbinenbetrieb erzeugen. Diese getrennten Kreisläufe haben den großen Vorteil, dass kein radioaktiv verseuchtes Wasser die Dampfturbinen konterminieren.

Nachwort

Alle bei der Atomkatastrophe in Japan havarierten Atomreaktoren waren übrigens Siedewasserreaktoren. Wobei ich aber davon ausgehe, dass andere Bauarten die Naturkatastrophe auch nicht besser überstanden hätten.
Wie bereits am Anfang erwähnt wird uns die Kernenergie weltweit sicher noch sehr, sehr lange begleiten. Auch, wenn jetzt Japan als weiteres Land den Atomausstieg beschlossen hat. Man darf sich keine falschen Illusionen machen. Nach der Katastrophe in Tschernobyl in Russland war der weltweite Aufschrei gegen die Kernenergie ebenfalls riesengroß. Geändert hat sich nach einer gewissen Zeit des Vergessens im Grunde nur recht wenig.
Jeder von uns ist übrigens einer permanenten natürlichen Strahlenbelastung ausgesetzt. Diese natürliche Strahlenbelastung ist auch in Deutschland, je nach Wohnort, unterschiedlich. Man muss also nicht in der Nähe eines Atomkraftwerks wohnen, um einer (leicht) erhöhten Strahlenbelastung ausgesetzt zu sein. Karten über die natürliche Strahlenbelastung findet man auf Wikipedia.

 

Illustrationen: © Kuscheltier 2012

Karte über die natürliche Strahlenbelastung in Deutschland

http://de.wikipedia.org/wiki/Strahlenbelastung#Strahlenex...
Die natürliche Strahlenbelastung in Deutschland und weitere nützliche Informationen über radioaktive Strahlung.

Kuscheltier, am 22.09.2012
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